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Kündigung: Mögliche rechtliche Schritte seitens Arbeitnehmer

In der Schweiz herrscht im Arbeitsrecht grundsätzlich das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Dennoch versuchen Arbeitnehmer vermehrt, sich gegen Kündigungen zu wehren sowie den Arbeitgeber in Bedrängnis zu bringen. Mit welchen rechtlichen Schritten seitens Arbeitnehmer müssen Arbeitgeber rechnen, wenn sie eine Kündigung aussprechen?

Im Schweizer Arbeitsrecht gilt das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann jederzeit und grundlos gekündigt werden. Dabei bestehen folgende Einschränkungen:

  • Einhaltung der Kündigungsfristen und -termine
  • Sachlicher Kündigungsschutz (missbräuchliche Kündigung)
  • Zeitlicher Kündigungsschutz (Kündigung während Sperrfristen)
  • Verbot diskriminierender Kündigungen aufgrund Geschlecht, Zivilstand oder familiärere Situation

In der Praxis kommt es vor, dass gekündigte Arbeitnehmer versuchen, Vorteile aufgrund der Einschränkungen zu erlangen oder gar die Unwirksamkeit der Kündigung zu erwirken.

Kündigungsfristen und Termine

Eine Kündigung ist erst dann gültig, wenn der Gekündigte sie erhalten hat bzw. sie zugestellt ist. Eine Möglichkeit für einen Arbeitnehmer, das (gekündigte) Arbeitsverhältnis zu verlängern, besteht in der Behauptung, die Kündigung sei nicht (gültig) zugestellt worden.

Wird eine Kündigung als Einschreiben verschickt und kann sie durch die Post niemandem übergeben werden, so gilt sie als am Tag zugestellt, an welchen sie bei der Post abgeholt werden kann. Dies ist im Normalfall der Tag, nachdem die Abholungseinladung im Briefkasten ankommt. Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Kündigung kommt es daher nicht auf das Versenden der Kündigung an, sondern auf den Eingang beim Empfänger. Gilt die Kündigung als zu spät, so verlängert sich das Arbeitsverhältnis bis zum nächsten Kündigungstermin. Für einen Arbeitgeber ist es daher wichtig sicherzustellen, dass die Kündigung nachweislich empfangen wird. Am einfachsten ist es, wenn die Kündigung dem Arbeitnehmer in Anwesenheit von Zeugen übergeben oder der Empfang quittiert wird.

Im Rahmen von Massenentlassung kann sich das Arbeitsverhältnis zudem verlängern, wenn das Arbeitsamt nicht rechtzeitig avisiert wird.

Sachlicher Kündigungsschutz

Gerade ausländische Arbeitnehmer sind oft verwundert, dass ihnen ohne bedeutsamen Grund gekündigt wurde und wollen in der Folge die Kündigung anfechten. Das Arbeitsrecht sieht hier zwar im Rahmen des sachlichen Kündigungsschutzes gewisse Rechtsbehelfe vor – doch aufgepasst: Auch eine Kündigung, die gegen den sachlichen Kündigungsschutz verstösst, ist gültig und wirksam.

Wird die Kündigung aus gewissen im Gesetz vorgesehen Gründen ausgesprochen (Art. 336 OR) oder widerspricht sie dem Grundsatz von Treu und Glauben, ist sie missbräuchlich; unabhängig davon, ob vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer ausgesprochen.

Ist eine Kündigung missbräuchlich, wird das Arbeitsverhältnis dennoch beendet. Die gekündigte Partei kann einzig eine Entschädigung verlangen. Will sie gegen eine missbräuchliche Kündigung vorgehen, muss sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich Einsprache gegen die Kündigung erheben und nachher innert 180 Tagen beim Gericht Klage einreichen. Die Entschädigung beträgt maximal 6 Monatslöhne, im Falle eines Entschädigungsanspruches wegen Verstosses gegen die Konsultationspflicht im Rahmen einer Massenentlassung nur maximal 2 Monatslöhne.

Arbeitgeber sind daher gut beraten, vor dem Aussprechen der Kündigung die Umstände genau zu prüfen und die Kündigung sorgfältig zu begründen, um sich nicht dem Vorwurf einer missbräuchlichen Kündigung ausgesetzt zu sehen.

