Rollentausch oder wie man eine attraktive Arbeitgebermarke aufbaut
Gut qualifizierte Fachkräfte haben die Qual der Wahl – und hohe Ansprüche. Um begehrte Talente anzuwerben, müssen Unternehmen nicht nur die eigenen Werte hinterfragen, sondern auch deren Inszenierung.
Rollentausch: Künftig müssen sich Arbeitgebende den Forderungen von Arbeitnehmenden anpassen. (Bild: iStock)
Die Arbeitswelt ist im Wandel, «New Work» lautet inzwischen das Credo. Ganz neu ist dieser Begriff nicht, bereits in den 1970er-Jahren wurde diese Arbeitsweise von dem amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann entwickelt. Doch erst im Zuge der Digitalisierung und verstärkt durch die Corona-Pandemie ist New Work eine Forderung, die viele Angestellte stellen – und Arbeitgebende müssen sich anpassen.
Es geht nicht nur um digitales Arbeiten aus dem Homeoffice. New Work beinhaltet auch Selbstverwirklichung und Sinnstiftung: Immer mehr Bewerbende suchen ihren Job nach der Prämisse aus, dass er zu ihren eigenen Werten und Wünschen passt. Arbeit muss Spass machen, also muss die Tätigkeit zu den Mitarbeitenden passen, ebenso das Team und das Unternehmen. Starre Dienstpläne und Präsenzpflicht im Büro gehen mit den Anforderungen der Mitarbeitenden nicht mehr einher – zumal die Pandemie bewiesen hat, dass Arbeiten auch anders funktioniert. Zusätzlich beinhaltet New Work das lebenslange Lernen, denn Mitarbeitende wollen sich weiterentwickeln.
Active Sourcing und Employer Branding
Unternehmen, die den neuen Anforderungen ihrer Mitarbeitenden nicht nachkommen, riskieren den Verlust vor allem qualifizierter Fachkräfte. Denn diese sind in vielen Bereichen auf dem Arbeitsmarkt rar und deshalb gefragt wie nie. Klassische Bewerbungsverfahren, bei denen sich zig Interessenten auf eine Stellenausschreibung melden und die Arbeitgeberin entscheidet, wen sie einstellt, sind überholt. Vielmehr müssen Unternehmen im Zuge von Active Sourcing auf Fachkräfte zugehen, und diese suchen sich ihren neuen Job aus einer Vielzahl von Angeboten aus. Für Unternehmen ist es daher essenziell, aus der Masse als gute Arbeitgebende herauszustechen. Hier kommt Employer Branding ins Spiel.
Für Unternehmen gilt es, sich nach aussen hin zu öffnen und aktiv zu präsentieren – als Arbeitgebende, deren Mitarbeitende zufrieden sind. Schon allein mit der Nachricht, die Recruiterinnen und Recruiter über Berufsnetzwerke wie LinkedIn oder Xing an Fachkräfte verschicken, müssen sich Unternehmen abheben. Denn gutes Personal ist begehrt und bekommt in der Regel nicht nur eine Nachricht. Stimmt der erste Eindruck, recherchieren die Kandidatinnen und Kandidaten über das Unternehmen, bevor sie auf Anfragen oder Inserate reagieren. Naheliegend ist es, auf die Internetseite des Unternehmens zu schauen oder durch die Social Media-Kanäle zu scrollen. Wohlbemerkt: Mindestens diese Dinge braucht es im Wettbewerb um gutes Personal!
Kernfragen in Unternehmensdarstellung beantworten
Um Interessenten davon zu überzeugen, sich beim potenziellen neuen Arbeitgebenden vorzustellen, müssen Kandidaten und Kandidatinnen folgende Fragen bereits im Vorfeld beantworten können:
- Welche Werte vertritt das Unternehmen?
- Wofür steht es?
- Wie zufrieden sind die Mitarbeitenden?
- Was macht das Arbeiten aus?
- Wie ist das Miteinander unter den Mitarbeitenden und mit den Vorgesetzen?
- Welche Perspektiven bieten sich?
- Wodurch hebt sich das Unternehmen vom Wettbewerb ab?
In beschreibenden Texten auf der Unternehmensseite, in Social Media Posts und Videos können Unternehmen genau das zeigen. Wichtig: Employer Branding muss authentisch sein! Videos sollten im Arbeitsalltag oder bei gemeinsamen Aktivitäten und mit den eigenen Mitarbeitenden gedreht werden. Wer Szenen mit Schauspiel inszeniert, wird in der Regel leicht enttarnt – spätestens im Vorstellungsgespräch oder in der Probezeit. Die Folge: Fachkräfte heuern gar nicht erst an oder kündigen schnell wieder und machen die Lügen in ihren Netzwerken publik. Damit werden dann auch weitere Interessenten abgeschreckt.
Employer Branding: Vorteile für Unternehmen und Bewerbenden
Employer Branding bietet sowohl den Unternehmen als auch den Talenten Vorteile:
- Unternehmen erreichen eine bessere Resonanz und Rücklaufquote auf ihre Inserate und Recruiting-Anfragen
- Das Interesse von Fachkräften am Unternehmen steigt
- Talente bekommen ein glaubwürdiges Bild vom Unternehmen vermittelt
- Der Entscheidungsprozess für die Talente wird leichter
- Vorstellungsgespräche haben bereits eine Basis: Unternehmen haben ihre Anforderungen klargemacht, Talente haben sich darüber bereits informiert.
Es geht im Gespräch dann um offene Fragen und das persönliche Kennenlernen. Je offener der Austausch zwischen Bewerbenden und Arbeitsgebenden ist, desto höher ist die Erfolgsquote – für beide Seiten. Enttäuschungen aufgrund von falschen Erwartungen bleiben aus. Die Zeit, die beide Seiten in ein Vorstellungsgespräch und die Einarbeitung stecken, wird nicht verschwendet. Employer Branding macht den Bewerbungsprozess daher wertschöpfender.
Gezielte Fachkräfte für Recruiting und Employer Branding
Da Employer Branding und gezieltes Recruiting eine Mischung aus Marketing und Human Ressources sind, lassen sich diese Aufgaben nicht zwingend einer Abteilung zuschreiben – auch, weil sie umfangreich sind und die Mitarbeitende überlasten würden. Es ist sinnvoll, diese Aufgaben bestimmten Mitarbeitenden zuzuweisen und dafür eigene Stellen zu schaffen. Denn ohne Employer Branding und Recruiting haben Unternehmen im Wettbewerb um Talente kaum noch eine Chance. Beides sollte daher nicht stiefmütterlich behandelt werden.