Lohndiskriminierung

Equal Pay Day: 4 Fakten zur Lohnungleichheit

In der Schweiz markierte dieses Jahr der 18. Februar den Equal Pay Day – ein Aktionstag für die Lohngleichheit, der die Lohnschere sichtbar macht. Warum Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern existieren und wie HR und Führungskräfte Gleichstellung im Unternehmen fördern.

In der Schweizer Privatwirtschaft verdienen Frauen 13,8 Prozent weniger als Männer (berechnet aufgrund der Lohnstrukturerhebung 2020 des Bundes). Das entspricht auf das Jahr umgerechnet 49 Tage, die Frauen ohne Lohn arbeiten – in 2023 also bis zum 18. Februar. Um diese Lohnschere zu verdeutlichen, findet der Equal Pay Day deshalb jedes Jahr an einem anderen Datum statt. In der Schweiz wird die internationale Bewegung Equal Pay Day seit dem 15. März 2009 durch die BPW durchgeführt. Das heisst, dass sich die Lohnungleichheit seit der Einführung des Aktionstages um fast einen Monat gebessert hat. Eine erfreuliche Entwicklung, aber: «Wenn es in diesem Tempo weitergeht, brauchen wir weitere 20 Jahre bis wir beim 1. Januar sind», bedauert Brigitte Ramseier, Co-Geschäftsführerin der BPW.

1. Auch ein begründeter Lohnunterschied kann diskriminierend sein

Wenn eine Frau für die gleichwertige Arbeit weniger Lohn also ein Mann erhält, wird das als direkte Lohndiskriminierung bezeichnet. Häufig wird in Studien und Statistiken von erklärbaren Lohnunterschied und nicht erklärbaren Lohnunterschied gesprochen. Dabei würde ein erklärbarer Lohnunterschied – beispielsweise fehlende Kompetenzen, geringere Qualifikationen, mangelnde Erfahrung – oft mit «nicht diskriminierend» gleichgesetzt. Das sei falsch, meint Brigitte Ramseier. Selbst der erklärbare Unterschied enthalte diskriminierende Elemente. Dazu nennt sie das Beispiel von Frauen unter 40 Jahren, denen aufgrund des vermeintlichen Risikos einer Schwangerschaft nicht die gleichen Karrieremöglichkeiten wie ihren männlichen Kollegen geboten werden. Dies führe dazu, dass Frauen mit besseren Qualifikationen dasselbe oder sogar weniger verdienen als Männer, weil sie nicht gleich unterstützt und bezahlt werden.

2. Lohndiskriminierung steigt mit dem Karrierelevel

Lohndiskriminierung zeigt sich demnach nicht nur im Lohnunterschied, sondern in der Tatsache, dass hauptsächlich Männer die besser entlöhnten Kaderpositionen einnehmen. Das Phänomen der «gläsernen Decke» zeigt, dass fehlende Kompetenz nicht ausreichend begründet, wieso Frauen nicht befördert werden. Als konkretes Beispiel nennt Brigitte Ramseier «gebrochene Lebensläufe», die durch eine Mutterschaft entstehen können. Diese würden nicht als Qualifikationsmerkmal, sondern als fehlende Berufserfahrung gewertet.

3. «Frauenberufe» haben ein tieferes Lohnniveau

In der Schweiz wurden im Jahr 2021 rund 60 Prozent der Arbeitsstellen mit einem Monatslohn von unter Fr. 4'500 von Frauen besetzt. Im Gegensatz dazu wurden aber 82,4 Prozent der Positionen mit einem Monatslohn von über Fr. 16'000 von Männern eingenommen (EPD-Argumentarium, 2021). Dies nicht nur aufgrund der erwähnten hierarchischen Differenz, sondern weil Branchen mit einem hohen Frauenanteil ein tieferes Lohnniveau aufweisen verglichen mit Branchen, in der mehr Männer beschäftigt sind. Branchenübergreifend ist die Lohnungleichheit in der Gastronomie am geringsten und in der Finanzdienstleistung am grössten, sagt Ramseier. Sie relativiert aber, dass der Lohnabstand anders ausfällt, weil die Gastronomie zu den Tieflohnbranche gehört, während die Finanzdienstleistung eine Hochlohnbranche darstellt. «Dass die Gastronomiebranche aktuell unter Personalmangel leidet, dürfte die Situation für die Frauen verbessern», mutmasst die Co-Geschäftsführerin der BPW. Einen Grund für die Lohnungleichheit in der Finanzdienstleistungsbranche vermutet sie in der «männlich geprägten Kultur», welche sich auf die Gehaltsstruktur auswirke.

