Videobewerbungen: Strohfeuer oder Must-Do in der Zukunft?
Findige Videohersteller haben einen neuen Markt entdeckt: Bewerbungs- videos. HR-Verantwortliche reagieren allerdings oft noch zurückhaltend.
Einer sieht es sehr positiv: Fidel Stöhlker, VR-Delegierter der Klaus J. Stöhlker AG in Zollikon, findet Videobewerbungen interessant. «Es gibt Unternehmen, die reagieren auf solche Bewerbungen nicht, und andere erachten diese als nützlich, weil man nicht nur die Vergangenheit aus dem CV liest, sondern den echten Menschen erlebt. Das ist ganz sicher die Zukunft.» In der Schweiz sei die Akzeptanz aber noch gering. Ausnahme: «KMU und vor allem technologiegetriebene Unternehmen sehen das wesentlich moderner. Wo Kreativität und vor allem der Mensch im Vordergrund stehen, haben solche Videos Zukunft.»
Die Skepsis überwiegt (noch?)
Die vom Career Service Center der Universität St. Gallen für HR Today Special exklusiv gemachte Umfrage spiegelt diesen Zwiespalt: «Eine Videobewerbung ist eine Möglichkeit, sich im globalen Arbeitsmarkt individuell zu präsentieren und damit ein aktives Selbstmarketing zu betreiben», sagt Brigitte Meienberger vom Career Service Center. «Sie kann eine sinnvolle Ergänzung zu den schriftlichen Bewerbungsunterlagen sein, insbesondere wenn der persönliche Kontakt aus Distanzgründen erschwert ist.»
Für weniger zentral hält Rüdiger Schicht, Partner und Managing Director und Head of Recruiting von The Boston Consulting Group, die Videobotschaft als Medium. «Die Bewerbung muss die inhaltlichen Komponenten des Kandidaten, wie fachliche Fähigkeiten und praktische Erfahrungen, in den Mittelpunkt stellen. Hierfür eignen sich ein aussagekräftiger CV, ein Motivationsschreiben sowie Universitäts- und Arbeitszeugnisse.» Das persönliche Auftreten und die kommunikativen Fähigkeiten kommen in einem persönlichen Gespräch zum Ausdruck.
Auch im UBS-Recruiting herrscht Skepsis: Bisher seien wenige bis gar keine Videobewerbungen eingetroffen. Bruno Notter, UBS-Recruiter, vertritt mit seiner Meinung die Mehrheit: «Videobewerbungen sehe ich eher in einem kreativen Umfeld oder für einen kreativen Job.» Seine Kollegin Petra Blitzer-Gross sagt dagegen: «Für eine Bewerbung in der Kundenberatung könnten sie Sinn machen.»
Bei Kuoni ist bislang noch keine Videobewerbung eingegangen, und auch über die elektronischen Bewerbungskanäle weist der Reiseprofi nicht auf diese Möglichkeit hin, sagt Peter Brun, Head of Corporate Communications. Und auch bei der Nationale Suisse macht man von Videobewerbungen bislang noch keinen Gebrauch.
Etwas anders präsentiert sich die Lage bei PricewaterhouseCoopers. «Grundsätzlich sind wir offen gegenüber Videobewerbungen, sofern dies innerhalb unseres Rekrutierungsprozesses möglich ist und sofern der Kandidat auch unsere On--line- Assess-ments absolviert hat», sagt Elisabeth Ziller, Leader Human Capital Marketing & Recruitment.
Erfolg mit Arbeitgebervideos
Google geht den umgekehrten Weg und nutzt das Medium Video via Youtube, um mit Kandidaten in Kontakt zu treten. Gemäss Randy Knafflic, Director Staffing & Programs EMEA von Google Zürich, spielt «Youtube eine wichtige Rolle in unserem Rekrutierungsverfahren».
Worauf zu achten ist, damit ein solches Video gut ankommt, sagt Sabine Bode, Kommunikationsleiterin bei Dr. Schmidt & Partner GmbH in Kastanienbaum, einem Spezialisten für Arbeitgebervideos:
- Nur gut gemachte Videos, keine Standardware.
- Inhalte: packend, begeisternd. Darstellung: visuell ansprechend und dynamisch.
- Storytelling in bewegten Bildern. Ansprache auf der rationalen und emotionalen Ebene.
- Die grösste Wirkung entfalten Recruiting-Videos beim Einsatz auf Online-Plattformen und Social Media.
- Keine traditionellen Arbeitgebervideos (Betriebsführung).
- Es braucht «das besondere Etwas», zu dem professionelle Partner im Bereich Konzept, Drehbucherstellung und visuelle Umsetzung beitragen müssen. Beispiel: anhand von Mitarbeitern und Orten Geschichten erzählen lassen.
Kosten Bewerbungsvideo: 400 Franken für den 1- bis 2-minütigen Kurzclip der Firma myjobTV plus 250 Franken für den Coach zum Schreiben des Sprechtextes.