Mutmacher statt Mutschlucker werden
Ein neues Buch will der Führungsebene Mut zu mehr Mut machen. Denn es gebe zu viele Mutschlucker, welche die Produktivität killen. Es brauche mehr Mutmacher, findet Autor Michael Kres.
Das neue Buch «Mutmacher».
Herr Kres, was sind Mutschlucker?
Michael Kres: Zu Mutschluckern zählen die unternehmerischen Rahmenbedingungen, welche die Menschen davon abhalten, ihr volles Potenzial zu nutzen. Das können ungeeignete Organisationsstrukturen sein, Zahlenwahn oder Machtdemonstration von Vorgesetzten. Viele Abteilungen arbeiten gegeneinander statt miteinander. Das Ziel wäre aber statt der Kompetition Kooperation, und dafür braucht es Mutmacher.
Was sind das?
Mutmacher sind Menschen, die dafür sorgen, dass alle besser zusammenarbeiten können. Es sind Menschen, die viel reflektieren, gute Beobachter sind, denken, bevor sie handeln. Es sind oft stille Personen, die sich nicht selbst ins Rampenlicht stellen.
Und wie wird man zu einem Mutmacher?
Mutmacher wird man durch die Erkenntnis: Ich kann nur besser werden durch die Anregung der anderen; alleine habe ich keinen Erfolg.
Was machen Mutmacher genau?
Sie stellen Nähe zu den Mitarbeitern her, sie schauen in der Fabrik vorbei, reden mit den Angestellten. Sie sind glaubwürdig, indem sie da sind; sie stellen Fragen, statt zu befehlen und bauen Brücken zwischen den Menschen und den Abteilungen. Wenn etwas passiert, sind sie die Leute, die man kontaktiert. Mutmacher können Kollegen sein, Ziel ist aber, dass der Vorgesetzte zum Mutmacher wird. Mutmacher sind Menschen, die uns das Vertrauen und die Energie geben, an uns zu glauben und zu wachsen.
Zur Person
Michael Kres ist einer der Gründer von ProMove TM, Vorstandsmitglied von employability.ch und hat mutmacher.org mitinitiiert.
Michael Kres: Mutmacher: Unternehmen stärken durch mutige Führung. Springer Gabler 2013, 172 Seiten.
Durch welche Eigenschaften zeichnen sich Mutmacher aus?
Ein Mutmacher ist jemand, der sich selbst genügt und der keine externe Anerkennung braucht, um Leistung zu erbringen. Typische Eigenschaften sind etwa: eine innere Balance, um mit sich im Einklang zu sein; Freude an der Arbeit; sich selbst nicht so ernst nehmen. Es sind Menschen, die wissen, wer sie sind und was sie wollen, ohne dass sie dafür Statussymbole wie ein schickes Haus oder ein Eckbüro brauchen.
Was können Mutmacher erreichen?
Die Idee ist, dass Menschen einfacher für etwas Sinnvolles gewonnen werden, wenn das Vorhandene nicht schlecht gemacht wird. Mutmacher konzentrieren sich auf das Positive und bauen auf den vorhandenen Ressourcen auf. Sie schauen, was die Mitarbeitenden gut machen und nutzen ihr Potenzial, ohne konstant an den Defiziten arbeiten zu wollen. Studien haben gezeigt, dass so Unternehmen bis zu 30 Prozent produktiver werden können.
Wie erreichen sie das?
Das Erfolgsgeheimnis ist oft: Weniger ist mehr. Weniger Führung, weniger Reportings, weniger Messungen, weniger Kontrolle. Wir ersticken im Kontrollwahn. Oft reicht es, gewisse Dinge nicht mehr zu tun, um produktiver zu werden. Ich will nicht das Controlling abschaffen, aber es braucht andere Messgrössen. So ist es zum Beispiel wenig zielführend, sich an absoluten Umsatzsteigerungen zu orientieren und die Leute mit Reportings wahnsinnig zu machen, nur um herauszufinden, wie viel Abweichung zur prognostizierten Plangrösse besteht. Es ist doch klar, dass so Zahlen frisiert werden, etwa, indem am Monatsende noch kurz Umsätze verbucht werden, um sie dann gleich wieder auszubuchen zu Monatsbeginn. So bringt Controlling viel Aufwand, aber null Ertrag. Viel sinnvoller sind weniger, dafür relative Kontrollgrössen wie etwa Kosten über Ertrag, wo Entwicklung in einen Kontext eingebettet werden kann, den die Mitarbeitenen auch selbst beeinflussen können.
Kontrolle bringt doch auch Sicherheit?
Das kommt auf die Kontrolle an. Ich habe noch nie erlebt, dass sich die Leute sicher fühlen, wenn ihnen als Kontrollgrösse von der Zentrale eine zehnprozentige Kostenreduktion aufgebrummt wird. Wir haben aber schon oft erlebt, dass die Leute, wenn sie selbst entscheiden, wie sie optimieren können, die Kosten auch bedeutend mehr als 10 Prozent senken können. Dabei fühlen sie sich sicher, da sie selbst den Prozess der Kostensenkung im Griff haben. Kontrolle ist dann sinnvoll, wenn sie auf Selbstkontrolle beruht.
Welche Rolle haben die HR?
Auch hier gilt: Weniger ist mehr. Oft tun die HR jedoch genau das Gegenteil: Sie schaffen neue Strukturen und Service Center, neue Prozesse, schreiben den Führungskräften standardisierte Formulare vor. HR soll Nähe schaffen. Sie sollen raus an die Front gehen und die Führung dahingehend unterstützen, dass die Menschen im Unternehmen gut und gerne zusammenarbeiten. Das gelingt, wenn über wesentliche Dinge gesprochen wird: Was hält uns davon ab, unser ganzes Potenzial zu nutzen? Was können wir tun, um Machtbarrieren abzubauen? Hier hat das HR die enorme Chance, selbst Mutmacher zu werden.
Wer sollte Ihr Buch lesen und warum?
Das Buch eignet sich für Menschen, die sich und andere stärken und in unserer gesättigten Zeit Impulse geben wollen.