Um die Lüge zu erkennen, müssen wir weit mehr als nur den Inhalt einer Sache analysieren. Es ist sehr wichtig, die Körpersprache, Mimik und Tonalität zu betrachten beziehungsweise natürlich bestenfalls einen Menschen bereits zu kennen. Im Gespräch unter vier Augen kommen wir der Lüge meist sehr schnell auf die Spur!
Eine vor Jahren durchgeführte Untersuchung zeigte, dass der Inhalt eines Gespräches am wenigsten wichtig war, um zu beurteilen, ob ein Mensch die Wahrheit sagt oder nicht. 7 Prozent macht der Inhalt aus, 55 Prozent die Körpersprache und die Mimik und 38 Prozent die Tonalität.
Um zu verstehen, warum der Mensch nonverbal seinem Umfeld mehr mitteilt als verbal ist es wichtig, dass wir die Gehirnstruktur des Menschen einmal genauer betrachten. Es gibt drei Bereiche, die für unsere verbale und nonverbale Kommunikation extrem wichtig sind. Der neueste Teil des Gehirns ist der sogenannte Neocortex. Dieser ermöglicht uns in die Zukunft zu schauen, Pläne zu schmieden, in komplexen Zusammenhängen zu denken und zu lügen. Dieser Bereich des Gehirns befähigt uns, Dinge zu konstruieren und wiederzugeben, die wir in der Realität so gar nicht erlebt haben.
Sobald sich ein Gefühl wie etwa Angst, Wut, Freude, Ekel, Verachtung, Überraschung oder Trauer breit macht, rutschen wir in das sogenannte Limbische System, unser Gefühlssystem. Der Körper zeigt nun auf unterschiedlichen Wegen, wie es uns wirklich geht. Denn jeder Gedanke, jedes Gefühl ist eine Gehirnaktivität, welche sich sofort in elektrische Impulse verwandelt, die durch unseren Körper schiessen. Binnen Millisekunden ist das Gedachte nun körperlich sichtbar.
Werden wir bedroht, so rutschen wir in den ältesten Teil unseres Gehirns, das Stammhirn. Hier gibt es nur drei Reaktionsweisen: Schockstarre (Schutz vor Sichtbarkeit sowie Zeit zum Abwägen der nächsten Schritte), Kampf (sich verbal oder körperlich wehren) oder Flucht (sich so schnell wie möglich körperlich zu entfernen oder verbal herauszureden beziehungsweise zu rechtfertigen). Der Körper reagiert somit immer auf drei Kanälen. Das Gedachte bzw. die dadurch ausgelöste Reaktion ist immer in drei Bereichen sichtbar:
- Zuerst in der Mimik, da das Gesicht dem Gehirn am nächsten ist. Das Gedachte wird hier in sogenannten Mikroexpressionen zum Ausdruck gebracht. Das sind kurze Sequenzen, die bis zu einem Fünftel einer Sekunde sichtbar sind. Sie sind deshalb so kurz, weil keiner von uns möchte, dass man uns unsere wahren Gefühle ansieht. Binnen kürzester Zeit wird die echte Emotion mit dem sogenannten sozialen Lächeln kompensiert.
- Dann bildet sich das Gedachte grossflächig in der Körpersprache ab und verbleibt dort auch wesentlich länger. Wenn ich beispielsweise durch die Ausführungen meines Gegenübers neugierig geworden bin, so werde ich mich mit meinem gesamten Körper annähern und meinen Oberkörper in Richtung meines Gesprächspartners beugen. Bin ich hingegen abgeschreckt oder über das Gesagte irritiert, so werde ich mich körperlich zurückziehen und sowohl Oberkörper als auch Füsse vom anderen wegbewegen. Die Füsse sind übrigens die ehrlichsten Botschafter des Menschen. Sie sind zum einen am weitesten von der Schaltzentrale (Gehirn) entfernt und wurden zum anderen in unserer Vergangenheit am wenigsten manipuliert.
- An dritter und letzter Stelle reagieren wir auf dem Sprachkanal. Unsere Stimme/Tonalität reagiert sofort auf die gefühlte Emotion. Sprechen wir beispielsweise mit einem geliebten Menschen, so wird unsere Stimme warm, herzlich und weich. Regen wir uns über etwas massiv auf oder sind wütend, so wird die Stimme hart, blechern und laut.
Die Aufgabe dieser Woche ist nun, diese drei Kanäle bei sich selbst und bei anderen zu beobachten. Was passiert bei Ihnen, wenn Sie sich freuen, was, wenn Sie sich ärgern, was, wenn Sie sich Sorgen machen?
Nehmen Sie sich diese Woche vor, zwei Menschen ganz besonders zu beobachten, um deren Normalverhalten zu definieren. Notieren Sie sich alles, was Ihnen auffällt!
Ich wünsche Ihnen wunderbare, spannende und vielseitige Erkenntnisse!
Herzlichst Ihre
Tatjana Strobel