Recruiting

Recruiting über Stelleninserate: Mühsam und unsystematisch

Mit Selbstinseraten können sich Stellensuchende von der Masse abheben – in Krisenzeiten eigentlich keine schlechte Idee. Doch für die Mehrheit der Personalabteilungen kommt diese Art der Suche kaum in Frage.

Eine Alternative zur Spontanbewerbung heisst Stellengesuch. Die jobsuchende Person formuliert eine eigene Anzeige und schaltet diese in einem Printmedium. Der Vorteil der Methode liegt auf der Hand: Man sticht aus der Masse, weil es keine Konkurrenz gibt. Dies ist aber zugleich der Nachteil. Denn eine ziellos platzierte Anzeige erreicht den Empfänger möglicherweise gar nicht.

Für zahlreiche HR-Verantwortliche ist dieser Rekrutierungsweg zu aufwendig. «Wir sind fokussiert auf Online-Recruiting», sagt Sandra Winterberg, Sprecherin der CSS Versicherung. «Wir schalten unsere Vakanzen auf unserer Homepage und dem Intranet sowie auf Online-Portalen auf.»

Eine Möglichkeit für schwer zu 
besetzende Stellen?

Auch die HR-Spezialisten von Sunrise blättern Zeitungen nicht regelmässig nach Stellengesuchen durch. «In der Telecombranche ist dies aus unserer Sicht nicht sehr verbreitet und auch nicht sehr effektiv – insbesondere nicht in den Printmedien», so Sunrise-Mediensprecher Hugo Wyler. In Arbeitnehmermarkt-Zeiten oder für die projektbezogene Suche nach Freelancern könne das durchaus eine Variante sein. Aufgrund der Filtermöglichkeit hätten die Inserate von Stellensuchenden in Online-Portalen die besseren Chancen. «Aufwand und Nutzen sind auch branchen- sowie funktionsabhängig. Zusätzlich bestimmt die Stärke des Brands die Notwendigkeit für ein Unternehmen stark mit, auf Stellengesuche zurückzugreifen», betont Hugo Wyler.

Die Bank Julius Bär hat noch nie mittels Stellengesuchen rekrutiert, weil sie auf die Print- oder Online-Inserate bisher in den allermeisten Fällen sehr gute Rückmeldungen erhalten hat. Für Mediensprecher Martin Somogyi spricht dies für den guten Ruf als «Employer of Choice» und für die starke Marke Julius Bär. «Stellengesuche stuft unsere Personalabteilung eher als passive Haltung ein. Wir bevorzugen die direkte Bewerbung auf eine ausgeschriebene Vakanz, weil deshalb auch die Motivation für eine spezifische Stelle klar ersichtlich wird.»

Das Rekrutierungsverhalten der Oertli Werkzeuge AG in Höri bei Bülach hat sich auch während der aktuellen Wirtschaftslage nicht wesentlich verändert, wie HR-Verantwortliche Mirja Moretti erklärt. «Wir sehen keine Printmedien durch, in welchen Mitarbeiter nach einer Stelle suchen.» Auch die Anzeigen von Stellensuchenden in Jobportalen auf dem Internet hätten sie bisher noch nie gezielt beachtet. «Es könnte aber durchaus eine Möglichkeit sein bei Stellen, die lange nicht oder nur sehr schwer besetzt werden können.»

In einem ganz anderen Segment muss Denner seine Vakanzen in den Bereichen Verkauf, Logistik und Verwaltung besetzen. Die wichtigsten Rekrutierungsquellen des Discounters sind externe Stellenportale auf dem Netz, die firmeneigene Jobsite sowie Mund-zu-Mund-Werbung und spontane Bewerbungen in den Filialen. Mit diesen Methoden erhält Denner genügend Bewerbungen, und somit sind Stellengesuche keine Option. Bei der Swatch Group nutzt man Stellengesuche ebenfalls nicht häufiger, auch nicht aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage. Beatrice Howald von der Medienstelle erklärt jedoch: «Die HR-Verantwortlichen nutzen alle verfügbaren Instrumente, wenn es darum geht, Stellen zu besetzen.»

Wie sieht es bei Unternehmen aus, die stark auf Spezialisten angewiesen sind, die zurzeit nur schwer zu finden sind? Stets auf der Suche nach technischen Berufsleuten ist die Firma Gähler und Partner AG in Ennetbaden, die sich auf integrierte Bauplanung spezialisiert hat. Der Generalplaner mit 80 Mitarbeitenden beschäftigt rund 30 Spezialisten aus verschiedenen Berufen, darunter Ingenieure, Architekten, Elektro-, Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärplaner. Besonders schwierig zu finden sind für das KMU zurzeit Haustechnikplaner und Tunnelbauer. «Trotzdem sind Stellengesuche im Recruiting ein vernachlässigbarer Weg», erklärt Claudio Arnold, Geschäftsleitungsmitglied von Gähler und Partner AG. Das Problem sei, dass es bei den Stellengesuchen keine Systematik und keine einheitliche Datenbank gebe. Über die Anzeigen von Direktinserenten in Tageszeitungen oder Fachzeitschriften stolpere man eher zufällig. Claudio Arnold: «Wir haben bereits Leute auf diese Art und Weise kontaktiert, aber es hat sich daraus leider noch keine Anstellung ergeben.»

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Susanne Wagner ist freie Journalistin.

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