Temporärarbeit

Temporär, aber festangestellt

Um als HR-Organisation flexibel zu bleiben, greifen immer mehr Unternehmen auf externe Dienstleistungen zurück. 
Sie lagern ganze Teilbereiche aus oder stützen sich auf temporäre Mitarbeitende. Wachstum verzeichnet ein neues Modell: Flexible Sourcing. Die Firma Avenir hat HR-Profis eingestellt, um sie Kunden beizustellen. Ein Einblick.

Innovative Unternehmen bewegen sich schnell und wendig auf ihren Märkten. Ein Erfolgsrezept solcher Firmen sind flexible Strukturen und anpassungsfähige Mitarbeitende. Beides erfordert nicht nur ein modernes HR-Management, sondern auch eine agile HR-Organisation mit flexibel einsetzbaren HR-Mitarbeitenden. Der Einsatz von temporären Mitarbeitenden erhält in diesem Zusammenhang eine immer grössere Bedeutung. Aber auch Outsourcing wird als beliebtes Instrument zur Optimierung der Geschäftsprozesse und für die Fokussierung auf das Kerngeschäft eingesetzt. Alles wird auf seine Auslagerungsfähigkeit hin überprüft. Das Ziel sind höchstmögliche Flexibilität bei grösstmöglicher Sicherheit und der Tausch von fixen Kosten in variable Kosten. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Klarere Anspruchshaltung, ohne Rücksicht auf Internas
  • Minime Pflichten
  • Gleiche oder bessere Qualität bei höherer Effizienz
  • Variable, budgetierbare und transparente Kosten

Gegenüber Lieferanten oder Outsourcing-Partnern kann man als Kunde eine andere Haltung einnehmen, als das bei internen Stellen je möglich ist, und man darf die Dienstleistungen mit einer noch klareren Anspruchshaltung und minimen eigenen Pflichten erwarten. Um qualitativ konstant hohe Leistungen zu erhalten, werden Service Level Agreements vereinbart, die unter anderem die Reaktionszeiten und Sicherheitsstandards ebenso definieren wie die quantitativen und qualitativen Aspekte der externen Dienstleistung.

Das Outsourcing als solches unterstand in den letzten Jahren einer starken Professionalisierung und einem grossen Wandel. Heutzutage ist es durchaus üblich, gerade auch bei Querschnittsfunktionen wie Finanzen, IT oder HR, einzelne Prozesse und sogar ganze Bereiche auszulagern, sogenanntes Business Process Outsourcing oder Managed Services. Im Zuge dessen wurden mancherorts die eigenen HR-Strategien überprüft und HR-Organisationen auf zukünftige Entwicklungen hin angepasst, sodass sie als agile Organisationen flexibel auf Veränderungen reagieren können.

HR-Personal wurde eingespart

Als einer der grössten Kostenblöcke war und ist das eigene Personal und damit auch das eigene HR diesen laufenden Veränderungsprozessen unterworfen. Bei verschiedenen Prozessschritten konnte durch Optimierungen HR-Personal eingespart werden. Der Trend geht weiter in eine zunehmende Flexibilisierung der Beschäftigungsformen von HR-Mitarbeitenden: Nebst dem traditionellen Festanstellungsmodell werden HR-Mitarbeitende zunehmend variabel beschäftigt (zum Beispiel je nach Projekten oder Spitzen im Arbeitsvolumen) oder sie werden als temporäre Mitarbeitende über einen externen Dienstleister eingesetzt. Gleichzeitig wurden durch die Veränderungsprozesse HR-Aufgaben auf die Linien verlagert oder ebenfalls an Dienstleister abgegeben, die im rechtlichen Sinne die Verantwortung für die temporär Beschäftigten innehaben.

Die Kosteneinsparungen in diesen Bereichen wurden aber nicht alleine durch die Optimierung und das eigentliche Outsourcing erreicht, sondern auch durch die  Schlechterstellung von temporären Mitarbeitenden. Das führte zu Fehlentwicklungen, die nicht zuletzt durch schärfere Kontrollen und den GAV Personalverleih vom Dezember 2011 korrigiert werden sollten. Trotz aller Bemühungen gibt es jedoch immer noch fühlbare Unterschiede zwischen temporär Beschäftigten und Festangestellten sowie unfaire Behandlungen seitens des Verleihers gegenüber seinen temporären Mitarbeitenden. Das Druckpotenzial in diesen stellenweise prekären Beschäftigungssituationen wird leider bis heute all zu oft unterschätzt.

Unsere Kunden wissen, dass ihr internes und externes Personal der entscheidende Erfolgsfaktor ihrer Unternehmung ist und auch bleibt. Doch wie diese Realität mit den Optimierungszwängen vereinen?
Die Avenir Group greift diese Fragestellung auf und hat zum einen ein Flexible-Sourcing-Modell entwickelt, das auch gesellschafts- und sozialpolitische Aspekte berücksichtigt. Zum anderen bietet Avenir aber auch in der Umsetzung und für den laufenden Betrieb selber Services im spezialisierten HR-Umfeld an.

