«Wir wollen, dass die Mitarbeitenden happy zur Arbeit kommen»
Ein Klima, geprägt von Vertrauen und Respekt, ist für den Generaldirektor von Nestlé Schweiz, Eugenio Simioni, die wichtigste Voraussetzung dafür, dass die Mitarbeitenden sich wohlfühlen. Mit gezielten Massnahmen stärkt das Unternehmen zudem das Gesundheitsbewusstsein des Einzelnen und erhielt für diese Bemühungen das Label «Friendly Work Space».
Eugenio Simioni: «Wir setzen auf eine Atmosphäre, die es den Menschen erlaubt, sich zu entwickeln.» (Foto: Sabine Schritt)
Herr Simioni, wie wichtig ist Ihnen als CEO die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden?
Eugenio Simioni: Wir tun eine Menge dafür, dass unsere Mitarbeitenden sich rundum wohlfühlen. Das reicht von gesundheitsfördernden Rahmenbedingungen bis hin zum Arbeitsschutz. Wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden happy zur Arbeit kommen und stolz auf das Unternehmen sind. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt, denn motivierte und kreative Angestellte bewältigen die Herausforderungen des von Konkurrenz- und Zeitdruck geprägten Geschäftsumfeldes wesentlich besser.
In welcher Form kommt Ihre Verantwortung konkret bei den Mitarbeitenden an?
In Form einer verantwortungsvollen Führung. Diese reicht von Aspekten der Nachhaltigkeit bis hin zu einer transparenten, respektvollen Kommunikation. Wir setzen auf eine Atmosphäre, die es den Menschen erlaubt, sich zu entwickeln. Dafür bieten wir zahlreiche Fördermassnahmen an. Unser Leitbild ist «good food – good life», dafür stehen wir mit unseren Produkten und das leben wir auch im Unternehmen. Wir klären beispielsweise unsere Mitarbeitenden über den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Ernährung auf. Kürzlich stand Wasser im Mittelpunkt einer solchen Kampagne.
Unbestritten ist der positive Effekt gesunder und motivierter Mitarbeitenden auf den Unternehmenserfolg. Inwieweit fühlen Sie sich aber auch moralisch verpflichtet, für die Gesundheit Ihrer Angestellten Sorge zu tragen?
Ich engagiere mich für die Gesundheit der Mitarbeitenden, weil ich einfach daran glaube, dass dies der richtige Weg ist. Im Rahmen des SWiNG-Projektes der Gesundheitsförderung Schweiz haben wir unsere Mitarbeitenden danach befragt, was sie brauchen und was sie sich wünschen. Es ist ein Prozess, der zum Ziel hat, die Mitarbeitenden besser zu verstehen und ihnen zu zeigen: Wir tun etwas für euch.
Inwieweit prägt Ihr Gesundheitsengagement die Atmosphäre im Unternehmen?
An unseren Sicherheitstrainings und Aufklärungskampagnen merken die Mitarbeitenden, dass uns ihre Gesundheit am Herzen liegt, und das nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen.
Fühlen Sie sich als bekanntes Schweizer Traditionsunternehmen auch zu einer gewissen Vorbildrolle verpflichtet?
Unsere Produkte haben einen Einfluss auf das Wohlbefinden unserer Konsumenten. Wenn unsere Mitarbeitenden sich wohlfühlen und gut über uns sprechen, ist das die beste Visitenkarte für unser Unternehmen.
Sie haben eben von verantwortungsvoller Führung gesprochen. Ist das für Sie gleichbedeutend mit gesundheitsfördernder Führung?
Die Gesundheit zu fördern, ist tatsächlich Teil meiner Führungsverantwortung. Das gilt auch für meine eigene Gesundheit, auch wenn mir häufig die Zeit für sportlichen Ausgleich fehlt.
Ihr Standort Tour-de-Peilz in Vevey ist mit dem Label «Friendly Work Space» der Gesundheitsförderung Schweiz ausgezeichnet worden. Womit haben Sie diese Auszeichnung verdient?
Wir hatten dieses Label nicht auf unserer Agenda. Es ergab sich aus der Arbeit mit dem SWiNG-Projekt. Dank der bereits ergriffenen Massnahmen und des Engagements unserer Mitarbeitenden hatten wir bereits 80 Prozent des Weges zum Erhalt des Labels zurückgelegt. Dann haben wir entschieden, weitere Massnahmen zu ergreifen.
