Arbeit und Recht

Kündigungen korrekt zustellen: Was Arbeitgeber wissen müssen

Einblick in die korrekte Zustellungsweise von Kündigungen im Arbeitsrecht, die für die Rechtswirksamkeit entscheidend ist.

Im schweizerischen Arbeitsrecht gilt das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Es steht den Parteien somit grundsätzlich frei, das Arbeitsverhältnis aus beliebigen Gründen aufzulösen. Im Grundsatz besteht somit für die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber keine Verpflichtung, die zu kündende Arbeitnehmerin respektive den Arbeitnehmer vor Aussprache der Kündigung anzuhören oder zu verwarnen (BGE 4A_419/2007 vom 29.1.2008, E. 2.6). Eine Ausnahme kann bei gewissen Konstellationen von Alterskündigungen vorliegen.

Kündigung als Gestaltungsrecht

Bei der Kündigung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Das Arbeitsverhältnis wird durch die einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung beendet. Das Gestaltungsrecht ist eine Willensäusserung, die der Gegenpartei in klarer und präziser Form kundgetan werden muss.

Damit das Gestaltungsrecht der Kündigung rechtsgültig ausgeübt werden kann, muss es von Personen wahrgenommen werden, die hierzu berechtigt sind (Vertreter oder Organe einer juristischen Person). Fehlende Befugnisse können jedoch auch nachträglich geheilt werden (BGE 128 III 129, E. 2b).

Es ist unzulässig, eine Kündigung von einer Bedingung abhängig zu machen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Hängt es ausschliesslich vom Willen der gekündigten Person ab, ob die Bedingung eintritt, ist die Verknüpfung der Kündigung mit einer Bedingung zulässig. Dies ist insbesondere bei den Änderungskündigungen der Fall. Hier kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer entscheiden, ob sie oder er den geänderten Arbeitsbedingungen zustimmen will oder nicht. Ohne Zustimmung endet das Arbeitsverhältnis.

Zulässige Form der Kündigung

Das Gesetz sieht keine besondere Form für die Kündigung vor (vgl. Art. 335 OR), ausser im Falle eines Heuervertrags, wo die Schriftlichkeit explizit vorgesehen ist (Art. 77 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Seeschifffahrt unter der Schweizer Flagge vom 23. September 1953). Somit kann die Kündigung grundsätzlich mündlich, telefonisch, schriftlich, per Brief, Einschreiben, Fax, E-Mail, SMS, Whatsapp-Nachricht oder auf andere Weise und auch durch schlüssiges Verhalten (konkludent) erfolgen. Möglich ist auch die mündliche Kündigungen per Telefon oder auch per Nachricht auf die Combox der Empfängerin oder des Empfängers. Der Kündigungswille muss aber in jedem Fall erkennbar sein.

Möglich ist jedoch, dass im Einzelarbeitsvertrag, in einer Betriebsordnung, in einem Gesamtarbeitsvertrag oder in einem Normalarbeitsvertrag eine bestimmte Form (z. B. Schriftlichkeit oder eingeschriebener Brief) vorgesehen ist.

Die für die Kündigung vereinbarte Schriftform ist im Zweifel in analoger Anwendung von Art. 16 eine Gültigkeitserfordernis und hat nicht bloss eine Beweissicherungsfunktion, was durch die Auslegung des Vertrags abzuklären ist (BGE 128 III 212 ff.). Der Vereinbarung einer bestimmten Versendungsart, zum Beispiel mittels eingeschriebenem Brief, kommt hingegen im Zweifel nur eine Beweisfunktion zu (BSK-Portmann, Art. 335 N 11; BK-Rehbinder, Art. 335 N 5). Es ist jedoch in jedem Fall zu empfehlen, aufgrund der Unsicherheit die richtige Versendungsart zu beachten.

