Mitarbeiter-Motivation: «Engagiert statt resigniert»
Bereits zum zehnten Mal fand am 26. Juni 2014 der Ostschweizer Personaltag statt. 280 Teilnehmer wollten von den vier Hauptreferenten wissen, was Unternehmen tun können, um das innere Feuer vieler «abgelöschter» Angestellter wieder zu entfachen. Mit «Leadership aus erster Hand» lieferte der Ex-Bundesrat Adolf Ogi das Schlussbouquet eines erkenntnisreichen Nachmittags.
Prof. Dr. Antoinette Weibel referierte am Ostschweizer Personaltag zum Thema «Trust Matters». (Bilder: Stefan Rechsteiner / freicom ag)
Welche Gründe gibt es, dass drei Viertel der Angestellten nur das Nötigste tun? Wie führt man Angestellte, die innerlich bereits gekündigt haben? Und wie gelingt es, die Mitarbeitenden zu motivieren, das Beste für das Unternehmen und sich zu geben? Diese Fragen standen im Zentrum des 10. Ostschweizer Personaltags, der im Fürstensaal in Gossau stattfand.
Überwachung statt Vertrauen
Antoinette Weibel, Professorin an den Universitäten Konstanz und St. Gallen, brachte es in ihrem Referat «Trust matters – Vertrauen im HR, im Unternehmen und in der Gesellschaft» auf den Punkt: in vielen Unternehmen werden Mitarbeitende misstrauisch beäugt und auch überwacht. Das Menschenbild – der Mensch ist faul und muss angetrieben werden, sei es mit Drohungen oder Boni – steckt immer noch in den Köpfen der Manager und auch der HR-Fachleute.
Dieses Menschenbild ist ein Abbild der Denkweise der Sechziger und Siebziger Jahre, des Homo Ökonomikus, der nur für seinen eigenen Vorteil sorgt. Daneben schwingt auch der kulturell geprägte Unterton mit, dass Arbeit Mühsal bedeutet und keinesfalls Spass machen kann. Fehlendes Vertrauen ist jedenfalls teuer. So leidet beispielsweise die Innovation. Denn wo Vertrauen fehlt, wird oft eine Kultur der «Sündenböcke» gelebt. Nicht was aus Fehlern zu lernen ist, steht im Vordergrund, sondern: wie mache ich andere zu Schuldigen, damit ich mit einer weissen Weste dastehe? Die Wissenschaft weiss inzwischen, dass Menschen, die ein positives Menschenbild mit sich herumtragen, sich selbst vertrauenswürdiger und loyaler verhalten und bessere Teamplayer sind. Vertrauensvorschuss als Grundeinstellung ist also gefragt. Und die gilt es bereits bei der Personalselektion zu berücksichtigen, denn die Erwartungshaltung der Führungskraft spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie sich Mitarbeitende entwickeln. Ob sie resignieren, weil man ihnen nichts zutraut oder sie sich voll engagieren, weil ihr Vorgesetzter an ihre Entwicklung glaubt.
Etwas andere Töne schlägt der Philosoph und Publizist Ludwig Hasler an. Er meint, wir hätten falsche Vorstelllungen vom Leben. So findet er, dass der Mensch nur an Widerständen wächst und man diese akzeptieren müsse. Mit der leeren Zeit könne der Mensch nichts anfangen und verplane jede nutzbare Sekunde. Gleichzeitig sehne er sich jedoch nach dem einfachen Leben der Bauern vor 200 Jahren. Nur deren hartes Brot wolle er dann doch nicht teilen. Wir stellten uns ein perfektes Leben vor, ohne uns dafür abzurackern. Diese Übererwartungen gelte es ganz generell anzupassen. Und was ist die Rolle der Führung? «Sie soll den Menschen wahrnehmen und aufrichtiges Interesse zeigen und das Potenzial sehen, das in ihnen schlummert und das es zu wecken gilt», meint Hasler. Führungskräfte sollen vorleben, was sie von anderen verlangen: die Musik sein, die sie von ihrem Orchester hören wollen. Und ein Werk schaffen, das der Gemeinschaft etwas bedeutet und worauf alle Mitglieder stolz sein können – eine Kathedrale bauen.
Weiterbildung als Investition
In seinem «Zwischenruf» warf HR-Experte Matthias Mölleney die Frage auf, was sich ändern würde, wenn man Weiterbildung nicht als Kostenfaktor, sondern als Investition verbuchen würde: Grundsätzlich wäre die Stimmung im Unternehmen wohl positiver, denn Investitionen werden gefühlsmässig anders betrachtet als Kosten, die es zu minimieren gilt. Daneben würden Investitionen auch als Aktiva in der Bilanz geführt, welche über die Zeit abgeschrieben würden. Und damit wären Auswirkungen auf den Break Out Value – den Wert eines Unternehmens zum Zeitpunkt des Verkaufs – positiv zu beeinflussen, da der Wert des Wissens im Unternehmen in Zahlen festgehalten sei.
Mit Alt-Bundesrat Adolf Ogi stand wahrlich ein echtes «Urgestein» auf der Bühne, das sein Publikum vom ersten Moment an zu fesseln wusste. Ogi, der Pragmatiker, der gestaltet und nicht verwaltet, erheiterte sein Publikum mit zahlreichen Anekdoten aus dem Bundeshaus und erläuterte seine Führungsgrundsätze. Man müsse Menschen mögen, meinte er und ihnen Respekt entgegen bringen, zuhören, aber die Richtung vorgeben. Eine Führungspersönlichkeit habe sich selbst motiviert und engagiert zu zeigen, ihre Überzeugungen vorzuleben, dabei vorauszugehen und das Risiko auf sich zu nehmen, auch mal zu scheitern. Ausserdem solle sie ihre Stärken und Schwächen kennen und die besten Leute holen, die diese Schwächen ausgleichen. Bei allen Unternehmungen gelte es zudem, die richtigen «Zeitfenster» zu nutzen und zu erkennen, wann diese offen seien. Und man solle sich selbst nicht so wichtig nehmen, denn: «die Natur war schon vor Ogi da und wird es auch nach ihm sein», so der O-Ton des früheren Bundesrates.