Der Community-Manager
Adrian Brunner bringt bei Cisco Menschen länderübergreifend für verschiedene HR-Projekte zusammen. Als HR-Leiter Schweiz und Österreich arbeitet er meist virtuell in ständig wechselnden Teams. Dabei hat er die Technologien des Telekommunikationsunternehmens schätzen gelernt.
Adrian Brunner ist HR-Verantwortlicher und Business-Partner bei Cisco. (Bild: HR Today)
Man wähnt sich im Film «The Matrix», wenn man mit dem Lift den dritten Stock des Bürogebäudes in Wallisellen erreicht, wo Cisco einen ihrer vier Standorte in der Schweiz hat. Schwarze Wände, schwarzer Boden – und eine grün leuchtende Säule. Ebenso futuristisch ist das Innere des Gebäudes, durch das uns der für die Schweiz und Österreich verantwortliche HR-Leiter Adrian Brunner mit grossem Stolz führt. «Wir können von überall her mit jedem kommunizieren.» Etwa im Konferenzraum, wo ein modernes Videoübertragungssystem installiert ist, das einem das Gefühl gibt, mit dem Gesprächspartner am gleichen Tisch zu sitzen – das Gefühl von Distanz ist wie weggeblasen.
Die Arbeitsbedingungen des Unternehmens sind fortschrittlich: Ob sie im Office, zu Hause oder sonst wo arbeiten – das entscheiden die meisten Cisco-Mitarbeitenden selbst. «Dafür muss man sich nicht rechtfertigen», sagt Adrian Brunner. Auch er arbeitet morgens regelmässig von zu Hause aus und fährt erst mit dem Zug nach Wallisellen, wenn die Rushhour vorbei ist. Im dritten Stock wird es am späteren Nachmittag zunehmend ruhiger – viele Mitarbeitende scheinen auch heute ausserhalb der Büroräumlichkeiten tätig zu sein. Diese Flexibilität bei der persönlichen Arbeitsgestaltung und die damit einhergehende Vertrauenskultur kommt bei den Mitarbeitenden gut an: Mit ihren Bewertungen haben sie Cisco 2018 in der Kategorie Grossunternehmen den ersten Platz im Great-Place-to-Work-Ranking verschafft. Und das in einer Phase, als sich Cisco stark im Wandel befand.
Fehler machen dürfen
Doch wodurch zeichnet sich die Cisco-Kultur aus? «Man hilft sich gegenseitig und sucht bei Problemen gemeinsam nach Lösungen», sagt Adrian Brunner. «Wir ziehen alle am selben Strick und verhalten uns mitverantwortlich.» Man könne Fehler machen und dürfe andere fragen, ohne sich vor negativen Konsequenzen fürchten zu müssen. Häufig probiere man Dinge einfach aus und passe den Prozess währenddessen an. Beispielsweise, als das Unternehmen vor vier Jahren seine klassischen Mitarbeiterbeurteilungen weltweit in allen Niederlassungen von heute auf morgen abgeschafft und das traditionelle Qualifikationsinstrument durch einen flexiblen Ansatz ersetzt hatte. «Wir wollten die Mitarbeiterbewertung individuell und flexibel gestalten und nicht an einer starren Rating-Struktur festhalten, die erst beim Jahresendgespräch zum Thema wird.»
Dieses Vorgehen kommt auch in diesem Fall gut: «Vieles, wovor wir im Vorfeld Angst hatten, ist nicht eingetroffen. Die Mitarbeitenden waren nicht verloren. Die Manager sind auf ihre Mitarbeitenden zugegangen und haben sich mit ihnen abgestimmt.» Ausgehend von den Reaktionen habe man angefangen, ein neues gemeinsames Verständnis für Leistung zu schaffen und zu definieren, wie diese festzuhalten sei. «Entscheidend ist, dass der Mitarbeitende weiss, wo er steht und was von ihm verlangt wird.»
Veränderungen als ständige Begleiter
Der sich schnell und stark verändernde Telekommunikationsmarkt fordert Cisco. Das stellt auch hohe Anforderungen an die Mitarbeitenden und an die gelebte Kultur. Teamwork und Flexibilität sind für Adrian Brunner dabei der Schlüssel zum Erfolg. Um den Kulturwandel voranzutreiben, hat Cisco unter anderem eine Team- und Lernplattform eingeführt. Dabei steht das lebenslange Lernen im Vordergrund. «Mitarbeitende haben unterschiedliche Lerngewohnheiten. Manche lesen Bücher, andere besuchen Kurse oder tauschen sich persönlich aus, weitere erweitern ihr Wissen durch Recherchen oder mit Youtube-Videos. Das möchten wir unterstützen.»
