Die Änderungskündigung: Mittel zur Durchsetzung von Vertragsänderungen
Wenn sich die Verhältnisse rasch wandeln, kann es aus Sicht eines Unternehmens notwendig sein, dass Arbeitsverträge zuungunsten von Arbeitnehmenden geändert werden. Zur Durchsetzung steht dem Arbeitgeber das Instrument der Änderungskündigung zur Verfügung.
Vorsicht bei einer Änderungskündigung. (Illustration: Jonas Raeber)
Änderungskündigungen werden in der arbeitsrechtlichen Praxis fast ausschliesslich von Arbeitgebern eingesetzt. Dass diese von Arbeitnehmenden ausgehen, kommt kaum vor. Mit einer Änderungskündigung verschafft sich der Arbeitgeber ein Druckmittel, um von ihm gewollte Änderungen im Arbeitsvertrag durchzusetzen. Damit unterbreitet er dem Arbeitnehmenden eine Offerte zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, allerdings unter veränderten Konditionen.
Gleichzeitig erklärt er, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt werde, falls der Arbeitnehmende die Offerte ausschlägt. Beispiele für Vertragsanpassungen, die in der Praxis mit Änderungskündigungen durchgesetzt werden, sind Lohnreduktionen und andere Verschlechterungen der Vertragskonditionen. Ein weiterer häufiger Anwendungsfall ist die Einführung eines einheitlichen Personalreglements nach einer Umstrukturierung.
Vor der Erörterung des rechtlichen Rahmens ist zu betonen, dass eine Änderungskündigung das Potenzial hat, von betroffenen Arbeitnehmenden negativ und mit Verunsicherung aufgenommen zu werden. Daher ist es meist ratsam, zuerst die Möglichkeit auszuloten, die Vertragsänderung einvernehmlich ohne Kündigungsandrohung zu vereinbaren.
Das ist nicht nur psychologisch, sondern auch rechtlich vorteilhaft: Besteht von vornherein Einigkeit, kann sogar vereinbart werden, dass die Änderung schon vor Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft tritt. Erfahrungsgemäss sind einvernehmliche Vertragsänderungen oft möglich, sofern die Gründe der Änderung verständlich und nachvollziehbar kommuniziert wurden. Aus Beweisgründen sollte die einvernehmliche Vertragsänderung stets schriftlich festgehalten und von beiden Parteien unterschrieben werden.
Missbräuchliche Kündigungen
Sieht sich der Arbeitgeber zu einem Vorgehen mittels Änderungskündigung gezwungen, hat er vorzusorgen, dass sich diese Kündigung nicht als missbräuchlich erweist. Zwar bewirkt auch eine missbräuchliche Kündigung, dass das Arbeitsverhältnis beendet wird, es droht aber eine Strafzahlung in der Höhe von bis zu sechs Monatslöhnen. Dies gilt freilich nur, wenn die Änderungskündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Anders ist die Rechtslage, wenn der Arbeitnehmende die Änderungsofferte annimmt. Dann wird das Arbeitsverhältnis fortgeführt und eine Strafzahlung infolge einer missbräuchlichen Kündigung fällt ausser Betracht.
Eine Änderungskündigung ist nicht per se missbräuchlich. Gemäss Bundesgericht ist eine Missbräuchlichkeit aber zu bejahen, wenn die Kündigung zur Durchsetzung einer sachlich nicht gerechtfertigten und unbilligen Verschlechterung der Vertragskonditionen missbraucht wird, ohne dass betriebliche oder marktbedingte Gründe hierfür bestehen. Die vorgesehene Änderung muss sich mit anderen Worten sachlich rechtfertigen lassen.
Ebenfalls missbräuchlich wäre eine Änderungskündigung, die darauf abzielt, die geänderten Konditionen schon vor Ablauf der Kündigungsfrist in Geltung zu setzen. Daher ist von Anfang an klarzustellen, dass die Änderung erst nach Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft tritt. Missbräuchlich wäre auch, wenn eine Änderung gegen zwingende Gesetzes- oder GAV-Normen verstösst. Zum Teil wird es auch als missbräuchlich angesehen, wenn dem Arbeitnehmenden keine angemessene Frist zur Annahme der Änderungsofferte eingeräumt wird.