Empfang der Kündigung

Die Kündigung gilt dann als empfangen, wenn eine Partei diese tatsächlich empfangen oder anderweitig zur Kenntnis genommen hat, oder aber dann, wann sie von der Kündigung hätte Kenntnis erlangen können (sofern dies früher ist). Man nimmt an, dass die Person von der Kündigung weiss, sobald sie ihr zugestellt wurde und es normaler- weise zu erwarten ist, dass sie davon erfahren hat. Nachfolgend werden Beispiele aufgezeigt, wann eine Kündigung als zugestellt gilt (zur Frage der Form einer Kündigung siehe Abschnitt «Kündigung per E-Mail, Whatsapp und SMS» weiter unten):

  • Kündigung per Post: Wird die Kündigung mit gewöhnlicher A- oder B-Post zugestellt (was aber erhebliche Beweisrisiken birgt), so gilt sie – sofern die gekündigte Person an diesem Tag nicht zu Hause ist – als am Abend desjenigen Tages zugestellt, an dem sie vom Postboten in den Briefkasten geworfen wird (siehe jedoch auch Abschnitt «Kündigung während der Ferien»).
     
  • Kündigung per Einschreiben: Wird ein Einschreiben durch die gekündigte Person entgegengenommen, so gilt die Kündigung mit der Entgegennahme als zugestellt. Wird die Entgegennahme verweigert, so gilt die Kündigung dennoch als zugestellt, und zwar im Zeitpunkt der Weigerung der Entgegennahme. Wird ein Einschreiben nicht abgeholt (auch wenn der oder die Gekündigte über ein Postfach verfügt), gilt die Kündigung an demjenigen Tag als zugestellt, an dem mit der Abholung gerechnet werden darf. In der Regel ist dies der Tag nach der Zustellung (Ausnahmen geltend während der Ferien, siehe unten).
     
  • Mündliche Kündigung: Die mündliche Kündigung gilt ab dem Zeitpunkt, an dem sie ausgesprochen wird, als zugestellt. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich, die Kündigung im Beisein eines Zeugen auszusprechen. Die Kündigung, die direkt schriftlich übergeben wird, gilt mit der Übergabe als zugestellt. Oft wird auf der Kündigung eine Unterschriftenzeile für die gekündigte Person vorgesehen, wo sie den Erhalt der Kündigung bestätigen soll. Die vollen Rechtswirkungen entfalten sich aber auch ohne diese Bestätigung.
     
  • Persönlicher Einwurf in einen Briefkasten: Wird die Kündigung nach Geschäftsschluss in einen Geschäftsbriefkasten geworfen, gilt diese als am nächsten Werktag zugestellt.
     
  • Kündigung während der Ferienabwesenheit: Die schriftliche Kündigung während der Ferien gilt in dem Moment als zugestellt, in dem von der Empfängerin oder dem Empfänger nach ihrer resp. seiner Rückkehr die Kenntnisnahme erwartet werden kann, ausser sie oder er blieb zu Hause, liess sich die Post effektiv nachsenden oder verreiste ohne Wissen des Arbeitgebers in die Ferien. Zu betonen ist aber, dass während der Ferien kein Kündigungsschutz besteht. Der Arbeitgeber kann auch während der Ferien per Telefon, SMS oder Whatsapp kündigen.
     
  • Kündigung per E-Mail, Whatsapp und SMS: Die vorgenannten Grundsätze lassen sich auch auf eine Kündigung per E-Mail, Whatsapp und SMS übertragen. Die Kündigung gilt als zugestellt, wenn sie von der Empfängerin oder dem Empfänger zu Kenntnis genommen wird oder wenn die Kündigung in deren resp. dessen Zugriffsbereich gelangt ist und nach Treu und Glauben die Kenntnisnahme erwartet werden darf. Verwenden die Parteien eines Arbeitsvertrages regelmässig Whatsapp oder SMS zur Kommunikation, kann davon ausgegangen werden, dass auch eine Kündigung via diese Medien zur Kenntnis genommen wird.
     
  • Kündigung per E-Mail währen der Ferienabwesenheit: Hier kommt es darauf an, ob eine Abfrage von E-Mail-Nachrichten während der Ferien erwartet werden darf, was von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt. Benutzt die gekündigte Person den betreffenden E-Mail-Account auch während der Ferien, kann davon ausgegangen werden, dass sie die Kündigung auf diesem Weg zur Kenntnis nimmt (siehe auch Abschnitt «Kündigung per E-Mail, Whatsapp und SMS»).
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Nicolas Facincani, lic. iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner. Er ist als Rechtsanwalt tätig und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Belangen. Er doziert zudem regelmässig zum Arbeitsrecht. www.vfs-partner.ch

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