Herr Giger, wenn Sie den Artikel «Nachdenken über die Zukunft ist nicht konjunkturabhängig» aus dem Jahr 2003 lesen, worüber müssen Sie heute schmunzeln?
Andreas Giger: Schmunzeln nicht, eher staunen. Ich hatte bei der Lektüre ein Erlebnis, das mir immer wieder passiert: Was, das wusste ich schon damals?
Sie bezeichneten sich damals als «Zukunftsphilosoph». Ist das heute noch treffend?
Grundsätzlich schon, allerdings ist diese Tätigkeit in den Hintergrund gerückt. Meine neue Passion ist seit nunmehr sechs Jahren das Schreiben von Marken-Krimis. Im Auftrag von Unternehmen oder Gemeinden schreibe ich exklusive Krimis, in denen die jeweilige Marke eine Hauptrolle spielt. Diese Bücher werden von meinen Auftraggebern verschenkt, verkauft und als Instrument der Markenpflege genutzt.
«Die Gefahren der älter werdenden Gesellschaft werden geradezu dämonisiert» lautete einer ihrer Kernaussagen. Inwiefern war dies überzeichnet?
Überzeichnungen gehören zum Marketing-Handwerk. In der Zwischenzeit erkennen aber immer mehr Menschen, dass das Älterwerden nicht nur eine Last ist, sondern auch Chancen im Sinne einer persönlichen Reifung darstellt.
Serie: 20 Jahre HR Today
HR Today wird 20 Jahre alt. Am 5. Juni 2018 feiern wir unser Jubiläum. Bis dahin blicken wir jede zweite Woche zurück auf den HR-Diskurs der vergangenen 20 Jahre. Dafür haben wir im Archiv gekramt, alte Artikel ausgegraben und uns auf die Suche gemacht nach den damaligen Protagonistinnen und Protagonisten sowie ehemaligen Chefredaktorinnen, um mit ihnen über die Entwicklungen im HR zu sprechen. Zur Übersicht
Mit dem Begriff «HR Management» hatten Sie erhebliche Mühe ...
Inhaltlich betrachte ich die Tendenz, alles managen zu wollen nach wie vor skeptisch. Nachsichtiger bin ich höchstens darin geworden, dass ich gebräuchliche Formulierungen anerkenne.
Viele Arbeitsmarktentwicklungen deuteten Sie schon damals an. Die Automatisierung zum Beispiel. Wie schätzen Sie die Situation heute ein?
Der Trend zu prekären Arbeitsverhältnissen hat sich leider verstärkt und wird von manchen Arbeitgebern als Fortsetzung klassischer Ausbeutungsstrategien missbraucht.
Für andere wie die digitalen Nomaden dagegen ist das eine gute Entwicklung. Dass es verschiedene Arbeitsformen gibt, betrachte ich grundsätzlich als positiv, denn es erhöht die Wahlmöglichkeit des Individuums, für sich selbst die passendste Arbeitsform zu finden.
Ob uns die Arbeit ausgeht oder sich genügend neue Möglichkeiten öffnen werden, wage ich weniger denn je vorauszusagen. Prognosen sind gemäss Mark Twain ja schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.
Andreas Giger
Nach einem Studium der Sozialwissenschaften hat Andreas Giger als Sozialwissenschafter, Politiker, Journalist, Herausgeber eines Magazins, Lektor, Unternehmensberater, Management-Trainer und Ghostwriter gearbeitet. Er hat zahlreiche Bücher vom Krimi bis hin zum Sachbuch geschrieben. Heute beschäftigt er sich hauptsächlich mit Schreiben von Marken-Krimis, in denen seinen Auftraggebern eine Hauptrolle zukommt.