Zeitlicher Kündigungsschutz

Eine Kündigung, die während einer Sperrfrist ausgesprochen wird, ist nicht gültig. Wenn die Kündigung zwar vor Eintritt einer Sperrfrist ausgesprochen wird, aber während der Kündigungsfrist ein Sperrgrund (also ein Ereignis, dass eine Sperrfrist auslöst) eintritt, wird die Kündigungsfrist unterbrochen und erst nach Ablauf der Sperrfrist (bzw. dem Wegfall des Sperrgrundes) fortgesetzt (Art. 336c Abs. 2 OR).

Für Kündigungen gelten folgende Sperrfristen:

  • Obligatorischer schweizerischer Militär- oder Schutzdienst oder Zivildienst: Während der Dauer des Dienstes
  • Obligatorischer schweizerischer Militär- oder Schutzdienst oder Zivildienst, der länger als 11 Tage dauert: Zeitraum beginnt 4 Wochen vor dem Dienstantritt bis 4 Wochen nach Beendigung des Dienstes
  • Unverschuldete Krankheit oder unverschuldeter Unfall (auch bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit): während der Abwesenheit, wobei die maximale Dauer der Sperrfirst abhängig ist vom Dienstjahr
    1. Dienstjahr: 30 Tage
    2. bis und mit 5. Dienstjahr: 90 Tage
    Ab 6. Dienstjahr: 180 Tage
  • Schwangerschaft und Niederkunft: vom Beginn der Schwangerschaft (ab 1. Tag, auch bei Unkenntnis der Schwangerschaft) bis 16 Wochen nach Niederkunft
  • Teilnahme an einer Hilfsaktion im Ausland: während der Dauer des Einsatzes

Oft sehen sich Arbeitgeber im Nachgang an eine Kündigung mit der Tatsache konfrontiert, dass Arbeitnehmer ein Arztzeugnis vorweisen, welches bestätigt, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung bereits krank war, (womit die Kündigung unwirksam würde) oder dass sie nach der Kündigung krank geworden seien (womit sich das Arbeitsverhältnis verlängern würde). Hier kann sich insbesondere eine Abklärung beim Vertrauensarzt aufdrängen, welche das Zeugnis des Hausarztes überprüft.

Wird die Kündigung während einer Sperrfrist ausgesprochen und unterlässt es der Arbeitnehmer, seine Arbeit anzubieten, kann das zum Verlust seines Lohnanspruchs führen.

Verstösse gegen das Gleichstellungsgesetz

Das Gleichstellungsgesetz verbietet (geschlechterspezifische) direkte und indirekte Diskriminierungen von Arbeitnehmern.

Wird jemandem in diskriminierender Weise gekündigt, hat er Anspruch auf eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen.

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ist gemäss Gleichstellungsgesetz anfechtbar, wenn sie ohne begründeten Anlass auf eine innerbetriebliche Beschwerde über eine Diskriminierung oder auf die Anrufung der Schlichtungsstelle oder des Gerichts durch den Arbeitnehmer erfolgt. Die Kündigung muss aber vor Ablauf der Kündigungsfrist beim Gericht angefochten werden muss, ansonsten ist sie vollumfänglich wirksam. Der Kündigungsschutz gilt für die Dauer des innerbetrieblichen Beschwerdeverfahrens, eines Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens sowie sechs Monate darüber hinaus. Erscheint es dem Gericht wahrscheinlich, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung der Kündigung erfüllt sind, kann es die provisorische Wiedereinstellung des Betroffenen für die Dauer des Verfahrens anordnen. Allgemein gilt es aber zu sagen, dass Klagen auf Wiedereinstellung relativ selten sind. Der Arbeitnehmer hat nämlich neben der Wiedereinstellung die Wahlmöglichkeit, auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zu verzichten und stattdessen eine Entschädigung von maximal 6 Monatslöhnen zu verlangen.

Es ist daher wichtig für Arbeitgeber, sicherzustellen, dass Kündigungen nicht geschlechterspezifisch begründet und auch nicht als Racheakt für Beschwerden wahrgenommen werden.

Anspruch auf das Personaldossier sowie Begründung der Kündigung und Arbeitszeugnis

Will der Arbeitnehmer klagen, ist er unter Umständen auf spezifische Informationen angewiesen. Das Gesetz gibt ihm folgende («Informations-»)Rechte zur Hand:

  • Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Einsicht in sein (vollständiges) Personaldossier.
  • Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf schriftliche Begründung der Kündigung. Sie wird im Nachgang oft gebraucht, um die (angebliche) Missbräuchlichkeit der Kündigung zu beweisen.
  • Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Vollzeugnis, welches regelmässig Gegenstand von längeren Streitigkeiten bildet.
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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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Reto Sutter, Dr. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte. Er berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Angelegenheiten. www.vfs-partner.ch

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