Arbeit und Recht

Überstunden-Entschädigung

Urteil des Bundesgerichts vom 31. März 2014 (4A_501/2013).

Das Urteil

Der Kläger war von Juli 2004 bis April 2009 bei der Beklagten als Car-Chauffeur tätig. Nach der Kündigung gelangte er im Mai 2010 an das Kantonsgericht Zug und verlangte 5000 Franken Lohn, 104 000 Franken für «Überzeitstunden» und knapp 12 000 Franken Ferienentschädigung. Das Kantonsgericht erachtete den Anspruch auf Lohn und Ferienentschädigung als ausgewiesen. Die Hauptforderung, nämlich diejenige für Überzeitentschädigung, wurde vom Kantonsgericht allerdings abgewiesen. Der Kläger zog das Urteil des Kantonsgerichts in diesem Punkt an das Obergericht und anschliessend mit Beschwerde an das Bundesgericht weiter.

Der Kläger hatte unregelmässig auch Arbeitseinsätze an seinen freien Tagen geleistet. Die Arbeitgeberin zahlte dem Arbeitnehmer dafür jeweils pauschal 200 Franken. Um den administrativen Aufwand gering zu halten, zahlte sie Entschädigungen für unregelmässige Arbeiten generell bar aus. Der Kläger hatte anfänglich behauptet, es hätte nie eine Vereinbarung gegeben, dass er für diese Einsätze pauschal 200 Franken erhalte. Später hatte er zugegeben, dass es eine entsprechende mündliche Vereinbarung gegeben habe; diese habe aber nur für die ersten zwei Jahre gegolten, danach nicht mehr. Ausserdem seien diese Entschädigungen tatsächlich gar nicht ausbezahlt worden. Das Bundesgericht sah es in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen allerdings als erwiesen an, dass die mündliche Vereinbarung für die gesamte Dauer des Arbeitsvertrages gegolten haben müsse und auch, dass die Beträge tatsächlich ausbezahlt worden waren.

Weiter war zu klären, ob der Arbeitnehmer über die pauschale Abgeltung hinaus noch Ansprüche geltend machen könne. Da die Arbeitgeberin ihre Kontroll- und Aufzeichnungspflichten im Allgemeinen nicht oder nur sehr mangelhaft wahrgenommen hatte, war zwischen den Parteien streitig, wie viele Stunden der Arbeitnehmer an seinen freien Tagen tatsächlich gearbeitet hatte. Ergibt sich aus einem solchen Pflichtverstoss für einen Arbeitnehmer eine Beweisschwierigkeit, sind an den Nachweis von Überstunden gemäss Praxis des Bundesgerichts keine unrealistisch hohen Anforderungen zu stellen. Die Voraussetzungen für eine Schätzung der Überstunden wären vorliegend also erfüllt gewesen.

Nichtsdestotrotz gelang es dem Arbeitnehmer nicht, die Begründung seiner Forderung hinreichend darzulegen. Die von ihm eingereichten monatlichen Arbeitsstundenpläne beschränkten sich nämlich auf Arbeitsbeginn und Arbeitsende. Zu Ruhe- und Pausenzeiten machte er keine Angaben. Das Bundesgericht ging deshalb wie die Vorinstanzen davon aus, dass ihm dies möglich und zumutbar gewesen wäre. Alle drei Gerichtsinstanzen sahen sich deshalb ausserstande, die geleistete Arbeitszeit zu schätzen. Auch das Bundesgericht wies in der Folge die Beschwerde ab.

Konsequenz für die Praxis

Auf schriftliche Vereinbarungen, Quittungen bei Barauszahlungen sowie auf Kontroll- und Aufzeichnungspflichten zu verzichten, um sich administrativen Aufwand zu ersparen, kann unter Umständen teuer werden. Hier ist die Arbeitgeberin wohl nochmals mit einem blauen Auge davon gekommen. Besser wäre es aber, solche mündlichen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten, bei Bar­auszahlungen vom Empfänger eine Unterschrift zu verlangen und die Arbeits- sowie Ruhe- und Pausenzeiten gesetzeskonform aufzuzeichnen.

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Yvonne Dharshing-Elser arbeitet als Anwältin in der Steuer- und Rechtsabteilung der OBT AG in Zürich. Sie berät vorwiegend KMU in Fragen des Arbeits-, Vertrags- und Gesellschaftsrechts.

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