New Work Award

New Work Award: Die Gewinner im Gespräch

Beim diesjährigen New Work Award wurden vergangenen Donnerstag Unternehmen und Einzelpersonen gekürt, die Teamplay, neue Führungskultur und Individualität in der Arbeitswelt etablieren. Die Gewinner über Herausforderungen von New Work und die Zukunft der Arbeitswelt.

Wir haben mit Nora-Vanessa Wohlert, Mitgründerin von Edition F (Platz 1 der Kategorie «Junge Unternehmen»), mit Cornelia Pest, HR Managerin bei Cisco Deutschland (Platz 1 der Kategorie «Etablierte Unternehmen») und mit Hermann Arnold, ausgezeichnet als «New Worker» und Mitgründer von Haufe-umantis, gesprochen.

Inwiefern leben Sie New Work? 

Nora-Vanessa Wohlert (Mitgründerin Edition F): Wir haben Edition F vor 3 Jahren als digitales Zuhause für starke Frauen gegründet und uns von Anfang an auch vorgenommen, Unternehmenskultur anders zu leben. Mit Edition F wollen wir Frauen weiterbringen, sowohl beruflich, als auch privat, sie inspirieren und stärker machen. Das gleiche Ziel verfolgen wir natürlich mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir stehen für flexible Arbeitszeiten, jeder kann Home Office machen, wenn er oder sie das braucht, die Mitarbeiter entscheiden mit, wer eingestellt wird und führen auch die Vorstellungsgespräche, Praktikanten können Ideen einbringen und im Radio Interviews geben und wir reden mit dem Team auch sehr offen über unsere Finanzen, Pläne und entwickeln gemeinsame Strategien. Am Ende ist ja Edition F nur so stark wie das Team, deshalb wollen wir ein Unternehmen schaffen, dass einen echten Mehrwert für das Team bringt.

Cornelia Pest (HR Managerin Cisco Deutschland): Für uns bedeutet New Work ein grosser Vertrauensvorschuss für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist der Rahmen, in dem Mitarbeiter ihr Potenzial am besten entfalten. Beispielsweise können alle Mitarbeiter wählen, wo sie arbeiten und ihre Arbeitszeiten selbst einteilen. Bei Cisco arbeiten 70 Prozent der Mitarbeiter mindestens einmal die Woche von unterwegs oder zuhause aus. Das funktioniert natürlich nur in einer von Vertrauen und Eigenverantwortung geprägten Kultur. Ausserdem gehört es zu unserer Kultur, unsere Technologie in der Zusammenarbeit auch selber zu nutzen. Damit können unsere Mitarbeiter weltweit ortsunabhängig zusammenarbeiten und kreativ werden.

Hermann Arnold (Mitgründer Haufe-umantis): Das ist eine gute Frage, weil es noch gar keine Definition von New Work gibt. In unserem Verständnis geht es darum, neue Wege zu finden, wie wir im Unternehmen Zusammenarbeit gestalten. Der «alte» Weg funktioniert nicht mehr so richtig, der «neue» Weg ist noch nicht gefunden. So sind wir mutig und gehen unbekannte Wege, ohne zu wissen, ob sie zum Ziel führen. Wir wählen unsere Vorgesetzten. Mitarbeiter stellen ihre Kollegen ein. Wir haben den Unternehmenszusammenschluss mit Haufe demokratisch entschieden. Wir haben Spiralkarrieren im Unternehmen. Wir haben mit Gehaltsfestlegungen durch Kollegen experimentiert, genauso mit Schwarmorganisationen.

Nora-Vanessa Wohlert, Mitgründerin von Edition F

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Gründerinnen von Edition F sind Susann Hoffmann und Nora-Vanessa Wohlert. Über eine gemeinsame Freundin haben sie sich vor Jahren kennengelernt. Ihre beruflichen Wege haben sich aber erst 2013 gekreuzt: Susann arbeitete in der Vergangenheit lange Zeit als PR & Strategieberaterin bei Scholz & Friends in Berlin, Nora leitete die Redaktion bei Gründerszene, dem deutschen Online-Magazin für die Digitalszene. Nach Gesprächen holte Nora zum Januar 2013 ihre spätere Mitgründerin Susann zum Dachverlag von Gründerszene, Vertical Media. (Bild: Jennifer Fey)

Was können andere Unternehmen konkret von Ihnen lernen?

