HR Today: Frau Tóth, was bedeutet die Auszeichnung «Top Employer» für die MET Group und speziell für Ihr HR-Team?
Tünde Tóth: Mit der «Top Employer»-Zertifizierung sind wir in der Champions League der Arbeitgebenden angekommen. Wir freuen uns sehr, Teil dieses renommierten Clubs zu sein. Lange Jahre der Arbeit vieler Kolleginnen und Kollegen haben diese Anerkennung möglich gemacht. Die hervorragenden Geschäftsergebnisse der MET Group in den vergangenen Jahren haben dazu beigetragen, dass wir mehr in unsere Personalaktivitäten investieren konnten. Ausserdem haben wir ein hervorragendes HR-Team aufgebaut, und es gibt eine tolle Zusammenarbeit innerhalb des Teams.
Die Auszeichnung als «Top Employer» bestätigt die Tatsache, dass unsere HR-Praktiken den höchsten internationalen Standards entsprechen. Ausserdem erhalten wir Zugang zu einem wichtigen Netzwerk, in dem wir Best Practices kennenlernen und Feedback zu unserer eigenen Performance erhalten können. Wir sehen, in welchen Bereichen wir führend sind und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Das motiviert uns, noch besser zu werden.
Die MET Group ist das einzige Energieunternehmen in der Schweiz, das diese Auszeichnung erhalten hat. Welche speziellen HR-spezifischen Herausforderungen gibt es in der Energiebranche, und wie gehen Sie damit um?
Die Energiewende ist zu einem zentralen Thema geworden. Wir brauchen mehr Talente in boomenden Bereichen wie den erneuerbaren Energien. Bei der Rekrutierung gilt es, die besten Expertinnen und Experten zu finden, und innerhalb von MET interne Wechselmöglichkeiten für besondere Talente sowie Schulungen und Weiterbildungen für junge Kolleginnen und Kollegen anzubieten, damit sie selbst Expertinnen und Experten werden können. Unsere Erfahrung zeigt, dass der Energiesektor nach wie vor attraktiv ist, da es vor allem junge Talente interessiert, die Energiewende zu gestalten und etwas zu bewirken.
Das Top Employers Institute hebt besonders Ihre Ansätze in den Bereichen Digitalisierung, Ethik und Integrität hervor. Können Sie uns mehr über diese Initiativen erzählen?
Wir haben schon immer versucht, so viele Dinge wie möglich im Personalwesen zu digitalisieren, und haben verschiedene Anwendungen implementiert, wie zum Beispiel unser Rekrutierungssystem SmartRecruiters, unser digitales Aktiensystem und unsere Alumni-Plattform. Wir führen jetzt ein neues HR-System mit einer hochmodernen, KIbasierten SaaS-Lösung (Software as a Service) ein. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz wurde auch vom Top Employers Institute lobend hervorgehoben. Auf der einen Seite haben wir Schulungen organisiert, um den Kolleginnen und Kollegen zu erklären, wie KI-Tools ihre tägliche Arbeit erleichtern können, und allen den Zugang zu Microsoft Copilot ermöglicht. Die Teilnehmenden unseres Talent-Development-Programms haben eine interne KI-Lösung namens SkyMET entwickelt, die Market-Making-Nachrichten herausfiltert und sie in Echtzeit mit den Händlerinnen und Händlern auf unserem Trading Floor teilt.
Auch die einzelnen Geschäftsbereiche der MET Group nutzen KI in ihren Geschäftsaktivitäten. So hat die Division Green Assets Algorithmen entwickelt, die helfen, mögliche Ausfälle oder technische Probleme in Windparks vorherzusagen. Auf dem Trading Floor an unserem Hauptsitz in Baar wird auch algorithmisch gehandelt.
In Bezug auf Ethik und Integrität haben wir einen Verhaltenskodex eingeführt, der unsere ethischen Grundsätze beschreibt und tief in unsere Arbeitsweise und unser Onboarding eingebettet ist. Wir haben mehrere Kanäle eingerichtet, die zum Zuhören der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen, um eine offene Kommunikationskultur zu fördern, indem sie sich jederzeit an uns wenden können. Solche Plattformen sind zum Beispiel das Feedback-Tool in unserem HR-System, ein Speak-up-Kanal inklusive externer Hotline oder vor allem das Einreichen einer Frage an unseren Group CEO Benjamin Lakatos bei unserem jährlichen Group-Teambuilding-Event, ohne dass jemand vorfiltert.
