Ageism

Mit altersdiversen Teams zum Erfolg

Altersdiskriminierung ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig: In der Arbeitswelt werden Baby Boomer und Generation Z zu Gegnern. Dabei liegt unsere Zukunft im Miteinander der Generationen, nicht im Gegeneinander.

Altersdiskriminierung im Beruf äussert sich darin, dass Unternehmen, Führungskräften oder Mitarbeitenden aufgrund ihres Alters eine negative Grundhaltung entgegenbringen. Stereotype und negative Einstellungen können sich durch Ausgrenzung, Marginalisierung, Isolation und Benachteiligungen in verschiedenen Formen manifestieren. In Deutschland bezog sich 2020 rund jede zehnte Beratungsanfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes auf das Merkmal Alter (Jahresbericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2020).

Generationsbezogene Etiketten und gesellschaftliche Stigmata etablieren ein negatives Umfeld für ältere Arbeitnehmende und schaffen eine Spaltung zwischen Jung und Alt. Die Perspektive vieler Unternehmen sieht momentan so aus: Sie legen einen grossen Fokus darauf, Gen Z als die neuen Arbeitskräfte abzuholen und verdrängen dabei die Erfahrungen der älteren Generation. Dabei ist der Erfahrungsreichtum älterer Mitarbeitender ein grosser Schatz, der einen erheblichen Beitrag zum Erfolg eines Unternehmens leisten kann.

Altersdiskriminierung betrifft sowohl Jung wie auch Alt

Doch wie sieht altersbedingte Ungleichbehandlung im Betrieb genau aus? Ageism, also die Diskriminierung aufgrund des Alters, fängt schon beim Einstellungsprozess an. Arbeitskräfte im Alter 40 Plus werden in vielen Branchen bei der Jobsuche oder beim beruflichen Aufstieg benachteiligt, beispielsweise weil ihnen weniger Kompetenzen zugeschrieben werden. Diese strukturelle Altersdiskriminierung kann durch festgelegte Altersgrenzen auftreten. So wird in vielen Stellenausschreibungen explizit nach einer «Verstärkung für ein junges, dynamisches Team» gesucht. Dazu kommt, dass im Zuge der Digitalisierung älteren Mitarbeitenden nachgesagt wird, sie kämen nicht mehr in der Arbeitswelt zurecht. Oft werden ihre Stellen nach und nach abgeschafft, anstatt sie, wo nötig, zu schulen und weiter zu bilden, um sie auf dem Weg zur Arbeitswelt der Zukunft mitzunehmen.

Doch Altersdiskriminierung geht in beide Richtungen: Junge Mitarbeitende gelten oft per se als naiv, zu unerfahren oder arbeitsfaul, sodass ihnen trotz entsprechender Qualifikationen Führungsposition in jungem Alter verwehrt werden. Sie werden nicht wertgeschätzt und finden sich (trotz aller Unterschiede) oft in einer ähnlichen Lage wie ihre älteren Kolleginnen und Kollegen.

Altersdiversität ist eine Chance

Damit sich Ageism im täglichen (Arbeits-)leben erfolgreich abbauen lässt, braucht es auf Unternehmensseite zunächst Einsicht. Doch wie können HR-Fachpersonen und Führungskräfte beim strukturellen Wandel gegen Altersdiskriminierung mehr Initiative zeigen? Um diese Barrieren nachhaltig und systematisch abzubauen, gibt es viele konkrete Möglichkeiten. Der wichtigste Schritt liegt in der Veränderung des Mindsets: Altersdiversität soll als Gewinn gesehen werden – statt den Fokus auf die vermeintlichen Defizite von Jung und Alt zu setzen!

