HR Today Nr. 10/2020: Fokus Forschung

Ansteckungsgefahr in den sozialen Medien: Wer ist immun und wer lässt sich anstecken?

Mitarbeitende vergleichen ihre Löhne oder Karriereentwicklungen regelmässig mit jenen ihrer Arbeitskolleginnen und -kollegen. Diese Vergleiche beeinflussen eigene Jobentscheide. Kündigt ein Kollege, überlegt man sich beispielsweise, ob man ebenfalls kündigen soll. Wie solche Vergleiche in den sozialen Medien ablaufen, hat eine Studie des Centers für Human Resource Management an der Universität Luzern erstmalig untersucht.

Die Forschung zeigt, dass das Verhalten von Arbeitskolleginnen und -kollegen andere Mitarbeitende dazu bewegen kann, selber zu kündigen. Bislang wurden solche ­Ansteckungsmechanismen jedoch nur ­innerhalb von Unternehmen untersucht. Die vorliegende Studie erforscht nun erstmalig, ob Kontakte in den sozialen Medien einen Einfluss darauf haben, ob jemand einen neuen Job sucht oder nicht.

Für die Studie wurden ausschliesslich Beschäftigte befragt, die Linkedin nutzen. Arbeitnehmende aus Verkauf und Marketing sollten angeben, ob einer ihrer Linkedin-Kontakte in den letzten drei Monaten den Job gewechselt hat. Gleichzeitig wurden die Teilnehmenden von einem Personalvermittler angefragt, ob sie an einer Zusammenarbeit interessiert wären und ihren CV schicken würden.

Die Ergebnisse der Studie zeigen:

  • Beschäftigte, die eine hohe Arbeitsmarkfähigkeit besitzen und von einem Jobwechsel eines Linkedin-Kontakts erfahren haben, schickten dem Personalvermittler ihren CV häufiger.
  • Beschäftigte, die von einer guten Einbettung im Unternehmen berichteten, beispielsweise einer guten Passung und einem grossen internen Netzwerk und von einem Jobwechsel unter ihren ­Linkedin-Kontakten erfuhren, schickten dem Personalvermittler ihren CV ebenfalls häufiger.

Daraus lässt sich schliessen, dass Mitarbeitende, die Arbeitgebende im Unternehmen halten möchten, anfällig für Signale in den sozialen Medien sind.

Somit lassen sich folgende Handlungsempfehlungen ableiten:

  • Die sozialen Medien beeinflussen die Arbeitseinstellung der Beschäftigten. Für Arbeitgebende lohnt es sich deshalb, eine Strategie zu entwickeln, wie sie sich in den sozialen Medien positionieren.
  • Obwohl im Unternehmen gut eingebettete Mitarbeitende bei einer Kündigung mehr aufgeben müssten (beispielsweise ihre Netzwerke), sollten sie im Retention Management nicht vergessen gehen.

Quelle: Sender, A. & Korzynski, P. (2019). «How peers’ updates on social media influence job search». Journal of Managerial Psychology, 35(1), 1-12.

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Anna Sender

Dr. Anna Sender ist Dozentin und Forscherin an der Hochschule Luzern und Universität Luzern. Sie leitet das Projekt «Talent Recipe», das sich mit der Talent-Identifikation und -Kommunikation befasst. Sie ist zudem Vorstandsmitglied der Zürcher Gesellschaft für Personalmanagement (ZGP).

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