Selbstverantwortliche Employability – Und was muss der Arbeitgeber tun?
Die Mitarbeitenden im Erhalt ihrer Arbeitsmarktfähigkeit zu unterstützen, war bislang für viele Unternehmen ein Dorn im Auge. Zu gross war die Angst, sie an Konkurrenten zu verlieren. Eine zu kurzsichtige Sichtweise. Nur, wie viel muss ein Arbeitgeber für die Entwicklung seiner Mitarbeiter tun und was liegt in deren eigenen Verantwortung?
Lange Zeit wurde die Beschäftigungsfähigkeit und Arbeitsmarkt-Fitness der Mitarbeiter als ein Anliegen und Interesse der Arbeitnehmer betrachtet. Die Unternehmen haben sich allerdings immer schwer damit getan, sich für die Arbeitsmarktfähigkeit ihrer Mitarbeiter starkzumachen, ja sogar darin zu investieren. Investitionen seien nur dann zu rechtfertigen, wenn sie unmittelbar der Funktionsausübung des Mitarbeiters dienen und dem Bedürfnis des Unternehmens entsprechen. Wenn es um Entwicklung und Qualifizierung von Mitarbeitern geht, schwingt häufig die latente Angst mit, dass diese aufgrund ihrer gesteigerten Attraktivität dann eher von Mitbewerbern abgeworben werden. Warum soll also in einen Mitarbeiter investiert werden, wenn man keine Gewähr hat, ihn dann auch behalten zu können?
Employability ist kein Nebenprodukt betriebsinterner Anstrengungen
Heute wissen Unternehmen aber, dass es in ihrem eigenen Interesse liegt, in die Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter zu investieren. Unternehmen sind ständig im Umbruch. Wandel wird zum Zustand, Umstrukturierungen und Change Management werden Bestandteile der täglichen Führungsarbeit. Man bekommt manchmal sogar das Gefühl vermittelt, als würden sich gewisse Konzerne lieber mit sich selber als mit den Kunden beschäftigen.
Diese Veränderungsdynamik führt zu einem grossen Bedürfnis der Unternehmen nach interner Mobilität der eigenen Mitarbeiter. Es ist wichtig, dass Mitarbeiter inhaltlich, funktional und geografisch flexibel sind und intern laufend verschoben werden können. Ein effektives Workforce Management braucht eine hohe Employability der Mitarbeiter, ansonsten funktionieren die internen Arbeitsmärkte nicht. Flexibilität wird zum Schlüsselbegriff. Dazu kommt, dass Employability für die neue Generation Y zu einem tragenden und kritischen Element der beruflichen Zufriedenheit geworden ist. Die jungen Talente erwarten von ihren Arbeitgebern, dass konsequent in ihre Arbeitsmarktfähigkeit investiert wird und sie auch funktionsunabhängig stark gefördert werden. Somit wird Employability zu einem Gewinnungs- und Bindungsfaktor im War for Talents (siehe Seite 33).
Damit ist klar: Die Arbeitgeber müssen ein grosses und existenzielles Eigeninteresse an der Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter haben. Entsprechend dürfen sie die Verantwortung nicht den Mitarbeitern überlassen. Was bedeutet diese Verantwortung nun aber konkret für die Unternehmen? Zuerst sollte etwas klargestellt werden: Das Bekenntnis, Mitarbeiter in ihrer Arbeitsmarktfähigkeit zu unterstützen, darf nicht dazu führen, dass die Mitarbeiter bei ihrer Entwicklung keine Mitverantwortung tragen.
Das Konzept der Employability ist darauf angewiesen, dass der Mitarbeiter eigeninitiativ und selbstverantwortlich agiert und für seine Entwicklung eine Mitverantwortung übernimmt. Seine Lust an Veränderungen, seine Bereitschaft zu Anpassungen, seine Beweglichkeit im Arbeitsumfeld und sein persönliches Engagement in Entwicklungsfragen sollten vom Arbeitgeber vorausgesetzt werden. Sie sind im heutigen Umfeld Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Arbeitsverhältnis.
Die Unternehmen sind ihrerseits aber dafür verantwortlich, dass Employability nicht ein Nebenprodukt betriebsinterner Anstrengungen bleibt, sondern als ein Hauptanliegen gezielt und systematisch verfolgt wird. Prozesse und Instrumente müssen zur Verfügung stehen, Zuständigkeiten geklärt und Resultate gemessen werden. Entwicklung von Employability heisst nicht nur Weiterbildung. Folgende Aspekte sind im nachhaltigen Employability Management zwingend erforderlich: systematischer Abgleich der Kompetenzbedürfnisse von Betrieb und Branche mit den aktuellen Profilen der Mitarbeiter, Befähigung der Mitarbeiter im Karrieremanagement, regelmässige Standortbestimmungen und Karriereevaluationen, kulturelle Verankerung von Mitarbeiterförderung im Unternehmen, Coaching und Mentoring, Laufbahnplanung. Dies macht deutlich, dass Einzelmassnahmen im Employability Management nicht zum Erfolg führen werden, sondern vielmehr eine innere Grundhaltung und eine allgemeine Förderungskultur im Unternehmen dafür notwendig sind.
Auch in Zeiten der HR-Emanzipation ist Förderung eine Führungsaufgabe
Zuletzt soll eine zentrale Frage aufgeworfen werden. Wir sprechen davon, dass der Arbeitgeber massgeblich Verantwortung für das Employability Management übernehmen soll. Wer im Unternehmen soll nun diese Verantwortung wahrnehmen? Typischerweise würde man spontan meinen, dass dies klar eine HR-Angelegenheit ist. Doch das entspricht kaum der Realität.
Die Begleitung, Förderung, Entwicklung und Bindung der Mitarbeiter muss klar Führungsaufgabe sein. Auch wenn dies in der heutigen Zeit der HR-Emanzipation häufig vergessen wird und die Führungslinie einmal mehr froh wäre, sich nicht direkt um dieses Thema kümmern zu müssen: Employability Management ist Führungssache. Es erfordert eine innere Haltung, eine Überzeugung und eine wichtige Bereitschaft der Führungskraft, welche in der täglichen Führungsarbeit zum Tragen kommen muss. Der direkte Vorgesetzte ist dafür verantwortlich, seine Mitarbeiter entsprechend zu fordern und zu fördern. Dem HR kommt dabei die Aufgabe zu, die Führungslinie dafür zu sensibilisieren und bei der Entwicklung einer Employability-orientierten Führungskultur im Unternehmen eine führende Rolle einzunehmen.