HR Today Nr. 9/2021: Special – Weiterbildung

Professionell und praxisorientiert

Wer sich in der Schweiz beruflich aus- und weiterbildet, hat nach dem Abschluss keine adäquate Übersetzung seines Titels in der Tasche. Das betrifft auch Absolvierende von höheren Fachschulen. Ein Gespräch mit SFB-Schuldirektorin Dorothea Tiefenauer.

Sie sind Direktorin der Höheren Fachschule für Technologie und Management sfb. Wie machen Sie jemandem in einem internationalen Umfeld klar, was eine Höhere Fachschule ist?

Dorothea Tiefenauer: Studierende einer Höheren Fachschule sind Berufsleute mit einem Lehrabschluss und ersten Berufserfahrungen, die an einer Höheren Fachschule eine eng mit Arbeitgebenden entwickelte praxisorientierte Weiterbildung abschliessen und mit dieser auf anspruchsvolle Fach- oder Führungsfunktionen vorbereitet werden.

Wie stehen Sie zum «Professional Bachelor», einer Übersetzung des HF-Titels, die der ODEC (Verband der Absolventen Höherer Fachschulen) herausgibt?

Im internationalen Umfeld erachte ich den Titel «Professional Bachelor» als passende Übersetzung des HF-Titels. Deutschland hat den Professional Bachelor bereits eingeführt. Unser Nachbarland lebt wie die Schweiz das duale Bildungssystem mit Grundbildung und einer höheren Berufsbildung. Die Schweiz täte gut daran, den Professional Bachelor vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) genehmigen zu lassen, denn angemessene Titelübersetzungen sind für ein exportorientiertes Land wie die Schweiz enorm wichtig. Absolventinnen und Absolventen Höherer Fachschulen erhalten bis dahin ein sogenanntes Diploma Supplement, das die internationale Vergleichbarkeit des HF-Titels der Absolventen aufzeigt. Ein diplomierter Techniker HF Unternehmensprozesse darf etwa damit den schwerfälligen und kaum bekannten «Advanced Federal Diploma of Higher Education in Business Process Management» tragen. Das muss sich ändern.

Der Ausbildungsstandard einer HF ist recht hoch und kommt einer FH sehr nahe …

Ob HF oder FH: Beide erfüllen einen Auftrag. Wesentlich ist, dass sich die Inhalte und deren Ausrichtung unterscheiden. Fachhochschulen bieten einen grösseren Theorie- oder Wissenschaftsteil und werden oft in Vollzeit, die Lehrgänge Höherer Fachschulen dagegen eher berufsbegleitend absolviert. Letztere sind zudem mit der Wirtschaft enger verbunden. So wird die sfb beispielsweise als Stiftung von Swissmem und den Sozialpartnern der MEM-Industrie (Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie) getragen. Lehrgänge wie der im August startende Techniker/in HF Maschinenbau entwickeln wir gemeinsam mit der Industrie.

Was hat der Europäische Qualifikationsrahmen EQR, der die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Bildungen erleichtern sollte, bisher gebracht?

Der Europäische Qualifikationsrahmen ist vor allem in Fachkreisen bekannt. Mit dem Level EQR 6, der dem Nationalen Qualifikationsrahmen NQR 6 gleichgestellt ist, schliessen die Lehrgänge der HF Technik ab. Ein Bachelorabschluss einer Fachhochschule entspricht einem EQR 6 und ist somit international wie ein HF-Abschluss eingestuft.

Sind die HF darin genügend hoch eingestuft?

Die Einstufung der HF-Abschlüsse ist in Ordnung. Verbesserungswürdig sind dagegen deren inländische Positionierung und Wahrnehmung. Mit dem aktuell laufenden SBFI-Projekt «Positionierung HF» erwarte ich eine deutliche Verbesserung.

Wie sehen Sie die Zukunft der HF?

Die wichtigste Ressource der Schweiz sind gut ausgebildete Fachkräfte. Solange die Schweiz auf das duale Bildungssystem setzt und sich dessen Stellenwerts für die Schweizer Wirtschaft bewusst ist, sehe ich für die HF eine rosige Zukunft.

sfb

Die Höhere Fachschule für Technologie und Management sfb ist mit acht Standorten in allen Landesteilen der Schweiz, über 1200 Studierenden und 500 Lehrpersonen eine der grössten Höheren Fachschulen im technischen Bereich der Schweiz. Sie bietet berufsbegleitende Lehrgänge in den Bereichen Technik und Wirtschaft. Am 15. September führt die sfb ein Symposium zur beruflichen Weiterbildung durch: sfb.ch/symposium

EQR

Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) ist die Grundlage für den Nationalen Qualifikationsrahmen NQR Berufsbildung der Schweiz sowie für die nationalen Qualifikationsrahmen anderer europäischer Staaten. Er dient allen europäischen Ländern als Referenzinstrument und macht (Schweizer) Abschlüsse innerhalb von Europa untereinander vergleichbar.

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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