In der Pressemitteilung wird der MET Alumni Club als führende Initiative erwähnt. Können Sie uns mehr über die Ziele und den Erfolg dieses Clubs erzählen?
Wir beschreiben die MET Group oft als eine «HR Success Story». MET wurde 2007 von einer Handvoll talentierter Expertinnen und Experten gegründet und hat sich zu einem paneuropäischen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 24,5 Milliarden Euro entwickelt. Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist aber immer noch nicht sehr hoch – wir haben kürzlich unsere tausendste Kollegin begrüsst. Daher möchten wir uns bei allen unseren aktuellen und ehemaligen Kolleginnen und Kollegen für ihren Beitrag zur Wachstumsgeschichte von MET bedanken. Aus diesem Grund haben wir den MET Alumni Club ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, eine aktive Beziehung zu ehemaligen Mitarbeitenden zu pflegen, die durch ihre harte Arbeit zum Erfolg des Unternehmens beigetragen haben. Zu den Zielen gehören das Vernetzen, das Kreieren neuer Geschäftsideen, aber auch das Wiedereinstellen von Mitarbeitenden, die uns verlassen hatten. Seit dem Start des Alumni-Clubs vor einem Jahr sind zwei Prozent der Teilnehmenden zu sogenannten Bumerang-Kolleginnen und -Kollegen geworden, die wieder in die MET-Familie aufgenommen wurden, und wir sind sehr stolz auf sie.
Wie sieht Ihre Talentakquise-Strategie aus, insbesondere in einem so stark umkämpften Markt wie dem Energiesektor?
Die MET Group verfügt über eine sehr internationale Belegschaft mit rund 1000 Mitarbeitenden aus circa 60 Nationen. Wir bauen bewusst ein vielfältiges Team aus Toptalenten auf und versuchen, für jede Rolle die Besten einzustellen. Wir haben interne Rekrutierungskapazitäten aufgebaut und verfügen über eine fokussierte Rekrutierungsstrategie. Was die Junior-Positionen betrifft, so hilft uns unsere Zusammenarbeit mit europäischen Top-Universitäten (ETH Zürich und Universität St. Gallen in der Schweiz, Universität Bocconi in Italien), die besten Talente zu finden. Unser Ziel ist es, kluge junge Leute zu gewinnen, entweder durch Praktika oder Absolventenstellen. Sobald sie im Unternehmen sind, haben sie die Chance, Teil unseres internen Talententwicklungsprogramms zu werden und ihre Karriere zu beschleunigen. In Bezug auf leitende Positionen sind Mitarbeiterempfehlungen sehr nützlich, wir besetzen 25 Prozent unserer offenen Stellen darüber.
Zudem verfügen wir über ein modernes Rekrutierungssystem, Kandidatinnen und Kandidaten geben uns oft positives Feedback dazu. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Kandidierende können ein Vorstellungs-gespräch mit mir vereinbaren, wenn sie online meine freien Slots im Kalender sehen, gleichzeitig ist das System mit Google Maps harmonisiert, sodass unser Hauptsitz problemlos gefunden wird.
Ein weiteres attraktives und einzigartiges Merkmal von MET ist es, den Mitarbeitenden ein hohes Mass an Autonomie und Entscheidungsfreiheit zu bieten, und zwar von Anfang an. Dies ist eine der Botschaften, die wir im Rahmen unserer neuen Employer-Branding-Strategie «Bring Your Energy» betonen.
Die Energiewende ist in vollem Gange. Wie beeinflusst dieser Wandel Ihre HR-Strategien, insbesondere in Bezug auf die Gewinnung und Entwicklung von Fachkräften?
Die Energiewende hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Mitarbeiterzahl und unseren Einstellungsplan. Aufgrund der Expansionsstrategie der MET Group im Bereich der erneuerbaren Energien müssen wir uns auf neue Schlüsselmärkte wie Italien konzentrieren, wo wir derzeit unseren Hub in Mailand ausbauen. Da wir laufend mehr Talente brauchen, verstärken wir die Zusammenarbeit mit den lokalen Universitäten. All diese Änderungen werden sich auch auf unser Schulungsportfolio auswirken. Wir verfügen über ein Gruppentrainings- und Coaching-Portfolio, das wir kontinuierlich an neue Anforderungen anpassen. Seit diesem Jahr haben unsere in der Schweiz ansässigen Kolleginnen und Kollegen einen 24/7-Zugang zu einer digitalen Lernplattform, die 3000 hochmoderne Online-Trainings anbietet. In Zukunft wird unser Fokus im Lernbereich darauf liegen, ein Portfolio an aktuellen energiewirtschaftsspezifischen Schulungen zu vertiefen, die auf die Lernbedürfnisse in der sich dynamisch verändernden Branche zugeschnitten sind.
