Heft Nr. 9/2015: Arbeit und Recht

Aufhebungsvereinbarung: Was zu beachten ist

So wie das Arbeitsverhältnis zustande kommt, kann es auch beendet werden: 
durch die übereinstimmende Willensäusserung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. 
In einer schriftlichen Aufhebungsvereinbarung werden dann die Konditionen 
der Beendigung definiert. – Tönt einfach, birgt jedoch Fallstricke.

Die Gründe, warum ein Arbeitsverhältnis nicht mittels Kündigung, sondern durch Übereinkunft aufgelöst wird, können unterschiedlich sein. Auch sind ebenso viele Konstellationen denkbar, bei welchen der Anstoss für eine gegenseitige Aufhebungsvereinbarung vom Arbeitnehmer oder vom Arbeitgeber ausgeht. In der Praxis stellt man drei Hauptthemenkreise für eine vertragliche Auflösung fest:

  1. Der Arbeitnehmer hat bereits vorzeitig eine neue Stelle.
  2. Man möchte eine Trennung auf Augenhöhe.
  3. Der Arbeitgeber befürchtet, dass der Endtermin des Arbeitsverhältnisses hinausgezögert wird (Sperrfrist).

 Mit einer Aufhebungsvereinbarung kann das Arbeitsverhältnis per sofort aufgelöst werden. Der Arbeitnehmer ist von seiner Arbeitspflicht befreit und der Arbeitgeber von seiner Lohnzahlungspflicht. In der Praxis wird meist eine Austrittsentschädigung vereinbart – sie muss aber nicht zwangsläufig dem Lohn während der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechen.

Aufhebung zugunsten des Mitarbeitenden

Ist die vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor allem im Interesse des Arbeitnehmenden, wird der Arbeitgeber in der Regel einwilligen. Je nach Situation ist dem Arbeitnehmenden die sofortige Auflösung wichtiger als die Zahlung der vertraglichen Kündigungsfrist. Verlangt der Arbeitnehmende die Aufhebung, so sollte dies in der Aufhebungsvereinbarung im Einleitungstext ausdrücklich so festgehalten werden. Sollte der Arbeitnehmende nämlich Arbeitslosenentschädigung beziehen wollen, ist damit klar kundgetan, dass die vorzeitige Aufhebung nicht auf Druck des Arbeitgebers erfolgt ist. Die Arbeitslosenkasse wird also gegenüber dem Unternehmen kaum Lohnforderungen durchsetzen können, was sie aber natürlich jedes Mal prüft, wenn ein Versicherter ein Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet.

Verzichtsverbot

Die Freiheit, eine Aufhebungsvereinbarung abzuschliessen, erfährt im Arbeitsvertrag selber eine entscheidende Einschränkung. Gemäss Art. 341 I OR kann der Arbeitnehmende auf Ansprüche, die ihm zwingend zustehen, nicht verzichten. Auch wenn er sich dessen bewusst ist und er trotzdem freiwillig auf zwingende Ansprüche, die bereits entstanden sind, mittels Aufhebungsvereinbarung verzichtet, kann er dies nicht rechtsgültig tun. Eine Vereinbarung wäre in diesen Bereichen oder allenfalls sogar als Ganzes nichtig, sie würde also keine Rechtswirkung entfalten. Die zwingenden Ansprüche im Arbeitsvertrag sind definiert (Art. 361, 362 OR). Im Wesentlichen sind dies in der Praxis Ansprüche aus geleisteter Überzeitarbeit, Ferienguthaben und Auslagenersatz. Nicht zu den zwingenden Ansprüchen gehören der Lohn und die Überstundenentschädigung. Allerdings ist zu erwähnen, dass das Bundesgericht die bereits geleistete Überstundenarbeit als ebenfalls unverzichtbaren Anspruch erklärt. Eine Austrittsentschädigung muss also finanziell betrachtet mindestens diejenige Summe betragen, welche die Addition der unverzichtbaren Ansprüche beträgt. In der Praxis wird dies oft so gemacht, dass eine Pauschalsumme als Austrittsentschädigung vereinbart und gleichzeitig erklärt wird, dass damit sämtliche Ansprüche abgegolten sind.