Wohlert: Als Startup waren wir immer mutig genug, Dinge, die nicht funktionieren, zu verändern oder aufzugeben. Das ist nur möglich, weil wir dem Team und auch den Nutzern sehr genau zuhören und wissen, dass andere oft bessere Ideen haben als wir selbst. Als junges Unternehmen, das vielleicht noch nicht ganz so viel Geld zahlen kann wie die grossen in der Branche, wird man auch kreativer: Man überlegt noch mehr, was das Team braucht, um sich wohl zu fühlen. Das beginnt bei kleinen Dingen wie einer heimeligen Küche, oder einem Büro-Garten und geht weiter bei Themen wie Kundentermine und Events, zu denen wir zum Beispiel auch Berufseinsteiger ganz selbstverständlich mitnehmen.

Pest: Natürlich wollen Mitarbeiter bei Änderungen am persönlichen Arbeitsplatz mitreden. Also sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter auch einbeziehen, wenn es darum geht, das Arbeitsumfeld zu ändern. Genau das haben wir getan. Bei Cisco hat sich diese Vorgehensweise bewährt, denn die Mitarbeiter sind zufriedener mit ihrer neuen Arbeitsumgebung. Dennoch sollte die Rolle der Geschäftsführung nicht unterschätzt werden. Sie muss den Wandlungsprozess aktiv unterstützen, kommunizieren und Initiativen fördern und lenken.

Arnold: Lösungen sollten immer dreidimensional verstanden werden: Es geht um ein Zusammenspiel aus Organisation, Menschen und Infrastruktur. Das «Ausrollen» von Lösungen hat ausgedient. Wir sollten im kleinen Rahmen Experiment gestalten um möglichst schnell zu lernen und zu verbessern. Und wenn es funktioniert, machen andere freiwillig mit: Statt «Roll-out» ein «Roll-in».

Cornelia Pest, HR Managerin bei Cisco Deutschland

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Cornelia Pest arbeitet seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen im HR-Bereich und war schon für einige grosse IT Konzerne tätig, bevor sie 2016 zu Cisco kam. Bei Cisco leitet sie als HR Manager Germany den Personalbereich und ist Mitglied des deutschen Leadership Teams.

Welches sind Ihre Herausforderungen im Bereich New Work?

Wohlert: Einerseits natürlich immer wieder fehlendes Geld. Wenn wir davon mehr hätten würden wir mit Sicherheit noch mehr in Weiterbildung, Arbeitsplatz und Co investieren. Zum Beispiel würden wir gerne einen extra Eltern-Kind-Raum einrichten.

Pest: Unsere grösste Herausforderung ist gleichzeitig unser grösster Antrieb: Wie und wo wir arbeiten, wird ständig neu definiert. Arbeit ist heute hochgradig vernetzt und agil. Auch über grosse Distanzen hinweg müssen Mitarbeiter effektiv zusammenarbeiten. Das war früher anders. Die Globalisierung, schnelle Verkehrsmittel und das Internet lassen schon heute weit entfernte Orte sehr nah erscheinen. Aber neue Technologien werden auch in Zukunft unsere Arbeitswelt stark verändern. Auf diese Änderungen werden sich Unternehmen einstellen müssen. Wir glauben, dass die Digitalisierung eine Chance ist. Auch für die Art, wie wir arbeiten.

Arnold: Dass wir noch nicht wissen, was wirklich funktioniert und was nicht. Das heisst, wir müssen Dinge ausprobieren, zusätzlich zu den grossen Herausforderungen, die wir alle im Tagesgeschäft schon haben. Das kostet Energie und erzeugt auch nicht selten Frust.

Hermann Arnold, Autor und Mitgründer von Haufe-umantis

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Zum ersten Mal konnten sich beim New Work Award dieses Jahr auch Einzelpersonen als «New Worker» bewerben. Hermann Arnold wurde als eine von sechs aussergewöhnlichen Persönlichkeiten ausgezeichnet. Der Mitgründer von Haufe-umantis ermutigt sowohl Kollegen im eigenen Unternehmen als auch Kunden und Leser seines Buches «Wir sind Chef» dazu, mit gezielten Experimenten mehr Innovation in der Führung zu wagen.

