Zwischen Mensch und Maschine
Die Arbeitswelt ist im Umbruch – auch die Personaldienstleistungsbranche. Johann Eberle ist erfahrener Trainer und langjähriger Kursleiter der Weiterbildungen von swissstaffing. Er hat über die Jahre viele Personalberater geschult und begleitet. Wir haben ihn gefragt: Wie der Personalberaterjob von morgen aussehen wird und welche Skills nötig sind?
Johann Eberle, Trainer und Kursleiter der Weiterbildungen von swissstaffing.
Herr Eberle, wie sind Sie mit der Schulung von Personalern in Kontakt gekommen?
Johann Eberle: Ursprünglich war ich als Verkaufsleiter tätig und wurde dann als Trainer abgeworben. In Deutschland habe ich zuerst Führungskräfte geschult, mir dabei manchmal auch die Zähne ausgebissen, jedenfalls aber viel gelernt. Als ich in die Schweiz zurückkehrte, um auch wieder mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen, machte ich mich selbstständig. Nach der Schulung von Führungskräften selber wieder einen Chef zu haben, hätte nicht mehr geklappt. Die Personaldienstleistungsbranche war damals gerade in der Boom-Phase und kam bereits in den Anfängen meiner Selbständigkeit auf mich zu. Die Schulung von Personalberatern macht mir bis heute sehr viel Freude.
Was macht einen guten Personalberater aus?
Ein guter Personalberater braucht vier Fähigkeiten: Einfühlungsvermögen gepaart mit Menschenkenntnis und Verkaufstalent sowie unternehmerisches Denken. Eigentlich sollte er so sein wie ich (lacht). Spass beiseite, auf der menschlichen Ebene sind die meisten Personalberater top. Beim Verkauf und insbesondere am Telefon hapert es aber bei vielen. Es ist illusorisch zu denken, jeder Personalberater liebe den Verkauf über das Telefon. Für viele ist es nur ein Mittel zum Zweck, um heute die HR-Partner zu erreichen. Zu guter Letzt braucht ein Personalberater auch unternehmerisches Denken. Denn er arbeitet in einem Betrieb, in dem die Zahlen direkt von seinem Erfolg abhängen. Das ist ein grosser Unterschied zu anderen HR-Berufen.
Vielleicht ist ja die Kaltakquise per Telefon in Zukunft gar nicht mehr nötig …
Die Prozesse werden sich verändern und das Telefon wird wahrscheinlich von Chats abgelöst. Was sich aber nicht ändert: Der Personalberater muss eine Persönlichkeit sein. Akzeptanz bei den Kandidaten und Kunden aufbauen zu können – egal über welche Kanäle – ist die Herausforderung. Um es auf den Punkt zu bringen: Es gibt einige die sind einfach nur «Schnurris», andere nur «Gspürsch-mi-fühlsch-mi». Aber im Beruf braucht es alle vier oben genannten Elemente, denn ein Personalberater sollte ein proaktiver Partner sein. Es ist ein anspruchsvoller Job, der über die Jahre immer gefragter wurde. Das zeigen auch die Zahlen: 2015 hat die Personaldienst-
leistungsbranche rund 7 Milliarden umgesetzt.
Welche Fähigkeiten sind zukünftig gefragt, um diesen Erfolg zu zementieren?
Die heutige Geschäftswelt dreht sich immer schneller und der Preisdruck steigt. Aufgrund des schnelllebigen Arbeitsmarktes und des Drucks, der auf den Firmen lastet, braucht es den Personalberater als Partner für HR-Abteilungen umso mehr. Als Gegenpol zu Schnelligkeit und Technik eröffnen sich hier Möglichkeiten in der persönlichen Betreuung – auch für die Kandidaten.
Was bedeutet das für den Personalberater ganz konkret?
Er oder sie muss mit den Veränderungen umgehen können und den Überblick behalten. Sowohl über die Bedürfnisse des Kunden wie auch des Kandidaten. Das setzt Neugier am Weltgeschehen, Fachwissen und Offenheit voraus. Und natürlich auch eine grosse Portion Empathie. Es gilt, den Partnern auf gleicher Augenhöhe gegenüberzutreten.
Das sind hohe Anforderungen. Was sind Ihre Tipps, um für die Zukunft aufzurüsten?
Weiterbildung ist das A und O – und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich selbst Kursleiter bin (lacht). Es passiert so viel in unserem Alltag, dafür reicht eine einzige Ausbildung einfach nicht mehr. Wir müssen uns laufend schulen. Die HR-Berufsprüfung mit Fachrichtung C finde ich eine tolle Weiterbildung. Aber auch Intensivkurse, wie wir sie bei swissstaffing anbieten, geben frische Ideen für den Arbeitsalltag.
Häufig fehlt dafür die Zeit. Wie sollte man mit dem steigenden Druck umgehen?
Unser Druck entsteht durch Ängste und unsere Ängste sind selbstgemacht. Es gilt, sich immer wieder auf Positives zu konzentrieren und die Informationen, die für einen wichtig sind, gezielt herauszufiltern. Gerade Führungskräfte sollten häufiger mal an den See gehen, die Füsse ins Wasser halten und über die Zukunft nachdenken. Denn im Alltag verschlafen viele die Entwicklungen und ziehen danach schwerwiegende Konsequenzen für ihre Unternehmen.
Wie blicken Sie der Industrie 4.0 entgegen?
Eher skeptisch – gerade wegen den neusten Entwicklungen im digitalen Bereich. Wir geben den Maschinen einen grossen Teil unserer Autonomie ab, ohne diese wirklich zu verstehen oder bedienen zu können. Das kann gefährlich sein, wie wir kürzlich am Beispiel des Tesla-Unfalls gesehen haben. Ich bin überzeugt, dass ein Unternehmen so gut ist und bleibt wie die Menschen, die darin arbeiten, und nicht wie die Maschinen. Wir sollten den Fokus nicht auf die Maschinen setzen, sondern in die Menschen selbst investieren.