Altersdiversität bringt eine Vielfalt von Perspektiven mit sich, die sich gegenseitig ergänzen. Denn Wissen aus jahrzehntelanger Berufserfahrung ist ebenso wertvoll und entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen wie die frischen Perspektiven jüngerer Mitarbeitenden. Nur Jung und Alt können gemeinsam die komplexen Probleme der Gegenwart und Zukunft lösen. Momentan vernachlässigen Unternehmen die Chancen altersdiverser Teams aber immer noch. So geht es beim Kampf gegen den Fachkräftemangel nicht nur um die Wünsche und Bedürfnisse von Berufseinsteigenden. Spannende berufliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt müssen für Jung und Alt gleichermassen zugänglich sein.

Begegnungsräume schaffen, Mentoring fördern

Dafür ist es wichtig, offen über Ageism zu sprechen und eine inklusive Unternehmenskultur zu etablieren, die Jung und Alt gleichermassen schätzt. Der Fokus dieser Massnahmen ist es, ein altersinklusives Unternehmen zu sein. Dafür gilt es ein Umfeld zu schaffen, in dem Handlungsstrategien und Diversity-Interventionen die Belegschaften generationenübergreifend fördern. Ein wirksamer Hebel für den Erfolg einer altersinklusiven Belegschaft besteht darin, generationsübergreifende Begegnungsräume zu schaffen. So teilen gemäss einer Studie von Ulrike Fasbender ältere Mitarbeitende aufgrund von Altersdiskriminierungen ihre Erfahrungen seltener mit jüngeren Mitarbeitenden (Fasbender & Gerpott, 2021). Führen Unternehmen gezielte Mentoring- und Reverse-Mentoring Programme ein, bricht diese Kluft. So lernen Jung und Alt ihre unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen stärker wertschätzen, lernen gezielt gemeinsam und voneinander und erhalten neue Impulse.

Der Weg zu einer Arbeitswelt, in der die Kompetenzen von Jung und Alt gleichermassen geschätzt werden, ist lang – aber mit dem nötigen Engagement und Feingefühl in der Berufswelt zu bewältigen. Ein altersinklusiver Ansatz sollte sich stets bemühen, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu verstehen. Dafür ist es unerlässlich, dass Führungskräfte Mitarbeitende neugierig und ernsthaft interessiert fragen, was sie brauchen und was ihnen wichtig ist. Die Antworten auf diese Fragen sind die Leitplanken inklusiver Transformationsprozesse, die eine Unternehmenskultur anstreben, die für Jung und Alt gleichermassen attraktiv ist.

Auch wenn Altersdiskriminierung schon lange ein Problem unserer Gesellschaft und Arbeitswelt ist, können wir sie überwinden. Sowohl Jung als auch Alt haben das Recht, eine faire Chance auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen und in ihrer Einzigartigkeit geschätzt zu werden. Unternehmen spüren schon heute die ersten Auswirkungen des demographischen Wandels und haben einen Wettbewerbsnachteil, wenn sie die Potenziale der Altersdiversität nicht nutzen. Umso wichtiger ist es für sie, qualifizierte Mitarbeitende jeden Alters zu rekrutieren, zu halten sowie aus- und weiterzubilden. Altersdiversität ist ein essenzieller Hebel für den Unternehmenserfolg, denn nur Jung und Alt gemeinsam werden die immer komplexer werdenden Herausforderungen unserer Arbeitswelt gemeinsam lösen können.

Quellen:

Ulrike Fasbender & Fabiola H. Gerpott (2021). To share or not to share: A social-cognitive internalization model to explain how age discrimination impairs older employees’ knowledge sharing with younger colleagues, European Journal of Work and Organizational Psychology. 30:1, 125-142.

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Dr. Aylin Karabulut ist Beraterin für Diversity, Equity und Inclusion in Unternehmen sowie Expertin für inklusive Organisationskultur und solidarisches Netzwerken. Sie ist Head of Business Development bei Employers for Equality. Ausserdem engagiert sich Aylin bereits seit vielen Jahren ehrenamtlich als Botschafterin der SWANS Initiative zur beruflichen Förderung von Akademikerinnen of Color und mit Zuwanderungsgeschichte.

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