Recruiting

Social Media verleihen der Mitarbeiterempfehlung Schubkraft

Weshalb nicht eigene Mitarbeitende in Social Networks neue Mitarbeitende ­anwerben lassen? Nur wer die Wirkungs­mechanismen von Mitarbeiterempfehlun­gen und Social Media versteht, kann sie zielführend verknüpfen.

Für vier von fünf Unternehmen stellt die Mitarbeiterempfehlung einen wichtigen Rekrutierungskanal dar. Im Wettbewerb um Talente sehen sich die Unternehmen gemäss der Studie «Recruiting Trends 2012 Schweiz» jedoch mit der Herausforderung konfrontiert, die Potenziale der Mitarbeiternetzwerke zukünftig noch besser auszuschöpfen. Dazu bieten Social Media wie Facebook, Xing oder Twitter neue Möglichkeiten.

Zu hohe Belohnungen verleiten zur Empfehlung unpassender Personen

Ob online oder offline, die Personalbeschaffung über Mitarbeiterempfehlungen funktioniert ähnlich. Mitarbeitende verbreiten auf dem kostengünstigen Mund-zu-Mund-Kanal die Nachricht über die offene Stelle und überlegen sich dabei, wen sie informieren und für wen sie bereit sind, gegenüber dem Arbeitgeber zu bürgen. Bei dieser Entscheidung ziehen sie sowohl private Kenntnisse über den Arbeitgeber als auch über ihre Bekannten bei. Gute Empfehlungen rücken den Mitarbeitenden sowohl beim Arbeitgeber als auch in seinem Bekanntenkreis in ein gutes Licht. Schlechte Empfehlungen besitzen die gegenteilige Wirkung.

Unternehmen, die Mitarbeiterempfehlungsprogramme pflegen, halten die Empfehlungen ihrer Mitarbeitenden formal fest. Für erfolgreich vermittelte Kandidaten stellen sie meist eine Belohnung in Aussicht mit dem Ziel, die Suche der Mitarbeitenden anzuregen und zu entschädigen. Zu hohe Belohnungen verleiten allerdings dazu, auch ungeeignete Bewerber zu empfehlen.

Mitarbeiterempfehlungen eilt der Ruf voraus, geeignete Kandidaten zu generieren. Wissenschaftliche Langzeitstudien zeigen jedoch ein anderes Bild: Zwar erhalten empfohlene Bewerber häufiger ein definitives Stellenangebot als Bewerber ohne Empfehlung, empfohlene Mitarbeitende leisten aber nicht mehr und werden folglich auch nicht häufiger befördert als ihre nicht empfohlenen Kollegen. Einzig die Fluktuationsrate empfohlener Mitarbeitenden in den ersten zwei Jahren der Anstellung fällt im Vergleich leicht tiefer aus. In dieser Zeit scheitern Arbeitsverhältnisse häufig an einer fehlgeschlagenen Eingliederung des Mitarbeitenden. Die Eingliederung empfohlener Mitarbeitender scheint also erfolgreicher zu verlaufen als von anderweitig rekrutierten Mitarbeitenden.

Drei Ursachen sind dafür denkbar. Erstens entstehen Bekanntenkreise nicht durch Zufall. Freunde ähneln sich meist in der Wertehaltung und im Lebenslauf. Passt ein Mitarbeitender gut ins Unternehmen, passt sein Freund höchstwahrscheinlich auch gut ins Unternehmen. Neue Sichtweisen bringt er aber eher nicht mit. Jedoch erreichen Mitarbeitende auch Kandidaten, die nicht aktiv eine Stelle suchen und wirken dabei oft glaubhafter als Recruiter, schliesslich kann der Arbeitgeber die privat agierenden Mitarbeitenden nicht zensieren.

Zweitens selektieren die eigenen Mitarbeitenden ihre Bekannten vor und empfehlen jene Kandidaten, die sich schnell in die Kultur des Unternehmens einfügen. Eine erfolgsversprechende Vorselektion bedingt jedoch, dass der Mitarbeitende sowohl mit dem Bekannten als auch mit der zu besetzenden Stelle gut vertraut ist. Mitarbeiterempfehlungen gelten deshalb in kleineren Betrieben, in denen jeder jeden kennt, als effektiver.

