Der Netzwerker
Mit 28 Jahren erreicht Grzegorz Grabinski etwas, wovon Gleichaltrige noch träumen: Er übernimmt die HR-Leitung eines KMU. Seit über einem Jahr trägt er nun beim Modeunternehmen C&A die Verantwortung fürs HR, wo er das Business-Partner-Modell implementiert und sich mit der Digitalisierung des HR beschäftigt.
«Bei Neueröffnungen unserer Filialen stehen die Leute Schlange», sagt Grzegorz Grabinski, Leader HR, C&A. (Bild: HR Today)
Das volatile Konsumverhalten der Kunden macht der Modebranche zu schaffen und verändert diese so schnell wie kaum eine andere: Diese schwierigen Marktbedingungen fordern auch C&A. Mit günstigen Angeboten und Fremdmarken sollen Kundinnen und Kunden nun aber wieder vermehrt in die Läden gelockt und es soll mehr verkauft werden. Offensichtlich mit Erfolg. «Bei Neueröffnungen unserer Filialen stehen die Leute Schlange», sagt Grzegorz Grabinski, Leiter HR der Modekette, sichtlich stolz.
Das Filialwachstum in der Schweiz hat Auswirkungen auf Grabinskis zehnköpfiges HR-Team: Es bringt deutlich mehr administrative Aufgaben mit sich. Diese will er möglichst automatisieren, um die Store Manager bei anfallenden HR-Aufgaben wie der Rekrutierung besser zu unterstützen. Etwa, indem sein Team die Vorselektion der Kandidaten übernimmt oder Videointerviews mit ihnen durchführt.
Daneben beschäftigen ihn Social-Corporate-Responsibility-Kampagnen, mit denen er die soziale Verantwortung des Unternehmens für die Mitarbeitenden sicht- und spürbar macht. Beispielsweise, indem sich diese regelmässig in wohltätigen Organisationen engagieren können. «Das fördert das Mitarbeiterengagement in unserem Unternehmen enorm.»
Draht zur Basis
Sich regelmässig in den C&A-Läden blicken zu lassen, lässt sich Grzegorz Grabinski trotz seines vollen Arbeitspensums nicht nehmen: «Ich besuche unsere Standorte so oft wie möglich, um den Puls unserer Mitarbeitenden zu fühlen», sagt er. Denn die Arbeit der Verkäuferinnen und Verkäufer werde oft unterschätzt, sei aber äusserst vielseitig: «Sie müssen die Kundenerfahrung so angenehm wie möglich gestalten und einen Mehrwert gegenüber der Konkurrenz schaffen.» Nicht zuletzt, um C&A zur On- und Offline-Lieblingsmarke der Kunden zu machen. Wie herausfordernd ein solches Multitasking ist, hat Grabinski selbst erfahren, als er während seiner Einarbeitungszeit eine Woche lang als Verkäufer in einer C&A-Filiale arbeitete.
Mit den Herausforderungen des Markts verändern sich auch die Aufgaben der Mitarbeitenden und die Anforderungen an sie – insbesondere in den Läden an Top-Lage. Ein Wechsel, der es in sich hat: «Während eine Verkäuferin früher alles im Laden gemacht hat, ist sie heute beispielsweise fast ausschliesslich für die Dekoration oder die Warenbewirtschaftung verantwortlich», sagt Grabinski. Der Strategiewechsel scheint gelungen, denn seither ist die Mitarbeiterzufriedenheit merklich gestiegen: «Nicht alle Menschen eignen sich zum Allrounder. Es gibt Mitarbeitende, die lieber mit Waren umgehen, und solche, die den direkten Kundenkontakt bevorzugen.»
An der lockeren Leine
Obschon er bei C&A erst ein Jahr im Amt ist, lässt Grabinski seinen Mitarbeitenden viel Spielraum und hält wenig von streng geregelten Vorgaben: «Wenn ich jemandem sage, was er zu tun hat, erziehe ich ihn zum Roboter und nicht dazu, mitzudenken. Menschen sollen das tun, wovon sie überzeugt sind.» Zeitweise sei das aufwendig, etwa, weil er erklären müsse, wozu ein HR-Prozess angepasst wird. «Jemandem vorzuschreiben, wie er arbeiten muss, bringt aber nichts. Jeder hat seine eigene Arbeitsweise.»
Dabei weiss Grzegorz Grabinski um die Stärken und Schwächen seiner Mitarbeitenden: «Bei einer Person gebe ich sofort Feedback, weil sie sich sonst nicht wertgeschätzt fühlt, bei einer anderen erst später, weil sie sonst glaubt, dass ich ihr nicht vertraue. Das erfordert viel Sensibilität.» Seine Hauptaufgabe sieht er aber darin, eine HR-Teamkultur zu schaffen, in der alle Mitglieder ihre Meinung äussern und das Team so effizienter machen. Jeder soll sagen dürfen, was er will. Wer nichts mehr sagt, hat die Hoffnung aufgegeben.»
Ein neues Team zu übernehmen, ist für Grzegorz Grabinski eine anspruchsvolle Aufgabe und herausfordernder als ein Branchenwechsel. Letzterer hat für ihn dennoch einige Vorteile. «Es braucht mehr geistige Flexibilität, um sich in einem neuen Umfeld zurechtzufinden». Komme man dagegen von der Konkurrenz, sei es wahrscheinlicher, dass man die Menschen im Team wie an der vorhergehenden Stelle behandle.