Die MET Group ist in 15 Ländern aktiv. Wie gelingt es Ihnen, eine einheitliche Unternehmenskultur zu schaffen und gleichzeitig lokale Unterschiede zu berücksichtigen?
Wir setzen sehr auf gemeinsame Veranstaltungen sowie den persönlichen Austausch innerhalb unserer Teams. Unser jährliches Group Teambuilding ist ein wichtiges Element, bei dem sich alle unsere rund 1000 Mitarbeitenden treffen, die Präsentation des Group CEO Benjamin Lakatos über die Unternehmensstrategie mitverfolgen und gemeinsam Spass haben. Hier zeichnen wir unsere leistungsstärksten Kolleginnen und Kollegen des Vorjahres mit den MET Excellence Awards aus.
Die Markenwerte der MET Group spielen auch eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer Unternehmenskultur. Eine regelmässige und transparente Kommunikation ist ebenfalls unerlässlich, zum Beispiel durch regelmässige Gespräche unseres Group CEO mit unseren Mitarbeitenden im Rahmen von Teams-Live-Events oder durch die kontinuierliche Veröffentlichung von wichtigen News auf unserer Intranet-Site MyMET.
Weiter stärkt unser Mitarbeiter-Aktienprogramm den Zusammenhalt und schafft eine einheitliche Kultur. Die leistungsstärksten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können Anteile an unserem Unternehmen erwerben – und ein einzigartiges Merkmal des Programms ist, dass die Teilnahme nicht auf der Grundlage des Dienstalters einer Person entschieden wird, sondern auf der Grundlage der tatsächlichen Leistung. So nehmen viele unserer jungen Talente auch in unserem Annual Shareholder Meeting Platz.
In welchen Bereichen haben Sie durch die Bewertung des Top Employers Institute zusätzliches Potenzial für Verbesserungen identifiziert, und welche Pläne haben Sie, um diese umzusetzen?
Einer der fehlenden Punkte, die vom Top Employers Institute genannt werden, ist der Nachhaltigkeitsbericht. Wir arbeiten daran, und wir werden ihn bis Anfang nächsten Jahres auf der Grundlage einer freiwilligen Offenlegung veröffentlichen. Die Entwicklung weiblicher Führungskräfte ist ein weiterer Bereich, der verbessert werden muss. Auf Konzernebene sind zwar 38 Prozent Frauen, was im Energiesektor ein gutes Verhältnis ist – aber wenn es um das Topmanagement geht, brauchen wir mehr weibliche Führungskräfte.
Was sind aus Ihrer Sicht die grössten HR-Herausforderungen in den kommenden Jahren, insbesondere im Energiesektor, und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Nach einigen extremen Jahren, einschliesslich der Corona-Pandemie und der Energiekrise, dürfte sich die Energiewirtschaft in den nächsten Jahren ein bisschen normalisieren. Eine weitere Frage ist, wie schnell Wachstumsbereiche wie erneuerbare Energien tatsächlich wachsen werden, wie sich der Markt für Flüssigerdgas (LNG) weltweit entwickeln wird und wie wir unsere Organisation an diese Entwicklungen anpassen können. Mit anderen Worten: Die HR-Strategie muss sehr schnell die Veränderungen in den Geschäftsbereichen widerspiegeln.
Zur Person
Tünde Tóth ist seit 2017 Group HR Director der MET Group. Sie ist am Hauptsitz in Baar ZG für das gesamte Spektrum der HR-Aktivitäten der Gruppe verantwortlich und trägt durch die Teilnahme an M&A-Aktivitäten und die Unterstützung neuer Markteintritte zum Wachstum von MET bei. Zuvor war sie über zehn Jahre bei British American Tobacco in verschiedenen HR-Management-Funktionen in der Schweiz, Grossbritannien, Serbien und Ungarn tätig, nachdem sie ihre erste HR-Position bei Henkel in Deutschland innehatte. Sie studierte am Institut für Management und Organisation an der Corvinus-Universität Budapest und verfügt zudem über den CEMS-Master in Internationalem Management.