Frauen in Führungspositionen

Rollenklischees behindern Chancengleichheit in Unternehmen

Firmen sollten beim Thema Führungsrollen umdenken: Neue Ansätze stellen nicht nur die Weichen für mehr Chancengleichheit, sondern helfen auch, wichtige Positionen zu besetzen.

Im vergangenen Jahr waren in Schweizer Unternehmen lediglich 17 Prozent der Führungspositionen im Top-Management mit Frauen besetzt. Auf der mittleren Managementebene betrug der Anteil laut Statista 22 Prozent. In den Nachbarländern sieht es nicht viel besser aus. Der Durchschnittswert für Frauen in allen Führungsebenen liegt in Europa nach Angaben des statistischen Bundesamts bei 34,7 Prozent. Bei Frauen, die in Vollzeit arbeiten, scheinen sich die Chancen für eine Führungsrolle zu verbessern, wie Studien des DIW zeigen. Allerdings arbeiten laut Schweizer Bundesamt für Statistik über die Hälfte (57,9 Prozent) der Frauen in der Schweiz in Teilzeit, während es bei den Männern nur 18,7 Prozent sind. Auch hierbei ist die Verteilung in den Nachbarländern ähnlich. Das ist ein Aspekt, der in Bezug auf Chancengleichheit in Bezug auf Führungsrollen bisher nur wenig Beachtung fand.

Verbauen sich Unternehmen also die Chancen hochqualifiziertes und fähiges Personal zu halten und für Führungsaufgaben einzusetzen, indem sie an alten Modellen festhalten? Im Folgenden wird aufgezeigt, welche Chancen neue Modelle bieten und wie Unternehmen Kandidatinnen gezielt unterstützen können.

Der Anteil der Teilzeitarbeit nimmt weiter zu

Insgesamt hat die Teilzeitarbeit in den letzten 10 Jahren deutlich zugenommen – von 20,8 Prozent auf 30 Prozent. Das könnte daran liegen, dass Mitarbeitende heute länger arbeiten, dies jedoch ab einem gewissen Alter nicht unbedingt in Vollzeit tun wollen. Unabhängig vom Aspekt der Chancengleichheit ist die Frage, ob man für Führungspositionen lediglich Personen in Betracht ziehen sollte, die Vollzeit arbeiten. Das betrifft sowohl das fortschreitende Alter der geburtenstarken Jahrgänge als auch junge Arbeitnehmende, die, aufgrund ihrer Familiensituation und mit einem stärkeren Fokus auf Work-Life-Balance, in Teilzeit arbeiten möchten.

Denn gleichzeitig tun sich immer mehr Unternehmen schwer, Führungspositionen zu besetzen, denn die Anforderungen an Führungskräfte sind heute vielfältiger denn je. Nicht ohne Grund entstehen daher immer mehr neue Modelle für «Co-Leadership» oder «Top-Sharing» sowie auch das Aufteilen von Aufgaben, die die Weichen für ein Umdenken bei der Besetzung wichtiger Positionen stellen.

Gezielte Unterstützung hilft Führungsanforderungen gerecht zu werden

Auch Mitarbeitende mit hervorragenden Qualifikationen sind nicht automatisch in der Lage, problemlos in eine Führungsrolle zu schlüpfen. Die Anforderungen an Team- und Bereichsleitungen sind heute vielfältiger denn je. Neben fachlichem Wissen sollen Mitarbeitende mit Führungsverantwortung ihr Team motivieren, Einzelne einbinden und fördern, Agilität ermöglichen, Resilienz aufbauen sowie die Produktivität steigern.

In aktuellen Studien nennen die Befragten Kommunikationsfähigkeiten als wichtigste Qualität für Führungskräfte. Hier können gerade Frauen laut Bewertungen besonders punkten. Hingegen trauen sie sich häufig weniger zu. Dies bietet einen idealen Ansatzpunkt für Unternehmen, um Frauen und alle geeigneten Kandidatinnen nicht nur beim Aufbau von fachlichen Kenntnissen, sondern auch beim Aufbau von sogenannten «Soft Skills» oder «Power Skills» gezielt zu unterstützen. (Lesen Sie dazu: Frauen, zeigt mehr Selbstbewusstsein!)

Während sich viele Unternehmen beim Onboarding neuer Mitarbeitender grosse Mühe geben, wurden neue Führungskräfte bisher häufig ins kalte Wasser geworfen und mit ihren Unsicherheiten allein gelassen. Das kann nicht nur für die Betroffenen unangenehm sein, sondern birgt auch Risiken für das Unternehmen – von Fehlern durch ungeübte Team-Führung bis zum Verlust von Mitarbeitenden, die sich überfordert fühlen oder wegen mangelnder Führungskompetenz durch ihre Teamleitung keine Perspektiven für ihre Karriere sehen.