«Friendly Work Space»
Das Label zeichnet Unternehmen mit einem nachhaltigen und systematischen betrieblichen Gesundheitsmanagement aus. Um das Qualitätssiegel zu erlangen, müssen Unternehmen betriebliche Gesundheitsförderung in ihre Managementprozesse integrieren und durch die nachhaltige Umsetzung geeigneter Massnahmen langfristig gesundheitsfördernde Strukturen und Rahmenbedingungen für ihre Mitarbeitenden schaffen. «Friendly Work Space» wird seit 2009 von Gesundheitsförderung Schweiz verliehen; bis heute wurden 28 Unternehmen in der Deutsch- und Westschweiz ausgezeichnet.
Was gehörte zu den fehlenden 20 Prozent?
Stressmanagement, Absenzenmanagement, zu hinterfragen, wie wir mit Mitarbeitenden umgehen, denen es nicht gut geht.
Und welche Anforderungen hatten Sie bereits vorher erfüllt?
Ernährungsprogramme, Wellnesswochen, Massagen, Sportangebote und anderes mehr.
Nestlé Schweiz hat derzeit 2500 Beschäftigte. Braucht es bestimmte Strukturen in einer grossen Unternehmung, die ein «Friendly Work Space» begünstigen?
Wir haben eine Matrixorganisation mit einer Anzahl von Geschäftsbereichen mit Geschäftsverantwortung und Funktionen, die geschäftsbereichsübergreifend Dienstleistungen bereitstellen. Dies ist aber nicht neu. Bereits vor zehn Jahren hat Nestlé flachere Hierarchien eingeführt. Viel wichtiger sind die weichen Faktoren, die die Menschen ausmachen und die das Klima unseres Unternehmens bestimmen. Dieses soll von Respekt, Transparenz und Vertrauen geprägt sein. Wir wollen Menschen, die einen offenen Austausch miteinander pflegen, und Führungskräfte, die ihre Ziele klar und verständlich definieren, die schlechte wie gute Neuigkeiten transparent machen und die jederzeit für die Fragen ihrer Mitarbeitenden ein offenes Ohr haben. Das gilt auch für mich persönlich. Es ist keine Frage der Organisationsstruktur, sondern der inneren Einstellung der Mitarbeitenden.
Das klingt alles ziemlich perfekt …
Nein, das ist es natürlich nicht. Mit unserer Art, das Unternehmen zu führen, sind wir aber langfristig auf dem richtigen Weg, den wir konsequent weiterführen wollen und werden.
Was bedeutet Ihnen das Label persönlich?
Wenn ich nicht gerne hier arbeiten würde, wäre ich woanders. Es ist für mich eine grosse Freude zu sehen, was die Mitarbeitenden in den letzten Jahren geschaffen haben. Und es macht mich stolz, nun ein Teil dessen zu sein. Aber dieses Label bringt auch hohe Erwartungen für die Zukunft mit sich.
Wie wird das weitere Gesundheitsengagement von Nestlé aussehen?
Es wird sicher keine Revolution geben in den nächsten Jahren. Wir werden ausbauen, was sich bewährt hat und wofür wir mit dem Label ausgezeichnet wurden – und wir werden natürlich vorantreiben, was verbesserungswürdig ist. Wir wissen, dass nur ein Unternehmen mit gesunden und glücklichen Mitarbeitenden auf lange Sicht erfolgreich sein kann. Für mich ist Vertrauen hierfür der Schlüssel.
Nach welchen Kriterien rekrutieren Sie demnach?
Vertrauen baut nicht auf Zertifikaten und Projekten auf, es kommt auf menschliche Beziehungen an. Ich schaue den Menschen in die Augen. Wenn die Chemie stimmt, sind wir im Geschäft, wenn nicht, dann nicht.
Eugenio Simioni
Jahrgang 1966, stammt aus dem Waadtland. Nach seinem Wirtschaftsstudium an der Universität von Genf kommt Eugenio Simioni 1989 als internationaler Auditor zur Nestlé-Gruppe in Vevey. Ab 1994 übernimmt er in Australien und Korea diverse Funktionen in den Bereichen Verkauf, Marketing und Supply Chain. Anschliessend wird er zum Operations Manager der Zone Asien/Ozeanien/Afrika berufen und übernimmt später die Leitung des Marketings und des Verkaufs von Nestlé Philippinen. Von 2007 bis 2010 leitet er das Corporate Audit Team der Gruppe. Seit Januar 2011 ist er Generaldirektor von Nestlé Schweiz. Simioni ist verheiratet und hat zwei Kinder.