Privilegien einer Festanstellung

Die Mitarbeitenden, die im Auftrag von uns beim Kunden im flexiblen Einsatz sind (sogenanntes «Bodyleasing»), sind gleichzeitig Festangestellte der Avenir – mit allen entsprechenden Privilegien.
Damit dieses Modell funktioniert, müssen von allen Seiten (Kunde, Dienstleister, Mitarbeitende) folgende Grundvoraussetzungen erfüllt sein:

  • 
Ein sehr hohes Vertrauensverhältnis und Verlässlichkeit
  • 
Klare und frühzeitige Kommunikation
  • 
Sehr hohe Arbeitsqualität bei geringster Fehlerquote
  • 
Spezialisierte Mitarbeitende, die Wertschätzung zurückgeben
  • 
Einen spezialisierten Servicepartner, der die soziale Verantwortung gewissenhaft zu tragen weiss

So können für den Kunden Rückstand- und Peak-Situationen aufgrund von längeren Ausfällen oder Abwesenheiten interner Fachkräfte durch Unfall oder Mutterschaft, Austritte oder Pensionierungen ebenso abgefedert werden wie Personalmangel bei Projekt- und Transformationsphasen, Reorganisationen, Firmenzusammenschlüssen, der Realisierung von strategischen HR-Projekten oder der Erweiterung von internem HR-Know-how. Ausgerichtet auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden, werden erfahrene und kompetente HR-Spezialisten auf allen Stufen beigestellt. Das kurzfristig und für eine variable Dauer. Die Kostenkontrolle behält der Kunde bei voller Transparenz und Budgetierbarkeit. Gleichzeitig weiss der Kunde, dass die Qualität der erbrachten Dienstleistungen hochwertig ist. Für die Kunden besonders wichtig ist dabei die Wertschätzung und Nachhaltigkeit, die in diesem Flexible-Sourcing-Modell durch die Festanstellung und Führung mit den Mitarbeitenden realisiert werden kann.

Unterstützung statt Konkurrenz

Ein interessantes Phänomen ist zudem, dass die beigestellten HR-Spezialisten in diesem Modell nicht als Bedrohung für die internen Festangestellten angesehen werden, sondern als willkommene Unterstützung. Rein temporär Beschäftigte werden als Bedrohung wahrgenommen, weil sie zum einen für weniger Geld und weniger Absicherung die gleiche Arbeit verrichten, zum anderen weil sie eine Festanstellung anstreben. Anders eben als beigestelltes Personal, welches bereits eine fair vergütete und abgesicherte Festanstellung besitzt. Es stellt sich in diesem Modell auch nicht die Frage, ob der externe Mitarbeitende gleichermassen am Unternehmenswohl interessiert ist. Spezialisierte, festangestellte Mitarbeitende verfügen über das nötige Berufsethos. Abschliessend ist auch die Einarbeitung solcher Fachkräfte minim, da sie es gewohnt sind, sich schnell in verschiedene Umgebungen einzufinden, und vorgängig aus dem eigenen Pool auf ihre Kompatibilität hin selektioniert werden.

Das Flexible-Sourcing-Modell bringt jedoch auch grosse Herausforderungen mit sich. Von zentraler Bedeutung ist es, Mitarbeitende zu finden, die sich als proaktive Spezialisten mit ausgeprägter Dienstleistungsmentalität verstehen. Das spiegelt sich nicht nur in der Qualität, sondern vor allem in der Belastbarkeit und Verlässlichkeit wider. Gleichzeitig bedarf es bei diesen Mitarbeitenden als direkter Arbeitgeber eines fürsorglichen, partnerschaftlichen Führungsstils, der langfristig vertrauensvoll aufgebaut werden muss und damit entsprechend aufwendig ist. Die Mitarbeitenden müssen in der Lage sein, sich sowohl mit dem Arbeitgeber wie mit dem Kunden gleichermassen zu identifizieren. Auch das wird nur durch Verlässlichkeit, Vertrauen und Führung seitens des Arbeitgebers erreicht. Fehlentwicklungen, egal welcher Art, müssen frühzeitig erkannt und korrigiert werden, da sonst die Mehrwerte für den Kunden nicht erreicht werden können. Für die HR-Organisation ist die Herausforderung, den richtigen Partner auszuwählen, mit dem ein hochwertiges, von Vertrauen geprägtes Key Supplier Management aufgebaut werden kann, reibungslose Prozessabläufe existieren und ein transparentes, faires Miteinander gelebt wird.     

Flexible Beschäftigungsformen verlangen nicht nur international agierende Grosskonzerne, sondern zunehmend auch mittelständische Unternehmen aus verschiedenen Branchen. Avenir unterstützt beispielsweise ein Unternehmen aus der Life-Sciences-Branche, je nach dessen Bedarf, mit HR-Spezialisten aus allen Bereichen. Und das für kurze Einsätze von wenigen Wochen sowie für längere Phasen von bis zu mehreren Monaten. Zudem übernehmen wir verschiedene Aufgaben als Outsourcing-Partner, was die Kunden- und Lieferantenbindung ebenso steigert wie die Effizienz und Kostenoptimierung – ohne diese Mehrwerte auf dem Rücken der Mitarbeitenden zu erzielen.

