Mit wenig viel erreichen
Die Kosten für eine Stellenbesetzung können immens sein. Doch wie gelingt es, mit wenig Aufwand möglichst effizient zu rekrutieren? Zwei Consultants und ein Unternehmen berichten.
Mit kleinem Budget grossen Erfolg erzielen? Mit dem nötigen Know-how und ein bisschen Kreativität durchaus möglich. (Bild: iStock)
Stellenausschreibungs- und Personalvermittlungsgebühren, zeitaufwändige Rekrutierungsprozesse und Produktivitätsverluste: Eine Vakanz zu besetzen, erweist sich oft als teuer und langwierig. Um die Kosten dafür möglichst niedrig zu halten und effizienter vorzugehen, brauche es Planung, sagt René Lehmann, Recruiter und Managing Director von Smart Recruiting. «An erster Stelle steht das Briefing, um Missverständnisse zu verhindern, die sich in einer späteren Rekrutierungsphase als fatal erweisen könnten. Um Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, erstellt das Team um Lehmann für jede offene Stelle eine individuelle Landing Page, die herkömmliche Stellenbeschreibungen ersetzt. Hinzu kommen Facebook- und Instagram-Kampagnen, um eine Position bekannter zu machen. Zusätzliche Kandidaten und Kandidatinnen findet der Inhaber der Smart Recruiting-Agentur über Active Sourcing.
Die Agentur Kurz & Klein GmbH setzt etwas früher im Recruiting-Prozess an: «Mittels Employer Branding zeigen wir das Unternehmen, erzeugen einen Wechselwunsch der Kandidatinnen und Kandidaten, informieren sie über offene Stellen und Tätigkeiten und fordern sie zur Bewerbung auf», erzählt CEO Marius Kurz. Seine Inhalte verbreitet das Unternehmen über Social Media Plattformen wie Facebook, Youtube oder Tiktok, um unterschiedlichste Kandidaten-Gruppen wie LKW-Fahrer, Lagermitarbeitende oder IT-Spezialisten anzusprechen. Daneben setzt die Agentur auf Mund-zu-Mund-Propaganda der Mitarbeitenden ihrer Kundinnen und Kunden. «Lässt man sie über ihre Tätigkeiten, das Team oder sogar das Onboarding sprechen, erreicht man Kandidaten und Kandidatinnen persönlicher.» Diese Inhalte könnten zudem über Social Media mit bezahlter Werbung ausgespielt werden. «Das erhöht die Reichweite zusätzlich.»
Von den Grossen lernen
Doch was lernen kleinere Unternehmen aus diesen Ansätzen? «Was wir tun, können andere auch», sagt Lehmann. «Wie man eine Landing Page erstellt oder eine Kampagne auf Social Media aufgegleist, ist erlernbar. Die Frage ist eher, wie viel Zeit ein Unternehmen in die Rekrutierung investieren will.» Für Lehmann hängt der Kostenaufwand zum Grossteil davon ab, wie schwierig eine Stelle zu besetzen ist. «Eine Vakanz auf einer veralteten Jobplattform für 650 Franken auszuschreiben, stellt nicht immer die günstigste Lösung dar. Eine bezahlte Social-Media-Kampagne kann billiger sein.» Gratis geht es indes nicht: «Wer die richtigen Mitarbeitenden finden will, muss investieren», sagt Lehmann. «Wenn nicht mit Geld, dann eben mit Zeit.» Wer über wenig Geld verfüge, könne sich auf Mitarbeitende stützen und sie im Unternehmen als Talentscouts einsetzen. Das lohne sich: «Empfehlungen sind die erfolgreichste und effizienteste Quelle für die Talentgewinnung.» Damit es sich auch für Mitarbeitende rentiere, sollte ein Betrieb eine kleine Prämie zahlen. Das koste weitaus weniger als alle anderen Rekrutierungsmethoden.
Konkurrenzkampf unter Arbeitgebenden
Kosten hin oder her. Viele Arbeitgebende buhlen um dieselben Zielgruppen. Deshalb gehören auch die Abwerbung oder das Active Sourcing in den Recruiting-Werkzeugkasten. Mit gutem Grund: Die Direktansprache ist in einem umkämpften Markt einer der erfolgversprechendsten Ansätze, um eine Position termingerecht zu besetzen. Sie nicht zu nutzen, ist für Lehner bei 3,5 Millionen Schweizer Linkedin-Profilen «eine verpasste Chance». Marius Kurz sieht das etwas anders: «Abwerben ist für mich aus zwei Gründen ein No-Go: Es gewinnt kein Unternehmen, weil sich Mitarbeitende, die sich einmal anwerben liessen, es auch ein zweites Mal tun. Insbesondere, wenn sie nicht hinter dem Unternehmen stehen, sondern bloss am Gehalt interessiert sind.» Hinzu käme der Zeitaufwand, den das Active Sourcing erfordere. «Daneben sind die Ergebnisse des Active Sourcings personenabhängig und somit nicht planbar.»