Ich nenne dies das sogenannte soziale Lachen. Es wird bewusst eingesetzt um a) etwas vorzutäuschen und um b) negative Emotionen zu verbergen bzw. zu kompensieren. Ein soziales Lächeln kommt langsam ins Gesicht, hebt nur leicht die Mundwinkel nach oben, der Mund bleibt dabei nahezu geschlossen. Ein echtes Lachen hingegen huscht schnell und gewaltig ins Gesicht, zieht sich bis zu den Augen. Diese werden durch den Orbicolaris Oculi, den Augenringmuskel, zusammengezogen, der Mund ist weit geöffnet und die Lachgeräusche kommen stimmgewaltig zum Ausbruch.
Auch im Körper gibt es sichtbare Veränderungen, sobald ein echtes Lachen sich zeigt. Der Oberkörper wird stabilisiert, damit wir den Auswirkungen der Bewegung des Zwerchfells gerecht werden können. Die Unterkörperspannung lässt hingegen nach, was die Ursache dafür ist, dass man ab und an eine kleine Blasenschwäche beim Lachen verspürt und etwas daneben gehen kann. Das soziale Lächeln begegnet mir auch ganz häufig bei meinen Waldgängen. In einem solch abgelegenen Gebiet gehen Soziologen davon aus, dass wir dieses Lächeln einem anderen Menschen schenken um zu symbolisieren: Ich bin Dein Freund, ich tue Dir nichts!
Wenn wir einen Witz hören, den wir nicht lustig finden, was wir aber nicht zugeben wollen, kommt das soziale Lächeln auch zum Zug. Ebenso wie bei gestellten Bildern. Zudem kompensieren wir alle negativen Gefühle mit dem sozialen Lächeln.
Aufgabe 2: Lassen Sie den Tag Revue passieren und notieren Sie sich alle Momente, in denen Sie heute nonverbal geschummelt oder Ihre wahren Gefühle versteckt haben.
Die «höher-schneller-weiter»-Lügen
Sich besser darstellen (höher, schneller, weiter, grösser) ist ein gängiges Lügenmotiv, um uns besser und charismatischer erscheinen zu lassen, um die Bewunderung anderer zu erlangen. Wir «verschönern» unsere Lebensläufe in Bewerbungen, machen uns in ersten Kennenlerngesprächen durch Ausschmückungen und Hinweise auf besondere Leistungen interessanter und begehrenswerter.
Für eine Wissenssendung im deutschen Fernsehen durfte ich vor ein paar Wochen ein erstes Date mit der versteckten Kamera begleiten. Der Mann war nicht eingeweiht und so wurden wir Zeugen von unzähligen «höher-weiter-schneller»-Lügen, um der jungen Frau zu gefallen und einen nachhaltigen Eindruck zu vermitteln. Er log bei seinem Lebenslauf, bei der Anzahl seiner Bettgespielinnen, bei von ihr favorisierten Freizeitgestaltungen, Lieblingsessen und Getränken, seiner Liebe für Chihuahua usw.
Wir fanden in diesem Gespräch von eineinhalb Stunden mindestens 30 Hinweise auf Lügen, übrigens auf beiden Seiten … Darauf angesprochen gab der junge Mann seine Verfehlungen etwas beschämt zu, versicherte aber, dass es ihm nur darum ging das Herz der jungen Dame zu erobern.
Aufgabe 3: Bei welchen Geschichten, Darstellungen haben Sie sich in der Vergangenheit und heute besser, schöner, schneller, grösser, weiter gemacht? Notieren Sie sich diese und hinterfragen Sie, warum es Ihnen wichtig war, sich in dieser Situation besser darzustellen?
Das «höher-schneller-weiter»-Phänomen konnte ich lange Zeit auch bei mir sehr stark beobachten. Ich habe die Situationen hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt, mit dem Ergebnis, dass es sich bei diesen Situationen immer um Minderwertigkeitskomplexe anderen Menschen/Situationen gegenüber handelte. Ich habe in den letzten Jahren sehr stark an mir gearbeitet, bin mir heute meiner Stärken und Schwächen sehr gut bewusst, so dass diese Form der Lüge lange nicht mehr so ausgeprägt bei mir ist.
Wie könnten Sie diese «höher-schneller-weiter»-Lügen verringern? Notieren Sie sich zwei bis drei Gegenmassnahmen.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Woche mit den neuen Erkenntnissen und Beobachtungen!
Herzlichst
Tatjana Strobel