Susanne Zumbühl: «Je nach eigenem Gehalt entstehen Rivalitäten und Neid.»
Ich frage mich, was Sinn und Zweck sind, Lohnangaben im Stelleninserat zu erwähnen? Auch frage ich mich, ob dies positiv oder eher negativ zu werten ist oder ob damit die Personalselektion gar erschwert wird.
Will man sämtliche Tabus brechen? Oder bringt es wirklich eine Erleichterung, um die richtigen Personen zu finden? Sollen auch andere Kriterien erwähnt werden wie: Alter, Auslanderfahrung, Erfahrung in ähnlicher Funktion oder Gleichberechtigung für Mann und Frau? Oder will man mit Lohnangaben Personen ködern?
Aber vielleicht ist der Lohn zu wichtig geworden! Vor allem grössere Unternehmen legen eine Lohnspanne für bestimmte Funktionen und Tätigkeiten fest, wobei die Lohnpolitik firmenintern gut gehütet wird. Selbst in einer Bewerbung werden die Lohnwünsche nicht angegeben, denn die Festlegung des Lohns erfolgt meist vor Vertragsabschluss.
Wollen sich diese Unternehmen mit der Bekanntgabe des Lohns in ihre Lohnpolitik hineinschauen lassen? Die Konkurrenz freut sich sicher, wenn die Löhne der Mitkonkurrenten offengelegt werden. Vielleicht können diese sogar Geld einsparen, wenn ihre Lohnspannen grösser sind. Denn wieso sollte man die eigenen Mitarbeitenden besser bezahlen?
Firmen könnten mit höheren Lohnangaben zudem Mitarbeitende eines Konkurrenten abwerben. Ein heikles Thema. Auch Mitarbeitende lesen die externen Stellenausschreibungen ihres Arbeitgebers und sehen die Lohnangaben. Je nach eigenem Gehalt entstehen so Rivalitäten und Neid. Vielleicht ist das eigene Gehalt nicht so hoch oder eben höher.
Somit muss zuvor für vollständige Lohntransparenz im Unternehmen gesorgt werden. Grundsätzlich wird das Salär aufgrund der fachlichen und der sozialen Kompetenz festgelegt. Erwähnt man den Lohn bereits im Inserat, kann man jedoch höchstens die fachliche Ausbildung berücksichtigen. Oder lässt man die Sozialkompetenz einfach beiseite? Zählt der persönliche Eindruck nicht?
Bewerber haben unterschiedliche Lebensläufe und Erfahrungen. Sollte dem nicht Rechnung getragen werden? Wie geht man damit um, wenn sich beim Vorstellungsgespräch herausstellt, dass der Bewerber andere berufliche Erfahrungen oder fachliche Voraussetzungen mitbringt, die für die offene Stelle genauso richtig sind wie die geforderten, die Lohnspanne für ein solches Profil aber in einem anderen Lohnbereich liegt? Wie wird dann das Gehalt bestimmt? Verbaut man sich damit nicht auch die Flexibilität der Lohnfestlegung?
Gehaltsspannen in Inseraten anzugeben, mag als Grundlage des digitalen Zeitalters dienen, in der alle Roboter gleich programmiert sind. Nicht jedoch für Menschen mit all ihren Unterschieden.