Talent Management

Mitarbeitende müssen für ihre Weiterbildung öfters selber zahlen

Eine Umfrage bei acht Aus- und Weiter
bildungsinstitutionen ergab: Das Lernen geniesst sowohl bei Unternehmen als auch bei den Teilnehmenden trotz Krise einen hohen Stellenwert. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer haben erkannt, wie wichtig dieses für die Zukunft ist. Allerdings 
müssen die Mitarbeitenden ihre Kurse häufiger selbst bezahlen.

Die Wirtschaftskrise hinterlässt ihre Spuren auch im Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Unternehmen müssen den steigenden Anforderungen, wie dem Fachkräftemangel, dem demografischen Wandel oder Wertewandel mit gleichen oder geringeren Budgets begegnen. Dies bekommen auch die Aus- und Weiterbildungsinstitutionen zu spüren. «Für Unternehmen steht die Relevanz eines Kurses, das heisst der unmittelbare Nutzen für den jeweiligen Aufgabenbereich, im Mittelpunkt», erklärt Christophe Soutter, CEO der ZfU International Business School. Und Jürg Kuster, Geschäftsleiter der BWI 
Management Weiterbildung, stellt einen starken Trend Richtung massgeschneiderte und mitunter sogar Inhouse-Weiterbildung fest. «So kann direkt auf die firmenspezifischen Prozesse und Rahmen-bedingungen eingegangen werden».

Giesskannenschulungen sind out

Die meisten Unternehmen scheinen aus vergangenen Krisen gelernt zu haben, denn sie streichen die Weiterbildungsmass-nahmen nicht mehr kopflos zusammen. Guy Ochsenbein, Mitglied des Management Board der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) stellt sogar eine zunehmende Tendenz bei der Kursnachfrage fest. Allerdings gilt diese primär für Unternehmen mit einer klaren (HR-)Strategie. «Jene, die keine oder nur ansatzweise eine Strategie haben, bauen in der Personalentwicklung eher ab und sparen damit kurzfristig Kurskosten.»

Auch bei der Klubschule Business Luzern ist die Nachfrage zahlenmässig konstant geblieben. Gemäss Armin Riebli, 
Leiter Angebote für Firmen, werden allerdings vermehrt kürzere Lerneinheiten gesucht, um Defizite bei Mitarbeitenden effizient zu kompensieren. Und er stellt fest: «Giesskannenschulungen gibt es keine mehr». Will heissen, die Unternehmen sind selektiver bei der Buchung.

Auch an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ist die Nachfrage nach Weiterbildungs-Angeboten kaum zurückgegangen. «Wir bemerken aber» so Claudia Umbricht-Stocker, Leiterin Stabsstelle Weiterbildung, «dass Unternehmen aufgrund von Budgetkürzungen nicht mehr im gleichen Umfang bereit sind, sich an der Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden zu beteiligen.» Ähnlich präsentiert sich die Situation auch bei den MBA- und EMBA-Programmen der Universität St. Gallen. Gemäss Executive Director der Executive School of Management, Technology and Law, Matthias Straetling, ist der Anteil der unternehmensfinanzierten Teilnehmenden erheblich zurückgegangen.

Höhere Anforderungen an Qualität

An der FHNW ist die Zahl der Selbstzahler ebenfalls angestiegen. «Darunter finden sich auch Teilnehmende, die vom Stellenverlust bedroht oder bereits stellenlos geworden sind», erklärt Guy Ochsenbein. Diese besuchten Weiterbildungen unter anderem, um sich in einem neuen Bereich zu qualifizieren und so ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu erhöhen.

Diese Tendenz hat natürlich auch Auswirkungen auf die Kursanbieter. «Die Teilnehmer beschäftigen sich länger mit der Frage nach dem richtigen und für sie optimalen Kurs, und Anmeldefristen werden oft bis zum letzten Moment ausgenutzt», konstatiert Straetling. Und Claudia 
Umbricht-Stocker macht die Erfahrung, dass Selbstzahlende noch höhere Anforderungen an die Qualität der Weiterbildung stellen.

Wenig Veränderungen verzeichnen die Schulen hingegen bei der Zusammensetzung der Kursteilnehmer. So sagt etwa 
Xaver Büeler, Leiter Ressort Weiterbildung der Hochschule Luzern: «Grundsätzlich werden Mitarbeiter aller Stufen in die Weiterbildung geschickt.» Auch beim Seminar- und Tagungsanbieter Euroforum hat sich die Teilnehmerstruktur laut Geschäftsleitungsmitglied Thomas Hemschemeier seit der Krise nicht verändert.

Eine interessante Feststellung macht jedoch die Klubschule Business Luzern. «Bei uns kommen vermehrt Personen mit dem Auftrag in die Ausbildungen, ihr Wissen danach als Multiplikatoren im Betrieb zu verbreiten», sagt Armin Riebli.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Sandra Escher Clauss ist freie Journalistin.

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