HR Today Nr. 1&2/2017: swissstaffing-News

Am Wendepunkt

Der Transformationsprozess bringt auch im HR viel Neues. Die Bedeutung der Personaldienstleistung kann weiter steigen, muss jedoch nicht. Georg Staub, Präsident von swissstaffing, ist überzeugt: Dauer-Pessimismus, Wut und Polemik bringen die Gesellschaft nicht weiter. Innovation und Grundwerte jedoch schon.

Das Umfeld wandelt sich und bedingt eine Transformation des HR und der Personaldienstleistung. Ein Prozess, der nicht von einer Sekunde auf die nächste geschieht. Einige Veränderungen spüren wir bereits im Alltag, insbesondere im logistischen Bereich. In der Migros wird die Schlange vor den Self-Checkout-Kassen immer länger. Die Banken sind ebenso betroffen. Sparvorgänge und Ertragsverbesserungen durch eine erhöhte Effizienz werden an Wichtigkeit gewinnen – das spielt sich auch in der Personaldienstleistung ab. Es liegen bereits heute Welten zwischen dem «Geschäften» der erfolgreichsten Unternehmen und dem der traditionellen. Personaldienstleistungsunternehmen, die über Jahre hinweg persönliche Beziehungen und einen loyalen Kundenstamm aufgebaut haben, können den Veränderungen eher standhalten. Wenn jedoch Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen auf den Schweizer Markt kommen, braucht es zwangsläufig auch neue Formen der Personaldienstleistung. Der Einsatzbetrieb fordert dies ein: Die klassischen Temporärbüros übernehmen immer häufiger die Funktion eines externen HR. Unsere schnellebige Zeit mit Projektarbeit und einer knappen Marge bedingt Dienstleister, die diese neue Flexibilität verstehen.

Besseres Leben, grössere Unzufriedenheit

Welche Parameter unseres Lebens haben sich über das letzte Jahrhundert verbessert? Es sind fast alle. Aber das Niveau der Unzufriedenheit oder besser gesagt das Wutbürgertum hat zugenommen. Immer häufiger werden einzelne Vorfälle benutzt, um generelle Bedürfnisse zu äussern – das nennt sich auch Polemik oder Populismus. Und doch dürfen wir heute erfreut zur Kenntnis nehmen, dass sich noch in keinem Abschnitt der Menschheit so wenige Menschen gegenseitig umgebracht haben, noch nie so viele Menschen ihren Gesundheitszustand so dramatisch verbessert haben und so viele Menschen sich verwirklichen können. Ich halte den «Dauer-Pessimismus», weil ein paar Veränderungen anstehen, für völlig unangebracht. Ob Robotik oder Digitalisierung – die Menschheit wird auch diese Herausforderungen bewältigen. Ich bin überzeugt, dass wir auch in den nächsten dreissig Jahren keine Verschlechterung der menschlichen Existenz sehen werden. Vermutlich werden wir selbst am meisten dazu beitragen, dass es uns weniger gut geht, als es könnte. Wir alle wissen, dass gewisses Verhalten wie zum Beispiel die Abhängigkeit von Konsummitteln uns schadet und trotzdem pflegen wir es. Wir müssen damit rechnen, dass wir in Zukunft mit den Auswirkungen nicht nur statistisch, sondern auch persönlich konfrontiert sind.

Noch nicht vom Tisch: Das Grundeinkommen

Die Personaldienstleister und die regionalen Arbeitsämter leisten heute sehr gute Arbeit. Ebenso werden die Weiterbildungsangebote immer vielfältiger. Die schwerwiegenden Veränderungen im Beruf können jedoch nicht nur mit Weiterbildung kompensiert werden. Es sind schlichtweg andere Berufsbilder. Ich denke, wir werden nochmals über ein Grundeinkommen diskutieren müssen. Das Grundeinkommen ist primär keine schlechte Idee und wurde von liberalen Ökonomen entwickelt. Fakt ist: Keine zivilisierte Gesellschaft kann es sich heute leisten, seine Bürger zu vernachlässigen. Sie kann sich eine unkontrollierte Altersarmut oder ein unkontrolliertes Arbeitslosenheer nicht leisten. Und mit unkontrolliert meine ich, dass man diesen Personen die Lebensgrundlage entzieht. Die Miliz oder besser gesagt die Freiwilligenarbeit hat in der Schweiz seit Jahrhunderten eine herausragende Bedeutung und könnte bei dieser Thematik eine Lösung sein. Es ist eine falsche Vorstellung, ein Grundeinkommen beschränke sich lediglich darauf, ohne Bedingungen lebensnotwendige Mittel zur Verfügung zu stellen. Es wird ganz sicher differenzierte Bedingungen benötigen. In den nächsten Jahren werden neue Tätigkeiten in der Gesellschaft entstehen, die ein Grundeinkommen ergänzen können. So erhalten alle Personen eine Chance, sich auf die eine oder andere Weise in die neue Arbeitswelt zu integrieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Mensch nicht von Brot allein lebt. Sinnhafte Arbeitsfelder werden zum Beispiel rund um die Alterspflege aufkommen oder im Bereich Ökologie. Hier könnten Antworten entstehen für das 21. Jahrhundert.

Von der Gründergeneration zur Maturität

Die Anfänge der Branche waren hochspannend. Ich selbst durfte die Gründergeneration kennenlernen und für solche Persönlichkeiten arbeiten. Ich habe miterlebt, wie sie ihre Unternehmen zum Erfolg brachten und diese einer neuen Generation übergeben mussten. Aus Familienbetrieben entstanden gemanagte Grossbetriebe. Konsolidierungen fanden am Markt statt und Weltkonzerne wurden aufgebaut. Die ursprüngliche Idee einer sehr persönlichen Dienstleistung im Eins-zu-eins-Kontakt mit den Kunden hat sich über die Jahre gewandelt. Gleichzeitig hat ein zunehmender Reifeprozess eingesetzt. Wir hatten eine dramatische Steigerung des Durchdringungsgrads der Personaldienstleistung im Arbeitsmarkt. Das flacht sich nun ab – auch die Unternehmenszyklen. Das ist ein klares Muster aller unternehmerischen Tätigkeiten: Phasen eines Wachstums werden abgelöst von einer Maturität und irgendwann verschwinden die Unternehmen vom Markt. Die Personaldienstleister befinden sich zurzeit in einer Phase der Maturität. Es wird sich zeigen, wie sich der Arbeitsmarkt und die Personaldienstleistung weiterentwickeln. Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Viele Temporärarbeitende sehen bereits heute ihr Temporärbüro als Partner für die eigene Vermarktung. Vielleicht entstehen völlig neue Formen der Personaldienstleistung, die wir heute noch gar nicht kennen und die in einem starken Gegensatz zur klassischen Personaldienstleis­tung, der Rekrutierung und Auswahl von Kandidaten, stehen. Spannende Veränderungen kommen auf uns zu.

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Lui will weiterkommen: Mit der HR-Berufsprüfung

Lui ist 26 Jahre alt. Er ist Personalberater mit einer KV-Lehre und abgeschlossener Handelsschule. Lui will sein Fachwissen verbessern und beruflich weiterkommen. Abteilungsleiter klingt gut. Deshalb hat sich Lui für den HR-Fachmann mit Fachrichtung C angemeldet. Erfahren Sie mehr über Lui und seine Motivation für die HR-Berufsprüfung.

Über die nächsten Monate erfahren Sie hier die Geschichte von weiteren weiterbildungsmotivierten Personen.

 

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Georg Staub ist Präsident von swissstaffing.

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