Die empfohlenen Mitarbeiter wissen, was sie erwartet

Drittens erhalten empfohlene Mitarbeitende eine bessere Starthilfe durch die empfehlenden Mitarbeitenden. Diese setzen ihre Schützlinge detailliert darüber ins Bild, was sie erwartet, und unterstützen sie bei der sozialen Eingliederung. Wird die Hilfe unter Freunden allerdings zu intensiv gepflegt, artet sie leicht in Günstlingswirtschaft aus. Zudem profitieren gemäss amerikanischen Studien häufiger männliche Arbeitnehmende, die keiner Minderheit angehören, von der Mitarbeiterempfehlung.

Mitarbeiterempfehlungen galten bis anhin als langsamer Rekrutierungskanal mit eingeschränkter Reichweite. Persönlich vermögen es Menschen, bis zu 150 Kontakte zu unterhalten, im Internet können sie aber mit mehr Menschen verbunden sein. Und über Social Media lassen sich Nachrichten schnell verbreiten.

Um die elektronische Verbreitung von Stellenausschreibungen im Mitarbeiternetzwerk anzukurbeln, helfen die Erkenntnisse des Viral Marketings. Menschen verbreiten jene Nachrichten über Social Media häufiger, die ihr Ansehen steigern, ihnen selbst aber leicht zugänglich sind. Berücksichtigt ein Mitarbeitender bei der Besetzung einer offenen Stelle seine Bekannten, bringt ihm das im Regelfall Sympathie entgegen. Die Hauptaufgabe der Unternehmen liegt daher darin, die Information über Vakanzen so zu platzieren, dass die eigenen Mitarbeitenden bei der täglichen Arbeit damit in Kontakt kommen.

Wie Firmen ihre Mitarbeiter auf die bevorzugte Plattform führen

Für die Verbreitung von Stellenausschreibungen eignen sich Businessnetworks, wie Xing oder LinkedIn, generell besser als Social Networks, welche die Pflege privater Kontakte bezwecken. Empfänger von Stellenangeboten empfinden es nicht nur als legitimer, über eine bereits auf Karriere ausgerichtete Plattform kontaktiert zu werden, sie leiten die Information auch eher im eigenen Netzwerk weiter. Zwar kann ein Unternehmen nicht kontrollieren, wie Mitarbeitende ihre Bekannten kontaktieren, es kann sie aber mittels im Stelleninserat eingebettete Share-Buttons auf die bevorzugte Plattform lenken. Die Betätigung dieses Buttons, der für fast alle Social Media existiert, macht das Stelleninserat im On­lineprofil des Betätigers ersichtlich.

Dank Social Media bleibt der Bekanntenkreis der Mitarbeitenden für die Unternehmen nicht mehr anonym. Unternehmen können gut vernetzte Mitarbeitende mit interessantem Bekanntenkreis in den Social Networks identifizieren und als ihre Botschafter gewinnen. Die Rolle des Botschafters besteht dabei aus der Online-Veröffentlichung von Vakanzen und anderen Informationen sowie aus der Gestaltung von Online-Dialogen über das Unternehmen.

Social Media erreichen zwar eine breitere Streuung der Mitarbeiterempfehlung, erhöhen aber die durchschnittliche persönliche Distanz der Mitarbeitenden zu den Empfängern. Eine ­höhere persönliche Distanz führt zur ­Abschwächung der Effekte der Mitarbeiterempfehlung: Die Qualität der Vorselektion durch die Mitarbeitenden nimmt ab, die Starthilfe gegenüber den Bekannten vermindert sich, die Ähnlichkeit von Mitarbeitenden und empfohlenen Bewerbern reduziert sich. Im Zeitalter der Social Media ist daher definitiv davon abzuraten, von der Empfehlung auf die Eignung eines Kandidaten zu schliessen. Fazit: Die Mitarbeiterempfehlung kann mittels Social Media ein effektiverer Rekrutierungskanal werden, ein gutes Auswahlinstrument ist sie aber nicht.

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Dr. Manuela Morf, Oberassistentin am Center für Human Resource Management (CEHRM), Universität Luzern.

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