4. Lohnungleichheit hat langfristige Folgen

Die Einkommensdifferenz wirkt sich nicht nur auf die unmittelbare finanzielle Situation und Unabhängigkeit von Frauen aus, sondern prägt die gesamte Gesellschaft. Gemäss dem Bundesamt für Statistik arbeiteten im Jahr 2021 58,6 Prozent der erwerbstätigen Frauen Teilzeit, häufig aus familiären Gründen («Teilzeitarbeit», 2021). Ungenügende oder zu teuere externe Betreuungsplätze für Kinder, aber auch die mangelnden Teilzeitangebote für Männer, die sich ihrer Familie widmen möchten seien hier wichtige Faktoren gemäss Ramseier. Niedrigere Pensen wirken sich langfristig auf die Altersvorsorge aus: Laut Pro Senectute betrifft die Altersarmut Frauen am stärksten – unter anderem weil sie Erwerbslücken aufweisen durch tiefes Einkommen, Teilzeitarbeit/Mehrfachbeschäftigung, oder Erwerbsverzicht, um sich um die Familie zu kümmern («Armut im Alter»). Dazu kommt, dass die Ausgestaltung der zweiten Säule nicht zeitgemäss sei, meint Brigitte Ramseier. «Sie beruht immer noch auf dem Prinzip, dass der Mann für die finanzielle Versorgung der Familie zuständig und deren Oberhaupt ist.»

Wie fördert das HR die Gleichstellung am Arbeitsplatz?

Die Wirtschaft ist auf das Arbeitskraftpotenzial von Frauen angewiesen. Auch deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen sich für die Gleichstellung einsetzen. Lohntransparenz sei ein guter Anfang, weil es den Druck erhöht, faire Löhne auszuzahlen, bestätigt Brigitte Ramseier. Doch das allein reiche nicht. Die Co-Geschäftsführerin der BPW zeigt auf, wie Führungskräfte und HR für mehr Gleichstellung am Arbeitsplatz sorgen:

  • Vorsorgepläne ohne Koordinationsabzug anbieten
  • Teilzeitstellen für Frauen und Männer ermöglichen
  • Geteilte Führungspositionen erlauben
  • Auf gemischte Teams und Diversität setzen
  • Mütter in der Karriere unterstützen

Für die Gleichstellung brauche es alle Player, motiviert Ramseier. Sowohl in der Politik, welche die gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft, wie auch die Unternehmen, die ein faires Arbeitsumfeld bieten. Aber auch Frauen (und Männer), die sich für eine gerechte Entlöhnung einsetzen.

 

BPW Switzerland

Der Verband von Business and Professional Women Schweiz (BPW) setzt sich seit 75 Jahren für die Interessen von berufstätigen Frauen ein. Ziel ist die Verbesserung der wirtschaftlichen und politischen Beteiligung von Frauen in der Schweiz. Der Verband führt zusätzlich 40 Clubs in sämtlichen Sprachregionen, um berufstätige Frauen zu unterstützen und zu fördern. Brigitte Ramseier übernimmt zusammen mit Linda Herzog-Mayer die Geschäftsführung. Claudine Esseiva und Sandra Jauslin teilen sich das Präsidium.

Um die Gleichstellung im Unternehmen zu fördern, motivieren alliance F und BPW Unternehmen am Projekt «Check your Salary» teilzunehmen.

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Online-Redaktorin, HR Today. jc@hrtoday.ch

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