Umgehung künftiger Ansprüche

Mit dem Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung verzichtet der Arbeitnehmende auf künftige Rechtspositionen während der Kündigungsfrist, allen voran auf den Sperrfristenschutz während der Kündigungsfrist bei Krankheit und Unfall. Und so fragt man sich zu Recht, ob es denn unter diesem Aspekt überhaupt zulässig ist, eine Aufhebungsvereinbarung abzuschliessen, oder ob es sich dabei um eine unzulässige Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes handelt. Liegt der Grund für den Aufhebungsvertrag allein in der Vereitelung des Sperrfristenschutzes, so ist dies klar eine Umgehung und unzulässig. Sprechen aber sachliche Gründe für den einvernehmlichen Aufhebungsvertrag, so ist dieser grundsätzlich zulässig. Es ist also immer zu beurteilen, ob der an sich geschützte Arbeitnehmer an der vorzeitigen Aufhebung ein eigenes vernünftiges Interesse hat. Falls dies der Fall ist, steht einer Aufhebungsvereinbarung nichts entgegen, selbst dann nicht, wenn sie während einer laufenden Sperrfrist vereinbart wird. Gerichte beurteilen also die Rechtmässigkeit einer Aufhebungsvereinbarung stets danach, ob echte und vor allem gegenseitige Zugeständnisse vorliegen.

Mündliche Vorbesprechung

Soll das Arbeitsverhältnis mittels Aufhebungsvertrag aufgelöst werden, muss sich der Arbeitgeber auch immer Gedanken machen, welches die Alternative dazu ist und welches die Vor- und Nachteile beider Wege sind. Danach sollten die Punkte, die es zu regeln gilt, zusammengestellt und eine Übersicht betreffend Mehrstunden und Ferien erstellt werden. Anhand dessen kann ein konkretes finanzielles Angebot erarbeitet werden, das dem Arbeitnehmenden in einem persönlichen Gespräch vorgestellt werden kann. Wenn es die Umstände erlauben, sollte dem Arbeitnehmenden eine kurze Bedenkzeit eingeräumt und gleich ein nächster Besprechungstermin vereinbart werden.

Im ersten Gespräch ist es noch nicht nötig, den ausformulierten Aufhebungsvertrag zu unterbreiten; eine Übersicht, welches die Bedingungen einer vorzeitigen Auflösung sein könnten, kann aber abgegeben werden. Kommt der Anstoss für eine Aufhebungsvereinbarung vom Arbeitgeber, wird sich der Arbeitnehmende erst einmal mit diesem Gedanken anfreunden müssen. Ist er dann bereit, das Arbeitsverhältnis mittels Aufhebungsvertrag aufzulösen, kann der Vertrag gemeinsam besprochen und unterzeichnet werden. Zurückhaltung ist geboten, bei der Abgabe von Vertragsentwürfen. Sollte der Arbeitnehmende nämlich den Aufhebungsvertrag nicht akzeptieren und muss eine Arbeitgeberkündigung ausgesprochen werden, läuft man als Arbeitgeber die Gefahr, dass diese infolge Missbräuchlichkeit später angefochten wird. Deshalb ist es besser, die Aufhebung vorgängig mündlich zu besprechen und einen Unterzeichnungstermin zu vereinbaren.

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Brigitte Kraus ist ­Inhaberin der Agentur konzis. Sie ist Juristin und Unternehmenskommunikatorin und begleitet Unternehmen in Ver­änderungssituationen, ­insbesondere bei Betriebsübernahme, Neuausrichtung, Personal­massnahmen sowie bei der Gesprächsführung und Verhandlung mit Gewerkschaften und Arbeitnehmer­vertretungen.

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