Dazu vereint Cisco interne und externe Lernmöglichkeiten. So können Mitarbeitende auch Lernthemen einbringen, die ihnen am Herzen liegen. «Habe ich beispielsweise ein Buch zu einem relevanten Thema gelesen, kann ich dieses auf der Plattform vorstellen. Sieht mein Vorgesetzter einen interessanten Artikel, bittet er sein Team, diesen zu lesen. Anschliessend diskutieren wir darüber.» Das verschaffe Mitarbeitenden mehr Visibilität und zeige, über welche allgemeinen Fähigkeiten sie verfügen und nicht nur, was sie im Job gelernt haben. «Wir wollen einen Menschen mit all seinen Facetten sehen.» Dabei geht es Brunner vor allem darum, Transparenz über die Ressourcen und Fähigkeiten im Unternehmen zu schaffen. «Wir müssen unsere Mitarbeitenden gemäss ihrer Stärken einsetzen und schnell auf Veränderungen reagieren. Sodass wir nicht in eine Situation geraten, wo wir Talente verlieren, die für uns unentbehrlich sind, oder wir uns von ihnen in einem Bereich des Unternehmens trennen, obwohl wir sie in einem anderen einsetzen könnten.»
Menschen zusammenbringen
Sei es als Netzwerker, Berater, Vermittler oder Schnittstellenmanager – Adrian Brunner füllt im kulturellen Cisco-Miteinander verschiedene Rollen aus: «Ich kann Menschen zusammenbringen, weil ich weiss, welches Wissen und welche zwischenmenschlichen Stärken wo im Unternehmen zu finden sind.» Eigenschaften, die ihm in der Cisco-Matrix-Organisation zugutekommen. Denn sein HR-Team ist innerhalb von Europa verteilt. Rund die Hälfte der 500 Mitarbeitenden in der Schweiz und Österreich haben zudem einen Vorgesetzten in einem anderen Land. So arbeitet Adrian Brunner mit Menschen zusammen, die aus unterschiedlichsten Ländern stammen und verschiedene Wertvorstellungen haben.
Etwa mit Payroll-Mitarbeitenden in Polen, Recruiting-Verantwortlichen in England, Israel, Deutschland und Portugal oder Benefits-Spezialisten in England. Nicht immer verläuft die Zusammenarbeit reibungslos und benötigt Überzeugungsarbeit und Fingerspitzengefühl. «Viele Mitarbeitende in anderen Ländern müssen für die Gepflogenheiten in der Schweiz und in Österreich sensibilisiert werden.» So verstünden Payroll-Mitarbeitende in Polen beispielsweise nicht auf Anhieb, weshalb sie den Lohnausweis nicht erst im April an Schweizer Mitarbeitende verschicken können oder dass in verschiedenen Schweizer Kantonen unterschiedliche Quellensteuersätze gelten.
Mitarbeitenden den Kontext zu vermitteln und die gegenseitigen Erwartungen abzugleichen, sei deshalb enorm wichtig. «Man muss erklären, wozu etwas gebraucht wird und was ein bestimmtes Verhalten bei anderen Menschen auslöst.» Das Entscheidende sei, nachzufragen, wenn jemand etwas nicht wie gewünscht mache. Ausserdem müsse man sich mit den Sitten und Gebräuchen verschiedener Länder auskennen. «Um Missverständnisse auszuräumen, kommt man nicht darum herum, sich regelmässig auszutauschen und Unklarheiten offen anzusprechen.»
Der Job bei Cisco als HR-Leiter Schweiz und Österreich und HR-Business-Partner Sales Slowenien und Kroatien kommt für den damals 38-Jährigen im Mai 2015 unverhofft. Denn im Dezember 2014 kündigt Adrian Brunner seine Stelle als Human Capital Business Partner bei PwC und reist mit seiner Lebenspartnerin während dreier Monate quer durch Asien. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz macht ihn ein ehemaliger Vorgesetzter auf eine Vakanz bei Cisco aufmerksam. Zwischen der Rückkehr in die Schweiz, dem Bewerbungsgespräch und Stellenantritt vergehen knapp vier Wochen. Eine Herausforderung, die es in sich hat und auf die er kaum vorbereitet ist. «Ich hatte wenig Ahnung davon, in einem komplexen, virtuellen Umfeld zu agieren. Da war ich ziemlich naiv. Allerdings habe ich auch unterschätzt, wie gut Technologie und Kultur Distanzen und Gräben zu überwinden vermögen.»