Die HR-Organisation der Zukunft

Immer mehr HR-Organisationen denken darüber nach, Teilbereiche an klassische Personaldienstleister aus dem Verleihgeschäft oder gar ins Ausland auszugliedern. Oft unterlassen sie dies jedoch, weil sie die Koordinations- und kulturellen Kosten einer Auslagerung ins Ausland scheuen. Ein Outsourcing oder Betriebsübergang an einen spezialisierten Anbieter in der Schweiz kann auch für das Team der betroffenen Abteilung ein Gewinn sein, wenn das dahinter stehende Unternehmen ein Spezialist auf seinem Gebiet ist und gelebte Werte zu den Grundpfeilern der eigenen Identität gehören.

Die zunehmende Flexibilisierung der HR-Organisationen führt auch zu einer Weiterentwicklung der HR-Geschäftsmodelle. Nachdem viele Unternehmungen eigene HR-Service-Center aufgebaut haben, ist der nächste naheliegende Schritt, dass sie diese zunehmend mit flexiblen, externen Mitarbeitenden betreiben oder ganz auslagern. Im Recruiting werden ähnliche Modelle aufgebaut, bei dem ein festangestelltes Kernteam mit flexibel einsetzbaren Recruitern ergänzt wird. Auch Spezialisten in der Personal- und Organisationsentwicklung werden zunehmend in flexiblen Beschäftigungsmodellen eingesetzt. Die Rolle des HR Business Partners scheint demgegenüber aufgrund der strategischen und beziehungsorientierten Ausprägung weniger geeignet für flexible Einsätze von externen HR-Mitarbeitenden. In zukünftigen HR-Geschäftsmodellen wird die neue Rolle des Vendor Managements eine grosse Bedeutung erhalten: Externe Ressourcen und Partner erfolgreich zu managen und nachhaltig an das Unternehmen zu binden, wird eine Kernkompetenz der HR-Organisation von morgen sein.

«Ich stosse auf offene Ohren»

Frau Rüesch, Sie sind bei Avenir fest angestellt und arbeiten im flexiblen Kundeneinsatz als beigestellte Mitarbeiterin. Was reizt Sie an diesem Arbeitsmodell?

Cornelia Rüesch: Ich bin eher zufällig zu diesem Job gekommen, aber das Modell entspricht mir sehr. Einerseits, weil ich mit Avenir einen festen Arbeitgeber habe und nicht im klassischen Sinn temporär angestellt bin. Das schafft eine gewisse Sicherheit und Kontinuität. Andererseits habe ich Einblick in verschiedene Unternehmen und HR-Abteilungen. HR unterscheidet sich je nach Branche stark. Das finde ich sehr spannend. 

Wem würden Sie ein solches Arbeitsmodell empfehlen und wem eher nicht?

Es braucht sicher viel Flexibilität. Bevor man in einer Firma anfängt, kennt man den Einsatzort und die geplante Einsatzdauer. Das heisst, man muss sich schnell zurechtfinden und anpassungsfähig sein. Wenn jemand festgefahren ist und Arbeitsabläufe so machen will, wie er sie schon seit 20 Jahren macht, wird es schwierig.

Wie wurden Sie in Ihrem aktuellen Team aufgenommen? Wie klappt die Integration?

Wie stark man integriert wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sehr wesentlich ist sicher, wie man auf die neuen Kollegen zugeht. Dann spielen die Einsatzdauer und das Jobprofil eine Rolle. Jemand, der für rein administrative Tätigkeiten geholt wird, ist sicher anders integriert als jemand, der von A bis Z alle HR-Arbeiten macht. Ich selbst bin im Moment als unterstützende Allrounderin für drei Monate im Einsatz und wurde mit offenen Armen empfangen. Da ich einen fixen Arbeitgeber habe, säge ich auch niemandem am Stuhl. Wichtig ist, dass die Rolle von Anfang an klar kommuniziert wird. Und die Chemie muss stimmen.

Wie reagieren HR-Kollegen auf Ihren Job?

Ich stosse auf sehr offene Ohren. Das Modell ist im HR noch nicht sehr bekannt. Ich glaube, das dürfte sich in Zukunft ändern.

Sie waren sechs Jahre lang Personalverantwortliche. Würden Sie heute auch auf flexible Arbeitskräfte setzen?

Ich wäre manchmal auch froh gewesen um temporäre Unterstützung! Der Nachteil bei herkömmlichen temporären Mitarbeitern ist, dass man sie nicht kennt. Bei Avenir hingegen finden die Kunden ein fixes Einsatzteam vor und können so im Idealfall immer wieder auf die gleiche Person zurückgreifen.    (sts)

 

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Christoph Abplanalp ist Partner der Avenir Consulting AG und Geschäftsführer der Avenir Services AG.

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Björn Gross ist 
Leiter HR-Sourcing bei Avenir Services AG.

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