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Die digitale Kluft in Unternehmen überwinden

Mit dem technologischen Fortschritt und den damit einhergehenden organisatorischen Veränderungen stehen viele Unternehmen dem Risiko einer digitalen Kluft gegenüber. Was hat es damit auf sich? Was kann man dagegen tun?

Die digitale Kluft lässt sich definieren als die Gesamtheit der Unterschiede beim Zugang zu und bei der Nutzung von digitalen Medien sowie deren Auswirkungen auf den Menschen. Diese Definition zielt auf die vielfältigen Aspekte der digitalen Kluft ab. Es gibt zum einen eine hardware- und softwareseitige Dimension: Eine digitale Kluft entsteht, wenn bestimmte Personen nicht über digitale Tools verfügen. Diese Kluft verschärft sich, wenn darüber hinaus die Dimension der Nutzung berücksichtigt wird; diese bezieht sich auf die erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen, die notwendig sind, um sich in der digitalen Umgebung zurechtzufinden. Man spricht hier insbesondere von «Illelektronismus», das heisst von der Schwierigkeit, digitale Tools im Alltag zu nutzen. Die dritte Dimension der digitalen Kluft schliesslich bezieht sich auf die Ungleichheiten, die durch die ersten beiden Dimensionen entstehen können, das heisst, wenn diese verhindern, dass alle Personen Zugang zu denselben Vorteilen haben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die digitale Kluft eine Frage der Ausstattung, der Kompetenzen, aber auch der durch diese hervorgerufenen Auswirkungen ist.

In der Schweiz ist die Diskussion über die digitale Kluft mit der Covid-19-Pandemie wieder entfacht, sowohl aus privater wie auch aus beruflicher Sicht. Im privaten Bereich hat die Digitalisierung bestimmter Verfahren (insbesondere das Covid-Zertifikat) eine digitale Kluft für Personen aufgezeigt, die nicht über ein Smartphone verfügen oder Schwierigkeiten bei der Nutzung von Technologien haben. Am Arbeitsplatz tat sich infolge des allgemeinen Trends zur Telearbeit ebenfalls eine Kluft auf – zwischen denen, die im Homeoffice arbeiten konnten, und denen, die diese Möglichkeit nicht hatten.

Die digitale Kluft in Unternehmen

Die digitale Kluft in Unternehmen deckt die drei genannten Dimensionen Ausstattung, Kompetenzen und ihre Auswirkungen ab. Seit Mitte der 2000er-Jahre hat sich die digitale Kluft in Bezug auf die Ausstattung deutlich verringert, insbesondere durch die Entwicklung mobiler digitaler Geräte (Tablets, Smartphones) und ihre Verbreitung im privaten Bereich (was dazu geführt hat, dass die Belegschaften technologisch allgemein gut ausgestattet sind).

Die Herausforderungen im Bereich der Kompetenzen sind komplexer geworden: einerseits durch die zunehmende Automatisierung, die von einer Vielzahl von Beschäftigten eine fortgeschrittene Beherrschung von Technologie erfordert, andererseits durch die ständige Weiterentwicklung der digitalen Tools, die eine laufende Anpassung der digitalen Kompetenzen nötig macht. Die Folgen der digitalen Kluft können weitreichend sein und über die Frage hinausgehen, ob die Möglichkeit zur Telearbeit besteht oder nicht: geringere Beschäftigungsfähigkeit, Ausgrenzung und Isolation am Arbeitsplatz, geringere Produktivität und Lohnungleichheit.

Die digitale Kluft überwinden oder verhindern?

Für Unternehmen besteht die mit der digitalen Kluft verbundene Herausforderung darin, dass es Personen gibt, die über digitale Kompetenzen verfügen (und die daraus resultierenden Vorteile nutzen können), und solche, denen diese Kompetenzen fehlen. Wie können Unternehmen diese Situation verhindern? Lösungen können sowohl von der Technologie wie auch vom Menschen kommen. Auf der technologischen Seite geht es vor allem darum, sicherzustellen, dass alle effektiven Zugang zu den relevanten Tools haben (z. B. Notebooks, Tablets, Smartphones usw.).

Auf der menschlichen Seite besteht die Herausforderung darin, zu gewährleisten, dass alle über adäquate digitale Kompetenzen verfügen. Diese umfassen technologisches Basiswissen (z. B. wie man verschiedene Geräte und Software nutzt und die Grundregeln der Cybersicherheit anwendet) und beinhalten auch einen sehr wichtigen Teil, der weit über die blosse Benutzung eines Computers hinausgeht. So kann es beispielsweise darum gehen, wie man die richtige Formalität wählt, wenn man eine Instant Message statt eines E-Mails schickt oder wie man die Emotionen der Teilnehmenden bei einer Videokonferenz erkennt. Indem sich Unternehmen mit den nötigen digitalen Kompetenzen auseinandersetzen und sicherstellen, dass die Beschäftigten entsprechend geschult werden, können sie die digitale Kluft überwinden oder verhindern.

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Justine Dima

Justine Dima ist ­Associate Professor an der Hochschule of Engineering and ­Management des Kantons Vaud (Heig-VD).

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Bertrand Audrin ist Assistenzprofessor an der EHL Hospitality Business School. Seine Forschungsthemen konzentrieren sich auf die Digitalisierung und die damit verbundenen Transformationen für Organisationen, die HR-Funktion und die Mitarbeitenden.

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