Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Kündigung oder Aufhebung?
Ein auf unbestimmte Zeit eingegangener Arbeitsvertrag kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten aufgelöst werden. Entweder einseitig mittels Kündigung einer Vertragspartei oder zweiseitig mittels Aufhebungsvereinbarung beider Vertragsparteien. Welcher Weg der richtige ist, bestimmen die Umstände.
(illustration: Jonas Raeber)
Wird das Arbeitsverhältnis per Kündigung aufgelöst, so sind die vertraglich geltenden Kündigungsfristen und -termine einzuhalten. Indem die gekündigte Partei die Kündigung zur Kenntnis nimmt, entfaltet diese ihre Wirkung – ganz ohne, dass die gekündigte Partei damit einverstanden sein müsste. Kündigt also ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmenden, so spielt es für die Gültigkeit der Kündigung keine Rolle, ob der Arbeitnehmende damit einverstanden ist oder nicht, ob er die Gründe für die Kündigung nachvollziehen kann oder nicht. Allein mit der Kenntnisnahme der Kündigung ist diese gültig. Nur falls die Kündigung zu einer Sperrfrist erfolgt ist, ist diese nichtig, entfaltet also keine Rechtswirkung. Um eine Kündigung rechtsgültig auszusprechen, gibt es also wenig Hürden. Und trotzdem stellen sich Arbeitgeber immer wieder die Frage, ob und wann allenfalls eine Aufhebungsvereinbarung Sinn machen könnte.
Vorzeitiges Vertragsende
Bei einer Kündigung müssen die Kündigungsfristen gewahrt werden. Nun kann es aber sein, dass der Arbeitgeber, oder aber auch der Arbeitnehmende, Interesse daran hat, das Arbeitsverhältnis früher aufzulösen. Sind sich die Vertragsparteien einig, wann das Arbeitsverhältnis enden soll, so können sie dies in einer Aufhebungsvereinbarung festhalten. Der Auflösungszeitpunkt kann sofort sein, aber auch auf einen beliebigen Tag festgelegt werden. Kommt der Antrag seitens des Arbeitnehmenden, hat er allenfalls bereits eine neue Arbeitsstelle oder er möchte beispielsweise eine Reise antreten oder eine Weiterbildung belegen. Kommt dagegen der Anstoss vom Arbeitgeber, so stellt sich der Arbeitnehmende wohl die Frage, was ihm geboten wird, dass er früher aus dem Vertragsverhältnis aussteigt. Dies ist denn auch der Grund, warum vielfach auch bei einem Aufhebungsvertrag der Lohn während der vertraglichen Kündigungsfrist vergütet wird. Bedingung ist dies allerdings nicht.
Will also der Arbeitgeber den vorzeitigen Austritt aus dem Unternehmen mit einer Aufhebungsvereinbarung begünstigen, wird er sich vorgängig Gedanken machen müssen, unter welchen Konditionen eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen werden soll. Der Aufhebungsvertrag ist im Übrigen nicht mit der Freistellung zu verwechseln. Beim Aufhebungsvertrag handelt es sich – wie der Begriff schon deutlich macht – um einen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmendem. Bei der Freistellung dagegen handelt es sich um den blossen einseitigen Verzicht des Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung während der verbleibenden Kündigungsfrist. Ein Aufhebungsvertrag kommt daher erst dann zustande, wenn beide Parteien einverstanden sind. Wenn auch nicht erforderlich, so sollte eine Aufhebungsvereinbarung immer schriftlich erstellt werden, so dass beide Parteien ihre Unterschrift auf das Dokument setzen können. Der Aufhebungsvertrag kann jederzeit geschlossen werden, auch nach einer bereits erfolgten Kündigung.
Aufhebung als mildere Beendigung
Vergleicht man die Aufhebung mit der Kündigung, so kann man durchaus sagen, dass die Aufhebung die mildere Beendigungsform ist.
Beim Aufhebungsvertrag können beide Parteien mitbestimmen, ob sie das so wollen oder nicht. Bei der Kündigung dagegen wird einseitig ein Recht – und damit auch Macht – ausgeübt, was die gekündigte Partei gelegentlich regelrecht vor den Kopf stösst. Es sind Konstellationen denkbar, in denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auflösen muss, den Mitarbeitenden aber nicht mit einer Kündigung kränken will. Hier ist es durchaus legitim, die einvernehmliche Vertragsauflösung mit dem Mitarbeitenden zu besprechen. Der emotionale Aspekt bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses ist ein ganz wichtiger. Für viele Arbeitnehmende ist es nämlich angenehmer, wenn sie in eine Vertragsauflösung einwilligen können. Sie können die Auflösung mitbestimmen, wogegen sie sich bei einer Arbeitgeberkündigung fremdbestimmt und oft auch abgeschoben vorkommen. Deshalb kann ein Aufhebungsvertrag gerade für die weitere berufliche Entwicklung hilfreich sein und den Mitarbeitenden motivieren.
Schliesslich gibt es auch jene Fälle, in denen sich der Arbeitnehmende nicht korrekt verhalten hat, was den Arbeitgeber zur Vertragsauflösung veranlasst. Auch in diesen Fällen kann es für beide Seiten sehr wohl Sinn machen, das Arbeitsverhältnis mittels Aufhebungsvereinbarung aufzulösen, anstatt dass der Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen muss. Je nach Verfehlung des Arbeitnehmenden kann man ihm terminlich entgegenkommen.
Die Nachteile einer Aufhebung
Wenn immer möglich sollte die einvernehmliche Vertragsauflösung zunächst mündlich besprochen werden, bevor der Arbeitgeber einen schriftlichen Vorschlag vorlegt. Arbeitgeber riskieren damit aber regelmässig, dass sich der Arbeitnehmende nach einem solchen Gespräch krank meldet, damit eine Sperrfrist auslöst und das Arbeitsverhältnis somit vorübergehend unkündbar ist. Dieses Risiko ist denn auch der Grund, weshalb dem Arbeitnehmenden für den Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung oft keine Bedenkzeit eingeräumt wird, was juristisch unter Umständen problematisch ist. Für den Mitarbeitenden hat die Aufhebungsvereinbarung dann deutliche Vorteile, wenn er vorzeitig aus dem Vertrag aussteigen möchte. Auf der anderen Seite riskiert der Mitarbeitende mit der einvernehmlichen Vertragsauflösung möglicherweise Einstelltage, falls er sich danach arbeitslos meldet. Und grundsätzlich verliert er den Sperrfristenschutz, wenn das Arbeitsverhältnis auf einen späteren Termin, aber mittels Aufhebungsvereinbarung auflöst wird.
Die Aufhebungsvereinbarung sollte nicht als Standard gewählt werden, um Arbeitsverhältnisse zu beenden. Es gibt aber zahlreiche Sachverhalte, in denen eine einvernehmliche Auflösung viel mehr Sinn macht als eine einseitige Kündigung – und zwar für beide Seiten. Die Ausgestaltung einer Aufhebungsvereinbarung muss sehr individuell erfolgen, und so ist die Verwendung von Mustervorlagen nur beschränkt ratsam.