Heute gibt es ein breites Spektrum an Optionen für die gezielte Unterstützung – von persönlichem Coaching bis zu selbstbestimmtem Lernen mit interaktiven Formaten. Digitale Formate schaffen dabei die Option, das Training jederzeit verfügbar und überall flexibel in den Alltag einzubauen. Kurze Trainingseinheiten und Micro-Learning helfen ad-hoc, und selbst ein persönlicher Coach kann per Video-Session jederzeit ins Haus kommen.

So funktioniert gezielte Unterstützung in der Praxis

Wie typische Profile von Kandidatinnen aussehen und wie Unternehmen diese Talente unterstützen, fördern und halten, lässt sich an zwei Beispielen aufzeigen:

Julia ist eine junge Mitarbeiterin, die bereits vielversprechende Qualitäten gezeigt hat, um sich für eine Führungsrolle zu qualifizieren. Sie möchte jedoch weiterhin in Teilzeit arbeiten, um ihre junge Familie zu unterstützen. Zudem würde Julia sich durch ein spezielles Trainingsprogramm – das sie in ihrer neuen Rolle unterstützt – sicherer fühlen, während sie parallel dazu ihre Hard-Skills ausbaut.

Julias Arbeitgeber nutzt eine Lernplattform mit Assessment und Benchmarking-Funktionen. Nachdem die Teamleitung mit Julia besprochen hat, dass man ihr Engagement sehr schätzt und sie gerne beim Ausbau ihrer Fähigkeiten und Karriereplanung unterstützen möchte, absolviert sie einen Benchmarking-Test. Auf Basis ihrer detaillierten Ergebnisse erhält Julia ein granulares Feedback darüber, welche Themenbereiche sie bereits gut beherrscht und wo sie weitere Kenntnisse aufbauen kann. Hierfür werden auch gleich die passenden Kursvorschläge unterbreitet, die zu Julias Leistungsstand passen. Eine sogenannte Lernreise zeigt, wie viel Zeitinvestition für die Weiterqualifikation notwendig ist und welche Teilziele im fortschreitenden Verlauf erreicht werden.

 

Eva ist eine langjährige Mitarbeiterin mit sehr guten Fachkenntnissen. Ihr Unternehmen möchte sie auf keinen Fall verlieren und sie in eine leitende Position weiterentwickeln. Eva möchte zwar weiterarbeiten, aber nicht mehr in Vollzeit. Trotz ihrer hervorragenden technischen Fähigkeiten und Berufserfahrung ist sie zudem etwas besorgt, welche ausserfachlichen Aufgaben mit der Leitung des Teams verbunden sind. Sie hatte noch nie eine Führungsposition und ist daher verunsichert, ob sie durchsetzungsfähig genug ist, sich in der richtigen Weise zu präsentieren und das Team auch gegenüber der Geschäftsleitung zu vertreten.

Ihre Firma stellt Eva einen Zugang zu einem Leadership Development Programm bereit, auf das sie über die gewohnte Lernplattform zugreifen kann. Da sie etwas darüber lernen möchte, wie sie ihr Team effektiv entwickeln kann, konzentriert sie sich auf das Angebot «Entwicklung von Mitarbeitenden» mit von Expertinnen und Experten kuratierten Lerninhalten. Zusammen mit einem persönlichen Coach konzentriert sie sich auf die Frage, wie sie Prioritäten für die zu erledigenden Aufgaben setzen kann, während sie trotz Unsicherheiten und ständiger Veränderung wichtige Entscheidungen treffen muss. Die Benchmark-Funktion, zu der sie ihre Teammitglieder einladen kann, hilft ihr auch dabei zu verstehen, wo die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden liegen und wo sie einzelne Personen mit Trainings unterstützen kann. Die Lernplattform und das Mentoring festigen die Führungsqualitäten von Eva und die Zusammenarbeit und Weiterentwicklung des Teams.

 

Fazit

Es ist an der Zeit, Rollenklischees aufzubrechen und neue Modelle für Führungspositionen zu fördern. So können Unternehmen wertvolle qualifizierte Mitarbeitende längerfristig binden, offene Schlüsselpositionen besetzen und von einer besseren Geschlechterverteilung profitieren. Gezielte Trainings, Lernangebote und Coachings helfen dabei, die Führungskräfte nicht nur bei den fachlichen Anforderungen, sondern auch bei den notwendigen Soft Skills zu unterstützen.

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Birgit Weissenberger

Birgit Weissenberger ist Enterprise Account Director bei Skillsoft, einem Spezialisten für digitales Lernen in Unternehmen. Auch auf weiteren Stationen ihrer 15-jährigen Karriere hat sie das Thema Corporate Learning und Mitarbeiterentwicklung bereits begleitet. Als aktive Marktbeobachterin und durch den aktiven Dialog mit Kunden, kennt sie sie aktuelle Herausforderungen vieler Unternehmen.

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