Wichtige Führungsqualität

Warum wir jetzt mehr denn je auf Emotionale Intelligenz setzen müssen

Im Zuge der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung, Automatisierung und Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz, wird eines immer deutlicher: Die Technologie allein reicht nicht aus, um Organisationen erfolgreich zu führen und die Zusammenarbeit noch wirkungsvoller zu gestalten. Die entscheidende Komponente und Schlüsselkompetenz der Zukunft ist die Emotionale Intelligenz (EI).

Was ist Emotionale Intelligenz?

Der Begriff und das Konzept hinter «Emotionale Intelligenz» wurde durch Daniel Goleman und seinem Buch «EQ. Emotionale Intelligenz» aus dem Jahr 1997 beliebt. Nach Goleman beschreibt die Emotionale Intelligenz die Fähigkeit, eigene Emotionen zu erkennen, zu verstehen, zu regulieren und empathisch auf die Emotionen anderer zu reagieren. Die nachfolgende Grafik stellt die sechs Stufen der Emotionalen Intelligenz gemäss Goleman detailliert dar:

Grafik der 6 Stufen der Emotionalen Intelligenz

Quelle: Karrierebibel.de

Die sechs Stufen der Emotionalen Intelligenz (EI) sind wichtig, um die verschiedenen Aspekte und Entwicklungsebenen emotionaler Fähigkeiten zu verstehen und zu verbessern. Diese Stufen helfen Führungskräfte und Organisationen dabei, die emotionalen Kompetenzen systematisch zu entwickeln und anzuwenden.

Warum ist Emotionale Intelligenz jetzt so wichtig?

Aufgrund den vielen Veränderungen in unserer heutigen Gesellschaft wird das Thema Emotionale Intelligenz in der Personalentwicklung zunehmend zum Trend. Gerade für die neue Arbeits- und Führungskultur ist die Auseinandersetzung mit der Emotionalen Intelligenz aus gesellschaftlicher, organisatorischer und individueller Sicht nicht zu vernachlässigen:

  • VUKA-BANI: Das Akronym VUKA (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) beschreibt die zunehmende Dynamik und Unsicherheit in modernen Geschäftsumgebungen. Neuerdings findet der Begriff BANI (brittle, anxious, non-linear und incomprehensible) vermehrt Anwendung in Kontexten wie Technologie, Wirtschaft und sozialen Systemen, um auf die Herausforderungen der Anpassung an schnelle Veränderungen hinzuweisen. Meine Interpretation bezüglich BANI und Emotionaler Intelligenz ist, dass wir Stabilität nun noch mehr in uns Selbst suchen und aufbauen müssen. Das ist wiederum ein Votum für die Stärkung der Resilienz, Unsicherheitstoleranz und eben auch der Emotionalen Intelligenz.
     
  • KI: Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz hat einen starken Einfluss auf unsere Gesellschaft und Arbeitswelt. Laut Prof. Dr. Jochen Menges, dem Professor für Führung und HR-Management der Universität Zürich, wurde durch die Industrialisierung der menschliche Körper ersetzt. Nun versucht man mit der aktuellen KI-Welle das menschliche Gehirn zu imitieren. Was uns noch bleibt ist das Herz. Das verdeutlicht, dass die Stärke von uns Menschen in unserer Menschlichkeit und damit auch in unserer emotionalen Verbindung liegt.
     
  • Steigerung der Leistung und Innovation: Emotionale Intelligenz schafft eine Atmosphäre, in der Mitarbeitende bereit sind, Ideen zu teilen, konstruktives Feedback zu geben und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Das fördert wiederum die Innovationsfähigkeit von Unternehmen und stärkt ihre Stellung im Markt. Gemäss Prof. Dr. Jochen Menges gibt es auch einen Zusammenhang zwischen positiven Grundstimmungen in Teams und deren Leistung. Das diese Erkenntnis inzwischen auch in der Wirtschaft angekommen ist, bestätigt eine Umfrage aus dem Jahr 2021 bei 122 Firmen (mehr als 3 Millionen Mitarbeitende). Das Resultat: Fast 70 Prozent der Führungskräfte sind der Meinung, gute Stimmung erhöht die Produktivität.
     
