Bruno Geiger
Ein Bonus für hundertprozentige Präsenz am Arbeitsplatz verleitet Mitarbeitende, die krank sind, am Arbeitsplatz zu erscheinen. Arbeiten sie trotzdem, weisen diese Mitarbeitenden oft eine verminderte Konzentrations- und Leistungsfähigkeit auf, verursachen höhere Fehlerquoten und führen ihre Arbeit in sinkender Qualität aus. Zudem steigt die Ansteckungsgefahr für die anderen, noch gesunden Mitarbeitenden.
Mit einem Bonus gegen das Blaumachen werden somit Mitarbeitende belohnt, die dem Unternehmen, den Arbeitskolleginnen und -kollegen und vielleicht sogar den Kunden einen Schaden zufügen. Zusätzlich übt die Einführung eines solchen Bonussystems einen immensen Druck auf die Belegschaft aus. Haben Sie ein Absenzenmanagement aufgebaut, diese Massnahmen kontrolliert, überprüft und optimiert? Dann belassen Sie es bei diesen Begleitmassnahmen und vergessen Sie den Bonus. Arbeitsanreize in schlechtem Gesundheitszustand zu etablieren heisst auch, das Durchbeissen bei Anzeichen und Symptomen eines Burnouts zu fördern.
Der Medikamentenkonsum zur Leistungssteigerung ist weit verbreitet und die Zahl der Menschen, die mit ganz verschiedenartigen «psychosomatischen» Symptomen aus dem Arbeitsprozess ausscheiden, ebenfalls. Ist es demnach wirklich zu verantworten, mit einem äusserst fragwürdigen Bonusanreiz diesen Entwicklungen noch weiter Vorschub zu leisten?
Die Absenzenrate ist mit der Qualität der effektiv gelebten Unternehmenskultur gekoppelt. In Unternehmen, wo Wertschätzung, Ehrlichkeit, Fairness sowie vorbildliches Führungsverhalten zur Norm gehören, sind auch die Absenz- und Krankheitsraten tief. Motivierte, zufriedene, geführte und geforderte Mitarbeitende bleiben nicht einfach so am Montagmorgen zu Hause und «feiern blau».
Unternehmen und deren Führungskräfte haben die Aufgabe und Verantwortung, ihre Mitarbeitenden zu führen, zu fordern, zu fördern und somit «marktfähig» zu halten. Führen braucht Zeit. Mitarbeitende zu führen, zu betreuen und zu fördern geht nicht «nebenbei». Führung braucht Konzentration, Engagement, Freude und Herzblut. Das heisst ganz konkret, dass Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden zu beobachten haben, um zu merken, ob es ihrer Crew «wohl» ist oder ob es Probleme – welcher Art auch immer – gibt.
Investieren Sie in kompetente Führung und motivierte Mitarbeitende und geben Sie Ihren Führungskräften auch Zeit für die Führung. Investieren Sie also in Zeit und nicht in die Auszahlung von Boni. Der unmittelbare Nutzen in der Zufriedenheit der Belegschaft, Ihrer Lieferanten und Kunden zeigt sich im Unternehmenserfolg. Dieser wird um ein Vielfaches höher sein als die erzielten «Krankheitseinsparungen» mit einem fragwürdigen Bonus.