Payroll: Die unterschätzte HR-Disziplin
Nicht selten wird die Lohnbuchhaltung als rein verarbeitende und technische Funktion wahrgenommen. Man stellt sich vor, per Knopfdruck liessen sich unzählige Salärabrechnungen generieren. Die Realität sieht oft anders aus.
Oft wird die Lohnbuchhaltung als rein verarbeitende und technische Funktion wahrgenommen. (Bild: iStockphoto)
Mitarbeitende in der Lohnbuchhaltung müssen nicht nur über umfangreiche Kenntnisse im Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht verfügen, sondern sehen sich auch einer Vielzahl von komplexen Richtlinien und Verfahren gegenüber, die sich laufend ändern. Bei der Umsetzung von Vereinbarungen, die Vorgesetzte und andere HR-Stellen ohne fundierte Kenntnisse der rechtlichen Gegebenheiten initialisiert haben, sollen sie Stolpersteine und Risiken erkennen. Werden die geltenden Normen nicht eingehalten, stellt dies nicht nur für das Unternehmen ein Risiko dar, sondern kann in gewissen Fällen auch strafrechtliche Konsequenzen für den Verwaltungsrat oder die Geschäftsleitung haben.
Flexibles Arbeitsverhältnis erhöht Komplexität
Besonders gefordert ist die Lohnbuchhaltung bei Unternehmen mit komplexen Entlöhnungspaketen bestehend aus Benefits, Spesen oder Mitarbeiterbeteiligungen, beim internationalen Austausch und Einsatz von Mitarbeitenden sowie bei flexiblen Beschäftigungsverhältnissen. In allen Fällen ist der Informationsfluss für die korrekte Umsetzung in der Lohn- und Finanzbuchhaltung entscheidend. Zudem erhöhen Themen wie die korrekte Sozialversicherungsunterstellung und -abrechnung, Arbeitsbewilligungen und (Quellen-)Steuern die Komplexität der Lohnbuchhaltung.
Die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse ist zurzeit vor dem Hintergrund des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds besonders angesagt, da die Unternehmen damit einfacher auf Konjunktur- und Marktschwankungen reagieren können. Neben klassischen Instrumenten wie Teilzeit- und befristete Anstellungen greifen viele Unternehmen gerne auf selbständige Freelancer zurück, verleihen oder entleihen Arbeitskräfte und setzen vermehrt Mitarbeitende auf Abruf ein. Müssen bereits bei herkömmlichen Arbeitsverhältnissen genügend Normen und Gesetze eingehalten werden, lauern bei flexiblen Arbeitsverhältnissen viele weitere Fallstricke.
Freelancer, Personalverleih und Abruf
Bei Auftragsverhältnissen mit Freelancern stellt sich oft die Frage nach der Scheinselbständigkeit, die sich in der Praxis nicht immer leicht beantworten lässt. Zumal die Kriterien aus Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungs- sowie Bewilligungsrecht teilweise unterschiedlich ausfallen. Zudem lässt sich oft ein schleichender Prozess beobachten: Nachdem ein externer Berater mit einem kleinen Auftrag eingestiegen ist, kommen mit der Zeit immer mehr Aufträge dazu, bis aus der Selbständigkeit ein Arbeitsverhältnis entsteht, ohne dass dies im Unternehmen erkannt wird. Komplexität und Risiken erhöhen sich weiter, wenn Selbständige aus der Schweiz im Ausland beschäftigt werden oder umgekehrt.
Auch beim Personalverleih ergeben sich aufgrund verschiedener Vorschriften und Pflichten wie Bewilligungspflicht und Spezialreports an Behörden zahlreiche Stolpersteine. Dabei treffen die Risiken sowohl den Verleiher als auch den Entleiher. Erschwerend kommt hinzu, dass die Grenzen auch in diesem Bereich fliessend sind und ein Personalverleih vorliegen kann, obwohl dies den involvierten Parteien nicht bewusst ist. Besonders kritisch ist dabei das gelegentliche Überlassen von Arbeitnehmenden, sei es zwischen verbundenen oder voneinander unabhängigen Unternehmen.
Bei Mitarbeitenden auf Abruf stellen sich ebenfalls viele komplexe Fragen, insbesondere bezüglich Mindestentschädigung und Versicherungspflicht. In all diesen und vielen weiteren komplexen Situationen wird von der Lohnbuchhaltung erwartet, dass sie die richtigen Schritte einleitet und die Einhaltung aller relevanten Normen und Vorgaben gewährleistet. Um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein, sollten die Mitarbeitenden in der Lohnbuchhaltung über das entsprechende Expertenwissen in verschiedensten komplexen Themenbereichen verfügen und dieses Wissen zudem laufend à jour halten. Gefragt sind also nicht «nur» Lohnbuchhalterinnen und -buchhalter, sondern Payroll Experts.
CAS Payroll Expert
In der berufsbegleitenden Weiterbildung CAS Payroll Expert lernen die Teilnehmenden die rechtlichen Einflussfaktoren des Salärwesens und die wechselseitige Abhängigkeit von Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht kennen. Sie erwerben spezifisches Expertenwissen zur ordnungsgemässen Salärbuchhaltung und zu damit verbundenen Deklarationen. Der Lehrgang beinhaltet 12 Kurstage, der Unterricht findet jeweils freitags statt.
Nächster Start: 3. März 2017.
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