Sich als Arbeitgeber bewerben
Unternehmen begehen bei der Personalsuche und -auswahl oft kleine, aber folgenschwere Fehler – mit der Konsequenz, dass heisse Kandidaten sich für einen anderen Arbeitgeber entscheiden.
Ein Bewerber sollte sich während eines Vorstellungsgesprächs wohl fühlen. (Bild: 123RF)
Wirklich gute Bewerber sind für die meisten offenen Stellen in Unternehmen rar. Also haben sie die Wahl: Für wen arbeite ich künftig. Und die Unternehmen? Sie müssen um die Gunst der Top-Bewerber buhlen und sich bei ihnen als Top-Arbeitgeber profilieren.
Das ist vielen Personalverantwortlichen nicht ausreichend klar. Entsprechend nachlässig gestalten sie oft den Einstellungsprozess. Mit der Konsequenz: Mancher Top-Kandidat entscheidet sich für einen anderen Arbeitgeber – aus vermeidbaren Gründen. Deshalb hier einige Tipps, worauf Betriebe beim Gestalten des Einstellungsprozesses achten sollten.
Tipp 1: auf Augenhöhe kommunizieren
Top-Bewerber wechseln ihre Stelle nur, wenn sie von einem Unternehmen absolut überzeugt sind. Denn jeder Stellenwechsel birgt Risiken. Also sollten Betriebe alles vermeiden, was bei Bewerbern das Gefühl erzeugt, ein Bittsteller zu sein. Das beginnt bei der Frage: Schreibt das Unternehmen den Vorstellungstermin vor oder sucht es mit dem Kandidaten einen passenden Termin? Wird der Bewerber wie ein Gast empfangen oder zunächst wie ein Gepäckstück im Vorzimmer geparkt? Und wie verläuft das Vorstellungsgespräch? Wie ein Verhör oder ein Gespräch auf Augenhöhe? Hat ein Bewerber das Gefühl «Ich werde nicht mit Respekt behandelt», schenkt er einem anderen Betrieb seine Sympathie.
Tipp 2: den Einstellungsprozess definieren
Top-Bewerber haben meist mehrere Eisen im Feuer. Also muss das Unternehmen die Mitbewerber ausstechen. Hierfür muss der Einstellungsprozess so professionell gestaltet sein, dass beim Bewerber das Gefühl entsteht: Diesem Betrieb kann ich vertrauen. Das gelingt vielen Unternehmen nicht. Denn sie haben zwar ihre Prozesse im Vertrieb schriftlich fixiert. Doch bei der Personalsuche agieren sie nach der Maxime: Irgendwie klappt das schon, und auf zwei, drei Tage kommt es nicht an. Die Folge: Die guten Bewerber sind zunehmend von Kleinigkeiten irritiert. Also unterschreiben sie den Arbeitsvertrag, wenn er ihnen vorliegt, nicht. Zum Beispiel, weil sie inzwischen Zweifel hegen: Werde ich in dem Betrieb glücklich? Oder weil ein anderes Unternehmen schlicht schneller und professioneller war.
Tipp 3: Wertschätzung signalisieren
Wenn ein Kandidat ein Unternehmen besucht, ist er dessen Gast. Also behandeln Sie ihn so. Zum Beispiel, indem Sie dafür sorgen, dass im Vorstellungsgespräch auch mal der «Big Boss» vorbeischaut – selbst wenn dies inhaltlich nicht nötig wäre. Und sagen Sie ab und zu ein paar lobende Worte. Zum Beispiel über die Ausbildung des Bewerbers. Oder seine bisherige Tätigkeit. Das schafft eine angenehme Atmosphäre. Auch Angebote wie «Sollen wir mal an Ihrem möglichen künftigen Arbeitsplatz vorbeischauen?», werden meist begrüsst. Und auch folgende Frage schadet nie: «Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihren künftigen Arbeitgeber aus? Schliesslich stehen einer so qualifizierten Arbeitskraft wie Ihnen viele Türen offen.»
Tipp 4: über das Verfahren informieren
Fragt man Stellensucher nach dem Stand ihrer Bewerbungen, antworten sie oft: Keine Ahnung. Zuweilen sind sie sogar unsicher, ob ihre Bewerbungsunterlagen ankamen. Denn viele Betriebe versenden keine Eingangsbestätigungen mehr, in denen das Prozedere kurz erläutert wird. Das macht auf Bewerber keinen guten Eindruck.
Ähnlich ist es, wenn nach Bewerbungsgesprächen das weitere Vorgehen in der Schwebe bleibt. Warum nicht mit offenen Karten spielen und zum Beispiel sagen: «Sie sind der erste von drei Bewerbern, die wir eingeladen haben. Haben Sie deshalb bitte circa zwei Wochen Geduld, was unsere Entscheidung angeht. Denn der dritte Bewerber hat erst nächste Woche Zeit.» Das schafft Vertrauen.
Tipp 5: Versprechen einhalten
Oft begehen Unternehmen folgenden Fauxpas: Die Fachabteilung sichert einem Bewerber zu, dass er in drei Tagen den Arbeitsvertrag erhält. Sie weiss aber nicht, dass der Zuständige in der Personalabteilung gerade auf einer mehrtägigen Schulung ist. Die Folge: Der Arbeitsvertrag trifft verspätet ein. Solche «Kleinigkeiten» führen oft dazu, dass sich Bewerber umentscheiden. Denn werden Zusagen nicht eingehalten, fängt bei ihnen das Gedankenkarrussel an zu kreisen: Spielt das Unternehmen mit gezinkten Karten? Bin ich doch nur zweite Wahl? Und erhält der Bewerber zwischenzeitlich ein anderes attraktives Angebot, dann schlägt er zu.
Informieren Sie Bewerber also rechtzeitig über Verzögerungen. Und nennen Sie hierfür plausible Gründe. Denn meist haben Verzögerungen banale Ursachen. Diese kennt der Bewerber aber nicht. Also beginnt er zu spekulieren und hinterfragt im Extremfall seine Entscheidung.
Tipp 6: Die Beziehung pflegen
Bei Top-Positionen dauert der Auswahl- und Einstellungsprozess oft mehrere Monate. Da schadet es nicht, zwischenzeitlich mal zum Telefonhörer zu greifen und mit den heissen Kandidaten einen Plausch zu führen. Und was spricht dagegen, ihnen mit ein, zwei handschriftlichen Zeilen zum Beispiel die neueste Ausgabe der Mitarbeiterzeitung zu senden? Auch das vermittelt ihnen das Gefühl: Ich werde als Person wahrgenommen und bin ein heisser Kandidat.