Achtung bei Massenentlassungen
Will ein Arbeitgeber eine Mehrzahl von Änderungskündigungen aussprechen, muss er im Voraus prüfen, ob die Schwellenwerte für eine Massenentlassung gemäss Artikel 335d Obligationenrecht (OR) erreicht werden. Dies hängt von der Zahl der betroffenen Arbeitnehmenden und der Gesamtzahl der Mitarbeitenden im Betrieb ab. Werden die Schwellenwerte erreicht, hat der Arbeitgeber gemäss Artikel 335f bis 335k OR unter Umständen Vorschriften zur Massenentlassung einzuhalten, namentlich die Informations- und Konsultationspflichten. Kündigungen, die nach einer Verletzung der Konsultationspflicht ausgesprochen werden, gelten als missbräuchlich, wobei sich die Strafzahlung in diesem Fall auf höchstens zwei Monatslöhne beschränkt.
Daneben können weitere für den Arbeitgeber unangenehme Folgen und Sanktionen resultieren. So bewirken Kündigungen bei einer Massenentlassung erst frühestens 30 Tage nach der vorgeschriebenen Information des Arbeitsamtes die Auflösung der Arbeitsverträge. Schliesslich sollte sich der Arbeitgeber auch das konkrete Vorgehen sorgfältig zurechtlegen. Dies unter Berücksichtigung der erwähnten Themen zur Missbräuchlichkeit und gegebenenfalls zur Massenentlassung. Beim Vorgehen bestehen unterschiedliche Varianten.
Drei davon seien erwähnt. Erstens: Die Kündigung wird direkt ausgesprochen, dabei aber mit der Erklärung verbunden, dass die Kündigung unwirksam wird, wenn der Arbeitnehmende die Änderungsofferte annimmt. Zweitens: Die Kündigung wird direkt und unbedingt ausgesprochen. Zugleich wird dem Arbeitnehmenden eine Offerte zum Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit geänderten Konditionen unterbreitet. Drittens: Dem Arbeitnehmenden wird zuerst nur die Änderungsofferte unterbreitet und die Kündigung angedroht, falls er die Offerte ausschlagen sollte. In dieser Konstellation erfolgt eine Kündigung also nur und erst dann, wenn der Arbeitnehmende die Änderungsofferte ausschlägt.
Wichtig sind bei allen Varianten die folgenden Punkte. Es ist dringend zu empfehlen, dass die Änderungskündigung und die Änderungsofferte auch dann schriftlich erfolgen, wenn für die Kündigung beziehungsweise für die Vertragsänderung kein Formerfordernis gilt. Dabei ist klar festzuhalten, bis wann und in welcher Form die Änderungsofferte vom Arbeitnehmenden angenommen werden kann. Zudem muss dem Arbeitnehmenden eine angemessene Frist zur Annahme der Offerte eingeräumt werden. In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass eine Frist von drei Wochen im Normalfall als angemessen anzusehen ist. Weiter muss klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die geänderten Konditionen erst nach Ablauf der Kündigungsfrist in Kraft treten sollen.
Wahl der Variante
Welche Variante in einem gegebenen Fall vorzuziehen ist, muss anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. Steht etwa die rasche Umsetzung einer Änderung im Vordergrund, spricht dies für eine direkte Aussprache der Kündigung, wie dies bei der ersten und der zweiten Variante der Fall ist.
Geht es dagegen um eine Mehrzahl von Kündigungen, bei der das Thema Massenentlassung aktuell werden könnte, könnte die dritte Variante als geeigneter erscheinen. Der Grund ist, dass bei dieser Variante nur Kündigungen gegenüber denjenigen Mitarbeitenden ausgesprochen werden, welche die Änderungsofferten ausgeschlagen haben. Entsprechend könnte nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht argumentiert werden, dass nur diese Kündigungen massgebend sein sollen, wenn es um die Schwellenwerte für eine Massenentlassung geht.