HR Today Nr. 11/2021: swissstaffing-News

50+ und stellensuchend: Das Rezept für eine erfolgreiche Reintegration

Entgegen der bisweilen vorherrschenden Meinung sind Arbeitnehmende über 50 in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut in den Arbeitsmarkt integriert. 73 Prozent der 55- bis 64-jährigen sind gemäss Bundesamt für Statistik erwerbstätig, 1996 lag der Anteil noch bei 64 Prozent. Ebenso werden ältere Erwerbspersonen seltener arbeitslos als jüngere, ihre Arbeitslosenquote liegt nach Angaben des Seco über die Jahre konstant tiefer. Sind sie von Arbeitslosigkeit betroffen, benötigen sie jedoch länger, um im Arbeitsmarkt wieder Fuss zu fassen.

Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es zur ­Förderung der Reintegration von älteren Stellensuchenden in den Arbeitsmarkt? In einer Studie hat die Arbeitsmarktbeobachtung der Ostschweizer Arbeitsmarktbehörden (AMOSA) unter der Leitung von Dr. Katharina Degen untersucht, wie das Arbeitskräftepotenzial der 50+ noch besser ausgeschöpft werden kann. Die Studie zeigt fünf Handlungsfelder auf:

  • Flexible Einarbeitungs- und Arbeitsmodelle fördern
  • Motivation und Einstellungen positiv beeinflussen
  • Aufbau und Erhalt von Kompetenzen
  • Netzwerke pflegen und Vermittlung stärken
  • Kommunikation stärken

Die Temporärbranche unterstützt mit ihren Dienstleistungen die Betroffenen in diesen Handlungsfeldern.

Flexible Arbeitsmodelle fördern: Temporärarbeit zeigt hohes Integrationspotenzial

Flexible Arbeitsmodelle unter dem Dach der Temporärarbeit sind für ältere Arbeitnehmende eine Chance, nach einem Stellenverlust erwerbstätig zu bleiben. Sie öffnen oftmals das Tor zu einer neuen Festanstellung oder ermöglichen eine dauerhafte Tätigkeit als Freelancer, die im Rahmen des Personalverleihs deutlich besser sozial abgesichert ist als in der Selbständigkeit.

Temporärarbeit als Brücke:

Das Ziel dieser Erwerbssuchenden ist eine Feststelle. Die Personaldienstleister vermitteln ihnen temporäre Stellen und begleiten sie auf dem Weg zurück zur Festanstellung. Die Arbeitenden erhalten durch den temporären Einsatz die Gelegenheit, ihre Kompetenzen zu zeigen und ihre beruflichen Erfahrungen zu erweitern. Dies wiederum begünstigt die Aussichten auf eine spätere Festanstellung.

Dauerhafte Tätigkeit als Freelancer:

Ältere Stellensuchende verfügen über eine lange Erwerbsbiografie und viel Erfahrung. Aufgrund der erschwerten Stellensuche und ihres Bedürfnisses nach Selbstbestimmung ziehen sie mitunter eine Selbständigkeit in Betracht. Hier ­stellen fehlende soziale Absicherung und kostspielige Lösungen hinsichtlich Krankentaggeldversicherung und Pensionskasse Hürden dar. Eine Alternative bietet ein temporäres Arbeitsverhältnis im Payrolling. Bei diesem werden sie durch einen Personaldienstleister angestellt und sind dadurch ordentlich sozialversichert. Ihre Aufträge suchen sie wie Freelancer selbst, meist im Rahmen von Projektarbeit für Unternehmen. Eine Befragung von Swissstaffing zeigt die hohe Integrationskraft der Temporärarbeit bei älteren Personen: 77 Prozent der Temporärarbeitenden über 50 stehen

24 Monate nach Beginn der Temporärarbeitsphase weiterhin im Erwerbsleben, sei es als ­Festangestellte, Selbständige, Temporärarbeitende oder befristet Beschäftigte. Gelingt den älteren Stellensuchenden nach Verlust der Feststelle rasch der Sprung in die Temporärstelle, liegt der Anteil sogar bei 90 Prozent. Daher empfiehlt es sich, bei einem Stellenverlust umgehend Kontakt mit privaten Personaldienstleistern aufzunehmen.

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Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit durch Coaching und Weiterbildung

Gerade bei älteren Stellensuchenden sei es wichtig, die Selbstwirksamkeit und Motivation zu stärken, führt die AMOSA in ihrer Studie aus. Coachings sind demnach auch ein geeignetes Instrument, die Flexibilität und Lernbereitschaft der Betroffenen zu fördern. Ebenso zentral sind der Ausbau und die Aktualisierung der eigenen Kompetenzen. Bei älteren Stellensuchenden liegt die letzte Weiterbildung oft lange zurück. Insbesondere im Bereich Digitalisierung weisen sie bisweilen Defizite aus. Eine gezielte Weiterbildung hilft, ihre Kenntnisse den aktuellen Stellenanforderungen anzupassen. Diesen Spielball nimmt der Weiterbildungsfonds «temptraining» auf. Er stellt Mittel für Temporärarbeitende zur Verfügung, damit sie sich ihre Weiterbildung aus dem Angebot von über 1000 Bildungsinstituten aussuchen können. Seit dem 1. April 2021 wird Temporärarbeitenden neu ein Coaching in Form einer Standort- oder Laufbahnberatung von bis zu 1000 Franken ermöglicht.

Netzwerke der Personaldienstleister nutzen

Netzwerke spielen eine zentrale Rolle auf dem Arbeitsmarkt. Nebst den persönlichen Kontakten der Stellensuchenden ist auch die Vernetzung mit potenziellen Arbeitgebern wichtig. Ein gutes Netzwerk ist das Erfolgsrezept eines jeden Personaldienstleisters. Reicht ein Stellensuchender bei einem Personaldienstleister sein Dossier ein, erhält er automatisch Zugang zu diesem. Gerade für ältere Stellensuchende stellt dies eine Chance dar.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) hat diese Thematik aufgegriffen und mit Focus50+ ein Netzwerk für Arbeitgebende gegründet, um das Potenzial von Mitarbeitenden und Erwerbslosen der Altersklasse 50plus im Arbeitsmarkt erfolgreich zu nutzen (focus50plus.ch). Swissstaffing ist bei diesem Projekt aktiv beteiligt.

Eigenverantwortung stärken und Unterstützungsangebote bieten

Insgesamt liegt eine erfolgreiche Reintegration in den Arbeitsmarkt primär in der Verantwortung der Betroffenen (vgl. AMOSA). Wichtig auf Seite der Stellensuchenden sind Neugierde, Flexibilität und Weiterbildungsbereitschaft. Die Temporärbranche bietet ihnen mit flexiblen Arbeitsmodellen, einem breiten Netzwerk sowie Coaching- und Weiterbildungsleistungen Hand dazu. Seitens der Arbeitgeber können umgekehrt mögliche Bedenken bei der Einstellung älterer Arbeitnehmer durch temporäre Anstellungen in der Praxis erfolgreich ausgeräumt werden. Die Personaldienstleister sollten daher bei Stellensuchenden 50+ als wichtiger Partner für den Weg zurück in den Arbeitsmarkt auf der Agenda sein.

Quellen:

  • AMOSA (Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz, Aargau, Zug und Zürich): Degen, Katharina / Hofstetter Miriam / Etter, Bruno (2021): Herausforderungen und Chancen für ältere Stellensuchende. Verband Schweizerischer Arbeitsmarkt­behörden, Regionalkonferenz Ostschweiz, Zürich
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Ariane Baer ist Projektleiterin Ökonomie und Politik bei swissstaffing.

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