HR Today Nr. 6/2020: Praxis – Sexuelle Belästigung

Nulltoleranz

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz war lange ein Tabuthema. Die «MeToo»-Debatte hat das geändert. Immer mehr Unternehmen und Bildungseinrichtungen beschäftigen sich präventiv mit ­diesem Thema. HR Today hat mit HR- und Gleichstellungsverantwortlichen verschiedener Unternehmen ­sowie der Leiterin der Fachstelle Mobbing und Belästigung mit Sitz in den Kantonen Bern und ­Zürich gesprochen.

«Wer zu nah kommt, geht zu weit», wäre das Motto der diesjährigen Aktionswoche der Universität Bern gegen sexuelle Belästigung gewesen. «Aufgrund der Covid-19-Pandemie mussten wir diese kurzfristig absagen», bedauert Lilian Fankhauser, Co-Leiterin der universitären Abteilung für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Organisatorin der Aktionswoche sowie der gleichnamigen Präventionskampagne. Beide universitären Massnahmen haben zum Ziel, den gegenseitigen Respekt zu fördern und einzufordern. Nebst der Aktionswoche, die jeweils in der Woche vom 23. März stattfindet, und dem nationalen Tag gegen sexuelle Belästigung an Hochschulen gehört auch eine Website* zur Kampagne. «Darauf informieren wir, was sexuelle Belästigung bedeutet, und an wen sich Betroffene wenden können», sagt Lilian Fankhauser.

Auf den ersten Blick sei die Grenze zwischen harmlosem Flirt, freundschaftlichem Umgang und sexueller Belästigung oft schwierig zu ziehen. Dazu gebe es jedoch eine einfache Regel: «Ausschlaggebend ist nicht die Absicht der agierenden Person, sondern wie ihr Verhalten bei der betroffenen Person ankommt – ob man ihr damit auf unerwünschte Weise zu nahe tritt oder nicht.»

Mit dem Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz beschäftigt sich auch die Fachstelle Mobbing und Belästigung in Zürich und Bern seit über 20 Jahren: «Vorfälle oder ungerechtfertigte Beschuldigungen von sexueller Belästigung beeinflussen das Arbeitsklima und die Produktivität eines Unternehmens negativ und können schwerwiegende Folgen für alle Betroffenen haben», konstatiert die Inhaberin der Fachstelle Claudia Stam. Deshalb sei es für Arbeitnehmende und Arbeitgeber wichtig, solchen Zuständen vorzubeugen und im Bedarfsfall rasch zu handeln.

Präventive Massnahmen wie Schulungen und Workshops sensibilisieren Vorgesetzte, HR-Leitende und Mitarbeitende. Ausserdem könne ein Unternehmen interne oder externe Vertrauenspersonen bestimmen sowie ein Reglement zum Thema implemen­tieren, um aufzuzeigen, wie die Firmenkultur gelebt werde. Die «MeToo»-Debatte hat das Bewusstsein für solche Themen bei den Führungskräften geschärft, aber auch für Verunsicherung gesorgt. «Angst ist kein guter Ratgeber», findet Claudia Stam. «Es geht vielmehr darum, dass dieses Thema in Unternehmen vermehrt Platz findet und Mitarbeitende dafür sensibilisiert sind.»

* Kampagne der Universität Bern: respekt.unibe.ch

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Unter sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz fällt jedes Verhalten mit sexuellem ­Bezug, das von einer Seite unerwünscht ist und das eine Person in ihrer Würde verletzt. Sexuelle Belästigung kann mit Worten, Gesten oder Taten ausgeübt werden. Das heisst:

  • es werden anzügliche und zweideutige Bemerkungen über das Äussere von Mitarbeitende gemacht
  • es fallen sexistische Bemerkungen und Witze
  • am Arbeitsplatz wird pornografisches Material aufgehängt
  • Mitarbeitende erhalten unerwünschte Einladungen
  • es kommt zu unerwünschtem Körperkontakt
  • Mitarbeitende werden innerhalb und ausserhalb des Betriebs verfolgt
  • es werden Annäherungsversuche gemacht
  • es kommt zu sexuellen Übergriffen, Nötigung oder Vergewaltigung.

Quelle: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz – Informationen für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. Herausgeber: Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und dem Staats­sekretariat für Wirtschaft SECO.

 

Tabelle zu Massnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Alle Angaben basieren auf Eigendeklaration der genannten Unternehmen.

Für eine bessere Ansicht, klicken Sie bitte auf das untenstehende Bild. (2 Seiten)

 

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Christine Bachmann 1

Christine Bachmann ist Chefredaktorin von Miss Moneypenny. cb@missmoneypenny.ch

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