Das HR messbar machen
Die Forderung ist nicht neu: Das HR soll nachweisen, was es zur Unternehmenswertschöpfung beiträgt. Doch wie macht man HR-Leistungen nachweisbar und bildet diese in einem Kennzahlensystem ab? Ein Praxiseinblick bei der Maschinenfabrik Rieter AG.
Macht bei Rieter den Wertschöpfungsbeitrag messbar: Thomas Speck, Vice President Human Resources. (Foto: Johanna Bossart)
Wer den Wertschöpfungsbeitrag des HR messbar machen will, sieht sich nicht nur mit der Einführung eines HR-Controlling-Systems konfrontiert, sondern setzt sich meist auch gleich mit der Veränderung der gesamten HR-Philosophie auseinander. So auch Thomas Speck, Vice President Human Resources und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Maschinenfabrik Rieter AG.
«Bei meinem Eintritt ins Unternehmen erhielt ich den Auftrag, den Bereich Human Resources auf die Unternehmensbedürfnisse neu auszurichten sowie ein integriertes HR-Managementsystem und HR-Modell einzuführen, welches die Ziele der Unternehmensvision, der Strategie und des Gesamtunternehmens abbildet», erklärt Thomas Speck. «Gleichzeitig wollten wir Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzeigen sowie Frühindikatoren erarbeiten, um unsere HR-Aktivitäten besser messbar und steuerbar zu machen und Grundlagen für nachhaltigere Geschäftsleitungsentscheide zu schaffen.»
Mit der Balanced Scorecard hat die Maschinenfabrik Rieter zu Jahresbeginn ein Modell adaptiert, das diese Anforderungen weitgehend erfüllt: «Damit berücksichtigen wir nicht nur monetäre, sondern auch qualitative Aspekte. Wir bilden nicht nur quantitative Leistungskennzahlen ab, sondern wir erfassen auch Leistungstreiber sowie interne und externe Ziele. Diese Auswertungen rapportieren wir monatlich an die Geschäftsleitung und fassen die wichtigsten Erkenntnisse in einem ‹Kennzahlen-Cockpit› zusammen», erläutert Thomas Speck. «Damit gewinnen wir jeden Monat neue Erkenntnisse und sind gezwungen, uns ständig zu hinterfragen und unsere HR-Strategie anzupassen.»
Netter Nebeneffekt: Zusammen mit einem klaren Change-Management-Konzept bietet die Balanced Scorecard weitere Grundlagen für die Organisationsentwicklung.
Weniger ist oft mehr
Bei der Ausgestaltung des Kennzahlensystems orientiert sich die Maschinenfabrik Rieter an den klassischen Dimensionen der Balanced Scorecard: Finanzen und Ressourcen, interne und externe Kunden, Geschäftsprozesse und Erneuerung, Innovation und Entwicklung (Mitarbeiter) und leitet daraus die entsprechenden Kennzahlen ab.
Dabei ist weniger oft mehr. Nicht alles, was erhoben werden kann, bildet tatsächlich einen Mehrwert: «Wir erheben nur wenige Kennzahlen, um keine Datenmengen zu generieren, die dann doch nicht sinnvoll ausgewertet werden können», erklärt Thomas Speck.
Das sind im Falle der Maschinenfabrik Rieter Kennzahlen wie Fluktuation, Austrittsgründe oder Zusammensetzung der Belegschaft. Angereichert werden diese Daten mit weiteren Aussagen zu Kosten, Zeitaufwand oder Qualität. «Im Bereich der Rekrutierung interessieren uns die Vollkosten und wir erheben, wie lange eine Stellenbesetzung dauerte oder in wie vielen Fällen eine Stelle mit internen oder externen Kandidaten besetzt werden konnte.»
Diese Kennzahlen werden bei der Maschinenfabrik Rieter bis auf Bereichsebene heruntergebrochen. Bei speziellen HR-Aktivitäten bis zum einzelnen Team oder Mitarbeitenden. Qualitative Faktoren in der Balanced Scorecard miteinzubeziehen und die korrekten Rückschlüsse zu ziehen, ist nicht ganz einfach. Oft scheitert es aber schon an den Grundvoraussetzungen: «Eine Schwachstelle der Balanced Scorecard liegt sicher darin, dass Ziele oft falsch gesetzt werden. Es ist sehr aufwendig, diese richtig zu formulieren», meint Thomas Speck.
Wenn man beispielsweise als HR-Ziel definiere, einen bestimmten prozentualen Anteil der Führungskräfte durch interne Mitarbeitende zu besetzen, sei das etwas fragwürdig, gibt Thomas Speck zu bedenken. Schliesslich sei bei der Stellenbesetzung nicht alleine die Quotenerfüllung, sondern die Qualität der Führungspersönlichkeiten matchentscheidend. Um solche Zielverzerrungen zu vermeiden, sollten Zielsetzungen deshalb immer in Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und den verschiedenen Führungsebenen besprochen und reflektiert werden.
Ziele richtig zu setzen, ist das eine. Deren Erreichung zu messen und zu interpretieren, das andere. So gibt man sich bei der Maschinenfabrik Rieter bei der Deutung der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge noch etwas vorsichtig: Noch könne man nicht überall belegen, dass Massnahme X auch tatsächlich Wirkung Y erziele.
Relevant sind jedoch nicht nur interne Kennzahlen, ebenso wichtig sei es, zu erfassen, wie diese Auswertungen im Vergleich zu anderen Unternehmen zu deuten sind, den sogenannten «Benchmarks». Bei Rieter erfolgt der branchenübergreifende Vergleich auf mehreren Ebenen.
Individuelle Erfolgsmessung
So ist das Unternehmen im Branchenverband Swissmem vertreten, der jährlich wettbewerbsrelevante Kennzahlen herausgibt, nimmt aber auch regelmässig an Studien und Forschungsarbeiten von Fachhochschulen und Universitäten teil. Für welchen Weg der Erfolgskontrolle sich ein Unternehmen letztlich auch entscheidet: Aus Sicht von Thomas Speck ist die Erfolgsmessung sehr individuell und abhängig von den zu erreichenden Zielen.