Es ist ein anderes Unternehmensumfeld als bei der Bank Leu, wo Adrian Brunner nach seinem Führungs- und Personalmanagement-Studium knapp 27-jährig seine ersten HR-Erfahrungen sammelt. Dort erlebt er aus nächster Nähe die Bankfusion zur Clariden-Leu. «Ich war im HR-Projektteam, das die neue Organisation topdown innerhalb von sechs Wochen entwickelt und koordiniert hat.» Eine lehrreiche Zeit, denn er muss ohne Vorlaufzeit das Beste aus der Situation machen und mithelfen, eine Firma aufzubauen.
Erfahrungen, die ihn bereichern, denn erstmals wird er mit der Realität konfrontiert, die er im Studium nur aus Büchern kannte. Etwa, wie man mit Veränderungen umgeht, wie man eine neue, gemeinsame Kultur bildet und dass das Annehmen von Erneuerungen nicht allen leicht fällt. Die Restrukturierung ist mit dem Projektabschluss indes nicht vorbei und begleitet Adrian Brunner auch in den folgenden Jahren. Währenddessen durchläuft er bei der Bank verschiedene HR-Stationen. Von HR-Projekten und dem Personalcontrolling über Training and Development zum HR-Business-Partner. Als die Bank 2012 in die Credit Suisse integriert wird und damit sein Betreuungsbereich mehrheitlich dem Rotstift zum Opfer fällt, ist die Zeit reif für eine persönliche Veränderung. Eine Woche nach Ankündigung der Integration kündigt Brunner seine Stelle und wechselt zu PwC.
Auszeit und Neubeginn
Erneut ist er mit einer komplett anderen Unternehmenskultur konfrontiert – hier die hierarchische, stark traditionell geprägte Bank, da der strukturierte Wirtschaftsprüfer PwC mit vorwiegend jüngeren Arbeitnehmenden. Das ungezwungene Miteinander und die Du-Kultur haben für Brunner ihren Reiz. Als HR-Business-Partner eröffnen sich ihm neue Lernfelder. Etwa, als PwC in der Wirtschaftsprüfung das Bonusmodell ändert und den Fokus verstärkt auf Leistung und Effizienz legt. Das hat unmittelbar Folgen auf das Verhalten der einzelnen Mitarbeitenden, etwa bei der Verteilung der Arbeiten oder bei der Zeiterfassung. Für Brunner eine Herausforderung, die aus dieser Verhaltensveränderung gewonnenen Informationen richtig zu interpretieren, Mitarbeitende im Wandel zu unterstützen, ihr Verhalten individueller zu betrachten und Manager herauszufordern, um die Veränderungen in die richtigen Bahnen zu leiten. Dabei hilft ihm ein ausgeklügeltes Performance-Management-System.
Die offene und umfassende Diskussion bei den jährlich stattfindenden Talent Reviews schätzt Adrian Brunner dabei sehr. Weniger begeistert ist er von den Ratings und deren gewünschter Verteilung. «Man versucht, die Vergangenheit in eine Zahl zu drücken, Rang-listen zu erstellen und unmögliche Vergleiche zu ziehen, statt zu besprechen, wie man den Einzelnen und das Unternehmen weiterbringt», sagt Brunner kritisch. Nach drei Jahren beim Beratungsunternehmen ist es für ihn an der Zeit, etwas anderes zu machen. Nämlich, sich eine Auszeit zu nehmen und den Sprung an die HR-Spitze zu wagen.
Zur Person
In Altdorf aufgewachsen, übernimmt Adrian Brunner (42) in der Pfadi schon früh Führungsverantwortung und durchläuft alle Stationen vom Wölfli bis zum Abteilungsleiter. 1998 beginnt er ein Studium in Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen. Daneben arbeitet er unter anderem bei einem Headhunter, am Fliessband in einer Fabrik sowie beim internationalen Pfadfinderzentrum.
2003 schliesst er sein Studium mit der Vertiefungsrichtung «Führungs- und Personalmanagement» ab und wird Personalentwicklungsspezialist bei der Bank Leu, wo er die Fusion zur Clariden-Leu begleitet. Es folgen Stationen im Training and Development und zum HR-Business-Partner. 2012 verlässt er das Unternehmen, als dieses in die CS integriert wird. Danach ist Brunner als Human Capital Business Partner drei Jahre bei PwC tätig.
Im Dezember 2014 kündigt er seine Stelle und reist mit seiner Partnerin quer durch Asien. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz im April 2015 erhält er einen Monat später ein Jobangebot bei Cisco als HR-Verantwortlicher Schweiz und Österreich sowie HR-Business-Partner Sales für Slowenien und Kroatien. Adrian Brunner engagiert sich im Vorstand von connexHR.
Das Video-Porträt mit Adrian Brunner finden Sie hier: zum Video.