Was könnten Sie noch besser machen? 

Wohlert: Wir sollten uns insgesamt noch mehr Zeit für Personalentwicklung und -strategie nehmen. Als Gründerinnen im Startup sind wir natürlich noch immer an sehr vielen Stellen gefragt und involviert. Für Personalentwicklung muss man sich aber die Zeit nehmen.

Pest: Natürlich ist der Erfolg bei den New Work Awards für uns eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Aber der permanente Wandel der Arbeitswelt und der Technologie bedeuten für uns auch, dass wir uns nicht auf unseren Erfolgen ausruhen können. Es geht hier um die Weiterentwicklung einer Kultur, in der Zeit und Ort nicht mehr so wichtig sind. Das geht aber nicht von heute auf morgen, und es ist auch ein Prozess, der nie endet. Trotz der rapiden technologischen Entwicklung dürfen Unternehmen hier aber nicht dem Aktionismus verfallen. Deshalb müssen wir auch in Zukunft neue Entwicklungen frühzeitig erkennen und darauf reagieren.

Arnold: Wir versuchen gerade, «Führen und Folgen» in unserem Unternehmen zu verbessern. Verteilte Führung kann nur funktionieren, wenn jeder auch folgen kann. Das gilt auch für Chefs, die bei einzelnen Projekten oder Aufgaben ihren Mitarbeitern folgen können müssen – und nicht viel Energie und Herzblut zerstören, indem sie nach kurzem Zuhören reingrätschen und alles wieder kaputt machen.

Ihre Prognose: Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Welche Themen werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen?

Wohlert: Wir merken schon heute deutlich, dass die junge Generation viel fordert. Richtig gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet man heute nur noch mit viel Arbeit und einem gutem Angebot. Das wird sich weiter ausbauen. Die Digitalisierung wird weiterhin ein grosser Faktor sein, der die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Die Arbeit der Zukunft wird flexibler, schneller und technischer werden. Ich freue mich schon auf den Moment, wo ein Roboter wirklich mal den besseren Vorschlag hat als wir – ob wir darauf dann allerdings hören, weiss ich nicht. Bauchgefühl bleibt wichtig im Business.

Pest: Die Arbeitswelt wird sich immer ändern. Nicht nur heute, sondern auch in der Zukunft. Deshalb ist eine statische Prognose dazu, wie der Arbeitsplatz in Zukunft aussehen wird, nicht sinnvoll. Fest steht allerdings, dass Technologien wie Künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge die Zukunft der Arbeit nachhaltig prägen werden. Neue Technologie kann uns zum Beispiel repetitive und unbeliebte Arbeit abnehmen. Ausserdem werden wir unseren Arbeitsalltag in Zukunft weniger auf den Standort unsere Geräte ausrichten müssen. Schon heute muss ich beispielsweise nicht mehr an meinen Schreibtisch, um zu arbeiten. Heutige Möglichkeiten werden sich aber in Zukunft noch viel stärker weiterentwickeln. Unsere Arbeitsgeräte werden uns durch die Digitalisierung vielmehr begleiten und unterstützen – unabhängig davon, ob wir uns zuhause, unterwegs oder im Büro sind.

Arnold: Jeder und jede muss führen – sich selbst, Projekte, andere. Jeder und jede muss folgen. Und: Jeder und jede muss wissen, wann was angebracht ist. Bedeutung gewinnt Komplexitätsbewältigung durch viele Personen, eingebettet in ein einfaches Regelwerk und unterstützt durch soziale Technologien.

New Work Award

Überreicht wurden die Preise im Rahmen der von XING ausgerichteten «New Work Experience» im Berliner Westhafen Event & Convention Center. Insgesamt waren rund 200 Bewerbungen für den New Work Award eingegangen, aus denen eine Expertenjury zunächst eine Shortlist erstellte. Am Ende entschieden Online-Nutzer aus dem deutschsprachigen Raum über die Sieger. Mehrere zehntausend Stimmen wurden abgegeben.

 

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