  • Mitarbeiterbindung und psychologische Sicherheit: In Zeiten des Arbeitskräftemangels ist die Bindung des bestehenden Personals ein wichtiger Vorteil. Eine positive und vertrauensvolle Arbeitsumgebung ist entscheidend für Arbeitszufriedenheit. Psychologische Sicherheit, die Hand in Hand mit emotionaler Intelligenz geht, sollte in Teams thematisiert und gefördert werden. (Auf folgender Seite gibt es kostenlose Vorlagen für Teamworkshops: psych-safety.org)
     
  • New Leadership: Führungskräfte stehen aktuell vor komplexen Herausforderungen wie Arbeitskräftemangel, Fluktuation, Diversität und Inklusion, flexible Arbeitsmodelle und so weiter. Neue Ansätze für wirksame Führungskräfte in der neuen Arbeitswelt findet man in der «transformationalen Führung», welche insbesondere vier wichtige Eigenschaften aufweist:
    • charismatische Führung
    • inspirierende Motivation
    • intellektuelle Stimulation
    • individuelle Betreuung
    Führungskräfte mit hoher emotionaler Intelligenz können Mitarbeitende besser verstehen, motivieren, inspirieren, bedürfnisgereicht fördern und damit ihre Entfaltung bestmöglich unterstützen.
  • Mentale Gesundheit: Auch in der Persönlichkeitsentwicklung spielt die Emotionale Intelligenz eine bedeutende Rolle. Menschen, die ihre eigenen Emotionen verstehen und mit denen anderer empathisch umgehen können, tendieren dazu, ein gesünderes Leben zu führen. Zudem ist die Fähigkeit der emotionalen Regulation entscheidend für die Bewältigung von Stress, was in der einleitend beschriebenen BANI-Welt unabdingbar ist.

Welchen Beitrag kann die Personalentwicklung dazu leisten?

Die Personalentwicklung kann hierzu ein wichtiger Hebel sein, um das Bewusstsein für das Thema sowie die notwendigen Kompetenzen bei der Belegschaft zu erreichen. Folgende Massnahmen könnten eingeleitet werden:

  • Sensibilisierung: Bewusstsein für die strategische Bedeutung der Emotionalen Intelligenz für die Zusammenarbeit und den Erfolg des Unternehmens schaffen (beispielsweise im Rahmen eines Workshops oder «Lunch and Learns»)
     
  • Programmentwicklung: Angebote für die Entwicklung der Emotionalen Intelligenz (gemäss der sechs Stufen der Emotionalen Intelligenz) im Unternehmen konzipieren (zum Beispiel digitale und analoge Lernangebote und so weiter)
     
  • Führungsentwicklung: Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch auf die Führungskräfteentwicklung gelegt werden, auch unter Einbezug des Ansatzes transformationale Führung wie z.B. kollegiale Führungsberatung
     
  • Reflexion: Reflexionseinheiten zu diesem und ähnlichen Themen einführen und leiten, eventuell auch mit standardisierten EI-Tests oder Mentoring und Coaching Ansätzen

Fazit: Mehr Menschlichkeit in der Führungsetage

In einer Zeit geprägt von VUCA-BANI, KI-Einflüssen und neuen Führungsansätzen kristallisiert sich die Emotionale Intelligenz als Schlüsselkompetenz der Zukunft heraus. Ihre steigende Bedeutung zeigt sich auch in der Forderung nach mehr Resilienz, Agilität, Innovation und komplexer Führungsaufgaben. Diese Fähigkeit ist nicht nur für die Zusammenarbeit im Berufsalltag von entscheidender Bedeutung, sondern auch für die persönliche Entwicklung und mentale Gesundheit. Dabei kann die Personalentwicklung eine entscheidende Rolle spielen, um die Sensibilisierungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten. Als abschliessendes Plädoyer könnte man auch schreiben: «Ich plädiere für mehr Menschlichkeit in der rasanten Technologiewelle!»

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Marijana Bilalic

Marijana Bilalic ist Leiterin Personalentwicklung der Schweizer Paraplegiker-Gruppe (SPG). Des Weiteren ist sie Jury Mitglied des Swiss HR Award von HR Today.

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