Heft 6/2015: Fokus Forschung

Das Geschlecht beeinflusst die Lohnpräferenz

Weltweit sind Frauen in Top-Positionen in Unternehmen untervertreten. Obwohl die Gründe oftmals der Diskriminierung am Arbeitsplatz zugeschrieben werden, können auch Lohnsysteme eine Rolle spielen.

David Masclet von der Universität Rennes und Kollegen haben sich dem Thema gewidmet und experimentell untersucht, wie sich die Lohnpräferenzen von Frauen und Männern unterscheiden. In einem Experiment haben 95 Frauen und 107 Männer wiederholt eine Aufgabe gelöst. Jeder Fehler wurde durch eine Meldung angezeigt und musste korrigiert werden, bis die Aufgabe fehlerfrei gelöst war. Zufällig wurden sie entweder einem Entlöhnungsmodell mit einem fixen Lohn oder einem Wettbewerbslohn zugeteilt. Beim Fixlohn erhielten die Teilnehmenden für das Lösen der Aufgabe 2.50 Euro. Beim Wettbewerbslohn wurden zufällig Paare gebildet, wobei diejenige Person, die beim Lösen der Aufgabe weniger Fehler hatte, der Gewinner war und 4.50 Euro bekam. Der Verlierer bekam lediglich 1.00 Euro. Zusätzlich wurde untersucht, welches Entlöhnungsmodell die Teilnehmenden wählen würden, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.

Die Resultate zeigen, dass Frauen im Vergleich zu Männern eine höhere Leistung erbringen, das heisst weniger Fehler machen, wenn sie unter einem Fixlohn arbeiten. Zudem haben die Forscher herausgefunden, dass sowohl Männer als auch Frauen ihre Leistung steigern, sobald sie von einem Fixlohn auf einen Wettbewerbslohn wechseln. Allerdings ist die Leistungssteigerung bei Männern höher als bei Frauen, was dazu führt, dass schlussendlich kein Unterschied in der Leistung unter Wettbewerbslohn zwischen den Geschlechtern festgestellt werden konnte. Die Studie hat ausserdem ergeben, dass Frauen im Vergleich zu Männern eher dazu neigen, einen Fixlohn zu wählen.

Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass Frauen unter Fixlohn besser abschneiden. Die Autoren erklären dies mit geschlechterspezifischen Unterschieden in der intrinsischen Motivation: Wenn keine extrinsischen Motivatoren vorhanden sind, neigen Frauen eher dazu, Bedeutung und Spass bei den Aufgaben zu suchen, als Männer, was zu höherer Leistung führt. Dazu argumentieren die Forscher, dass Frauen wahrscheinlich weniger Vertrauen in die eigene Leistung haben, was dazu führt, dass sie eher den Fixlohn bevorzugen. Tatsächlich zeigen die Resultate, dass die Frauen durch das wiederholte Lösen der Aufgabe Erfahrung und dadurch Vertrauen gewonnen haben, was dazu führte, dass sie sich öfters für den Wettbewerbslohn entschieden. Da viele Top-Positionen einen hohen Leistungslohnanteil beinhalten, könnte diese Abneigung gegen Wettbewerbslöhne von Frauen eine mögliche Erklärung liefern, warum Frauen in Vorständen eher untervertreten sind.

  • Quelle: David Masclet, Emmanuel Peterle, Sophie Larribeau (2015) «Gender differences in tournament and flat wage schemes: An experimental study», Journal of Economic Psychology 47, 103–115.
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Anna Sender

Dr. Anna Sender ist Dozentin und Forscherin an der Hochschule Luzern und Universität Luzern. Sie leitet das Projekt «Talent Recipe», das sich mit der Talent-Identifikation und -Kommunikation befasst. Sie ist zudem Vorstandsmitglied der Zürcher Gesellschaft für Personalmanagement (ZGP).

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