Herausforderung Branchenwechsel
Grzegorz Grabinski weiss, wovon er spricht, denn Branchenwechsel hat er bereits einige hinter sich. Etwa als er 2014 knapp 28-jährig die HR-Leitung beim Haushaltsgerätehersteller Bauknecht übernimmt. Der Wechsel zu Bauknecht ist wenig vorhersehbar und kommt über einen Headhunter durch eine Empfehlung eines Kollegen von Grabinski zustande. Mit seinem Angebot stösst der Headhunter auf offene Ohren: «Nach den Erfahrungen in Spezialisten- und Generalisten-Funktionen war ich an einer Führungsfunktion interessiert. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich aber nichts anerboten. Die Anfrage kam mir deshalb gerade recht.» Er erhält die Stelle, obwohl er zuvor noch keine Kaderluft geschnuppert hat.
Ganz ohne Support tritt er diese jedoch nicht an: «Bauknecht hat während der Übergangsphase eine Ad-Interim-Managerin engagiert. Sie hat alle HR-Arbeiten erledigt und viele Änderungen angestossen, die mir im Anschluss geholfen haben, mich einzuleben.»
Im Gegensatz zu PwC, wo er vier Jahre lang als Business Partner tätig ist, vermisst er bei Bauknecht aufgrund der Firmengrösse die vielen inhouse ansässigen Fachspezialisten, die er jeweils um Rat fragen konnte. Um sich fehlendes HR-Wissen anzueignen, agiert er pragmatisch: Findet er keine Antworten in seinem breiten PwC-Businessnetzwerk oder bei Bauknecht, scheut er sich nicht, zum Telefonhörer zu greifen.
Beispielsweise bei einem komplizierten Sozialversicherungsfall, als er die Behörden um Rat bittet. «Sie waren sehr entgegenkommend und pragmatisch.» Mit seinen HR-Leitungsfunktionen bei Bauknecht und C&A hat Grabinski geschafft, was andere erst mit 40 erreichen. Doch das ist für ihn kein Grund, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen: «Dereinst sollen meine Mitarbeitenden auf unsere gemeinsame Zeit zurückblicken und sagen können, dass sie von mir etwas gelernt haben.»
Zur Person
1986 in Polen geboren, kommt Grzegorz Grabinski 1991 als Fünfjähriger in die Schweiz, wo er zusammen mit seinem acht Jahre jüngeren Bruder aufwächst. Seine Jugendjahre verbringt er im aargauischen Nussbaumen und in Genf. Der Einstieg ins HR erfolgt versehentlich, als Grzegorz Grabinski während seines Politwissenschaftsstudiums an der Universität Zürich fälschlicherweise eine HR-Lesung belegt und den Raum nicht mehr verlassen kann, ohne Aufsehen zu erregen. Nebst seinem Studium verteilt er im Auftrag einer Agentur Kaugummis an Bahnhöfen und arbeitet als Kellner sowie in einem Mobilfunkladen, wo er acht Stunden lang etwas verkaufen soll, das auf kein Kundeninteresse stösst.
Es folgen ein Praktikum bei IBM in Genf, wo er administrative HR-Arbeiten eines Kunden ausführt, und ein interner Wechsel zu IBM in Zürich. Bei PwC nimmt die HR-Karriere des damals 24-Jährigen 2011 an Fahrt auf. Zuletzt als HR-Businesspartner, wo er zeitgleich eine Generalisten- und Spezialistenfunktion bekleidet und die Bedürfnisse des Business kennenlernt. Der Wechsel zum Haushaltsgerätehersteller Bauknecht, wo Grabinski die HR-Leitung übernimmt und ein HR-Team von drei Personen führt, kommt über einen Headhunter zustande. Nach vier Jahren folgt 2018 der Wechsel zu C&A.
Ein Tag im Leben von Grzegorz Grabinski
Was motiviert Sie, morgens zur Arbeit zu gehen?
Dass ich zusammen mit meinem Team einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten darf.
Wie beginnen Sie Ihren Arbeitstag?
Ich überprüfe meine Pendenzenliste und setze Prioritäten.
Ihre Mittagspause verbringen Sie?
Möglichst mit jemandem aus dem Team oder dem Unternehmen, weil mir der informelle Austausch wichtig ist. Wir reden dann eher selten übers Business. Wenn ich allein bin, spaziere ich zum nächsten Supermarkt und hole mir was zu essen.
Wie viele Stunden arbeiten Sie täglich?
Das verfolge ich nicht bewusst. Im Schnitt werden es aber schon 50 Stunden in der Woche sein.
Und wie erholen Sie sich?
Glücklicherweise muss ich mich nach der Arbeit nicht wie ein Sportler in ein Eisbad legen. Wenn das so wäre, würde etwas schieflaufen. Ich kann im Normalfall sehr schnell abschalten.
Ihre letzte Tat des Tages?
Ein Gute-Nacht-Kuss.
- 06:00 Uhr Aufstehen.
- 06:45 Uhr Zugfahrt zur Arbeit, je nach Stimmung mit dem Checken von Mails und dem Erledigen von Pendenzen oder mit Buchlektüre.
- 08:00 Uhr Informeller Austausch bei der Kaffeemaschine.
- 08:30 Uhr Gespräche mit Mitarbeitenden aus dem Team und dem Management-Team.
- 10:00 Uhr Projektarbeit.
- 12:00 Uhr Mittagessen, mit Arbeitskolleginnen und -kollegen.
- 14:00 Uhr Ladenbesuche.
- 15:00 Uhr Ungezwungene Gespräche im Pausenraum mit Mitarbeitenden und Austausch mit den Store-Leadern.
- 16:00 Uhr Mail, Telefon und konzeptionelles Arbeiten im Laden.
- 18:00 Uhr Zugfahrt nach Hause.
- 19:00 Uhr Essen und gute Gespräche mit meiner Lebenspartnerin oder guten Freunden.