Personalgewinnung

Die Sprache der Stelleninserate

Alle werben um qualifizierte, intelligente Werktätige. Die Sprache, die dabei verwendet wird, könnte verstaubter und unverbindlicher nicht sein. Wo sind die knackigen, sympathischen Texte, die intelligenten Lesern wirklich gerecht werden?

Die Lektüre von Stellenanzeigen führt zur  Traumstelle? Vielleicht. Erst einmal aber zu gähnender Langeweile. Alle Firmen suchen dasselbe: initiative, engagierte und selbständige Highpotentials, gewandt in allen Fremdsprachen, lösungsorientiert, teamfähig, belastbar. Alle Firmen versprechen dasselbe: moderne Arbeitsplätze, nette Teams, fortschrittliche Arbeitsbedingungen. Eine Formulierung wie «stimulierendes Umfeld in einer speziellen Branche» erscheint da geradezu mutig, doch: Liest das überhaupt jemand? Vor allem: Fühlen sich die – so sehr gesuchten – qualifizierten Fachkräfte davon angesprochen? «Die wenigen, die überhaupt noch da sind, sind anspruchsvoll», weiss Hans-Peter Förster, Autor des «F.A.Z.»-Bestsellers «Texten wie ein Profi» und Lehrstuhlinhaber für Corporate Wording an der ZfU International Business School. «Sie wissen, dass sie umworben sind, und wollen eine echte Herausforderung erleben.» Aus welchem Grund sollten sie sich also um Einheitsstellen bewerben?

Woran liegt es, dass Stelleninserate so wenig ausdrucksstark sind? Werden denn tatsächlich nur Mitarbeitende mit Allerweltsqualitäten gesucht oder fehlt es den Unternehmen einfach am sprachlichen Ausdrucksvermögen, um präziser zu formulieren, wer sie sind und was sie wirklich brauchen? «Sowohl als auch», urteilt Förster, «doch der letzte Punkt überwiegt.» Zwar sei nicht jedem ein Sprachtalent in die Wiege gelegt, räumt der Experte für Unternehmenssprache ein. «Vollkommen unverständlich» ist ihm jedoch, weshalb selbst in Grossunternehmen nicht öfter die Experten aus der Unternehmenskommunikation um Rat gefragt werden. «Es gibt kaum je Zusammenarbeit zwischen den Bereichen HR und Kommunikation», beobachtet Förster. Dabei wäre es nahe liegend, bei den Sprachprofis rasch nachzufragen, ob sich die Firma im geplanten Stelleninserat ebenso sympathisch präsentiert wie in den übrigen Kommunikationsmitteln. Oder die schlichte Frage zu stellen: «Drücken wir mit diesem Inserat eigentlich aus, was wir sagen wollen?»

Analyse mit dem Floskelscanner

Förster hat 200 allgemeine sowie je 100 Stelleninserate aus IT und Finanz analysiert. Er kommt zum Schluss: «Die Wörter ‹entsprechend› und ‹insbesondere› sowie ‹Kenntnisse› und ‹Fähigkeiten› werden inflationär verwendet.» Um den üblen Sprachgewohnheiten der Inserenten auf die Schliche zu kommen, benutzt er selbst entwickelte Analysetools wie den «F.A.Z.- Floskelscanner». Zu den häufigsten Fehlern, die in Stelleninseraten gemacht werden, zählt er Wortzusammensetzungen wie «Lebensmittelverarbeitungsbetrieb» oder Bandwurmsätze von über 350 Zeichen. Auch das gut gemeinte «Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung» stösst bei Förster auf Kritik. Die Floskel werde vollends unglaubwürdig in Kombination mit ihrer ebenfalls sehr beliebten Schwester-Leerformel im Absagebrief «zu unserer Entlastung zurück». Im Sinne eines Perspektivenwechsels schlägt er vor: «Freuen Sie sich auf Ihre neue Herausforderung ...»

«Oft genügt ein leichtes Umstellen oder ein Austausch von Wörtern», weiss Förster und nennt als Beispiel den Nominalstil. Fast jedes zehnte Wort in Inseraten ist ein Substantiv, das aus einem Verb gebildet wurde: die Betreuung, die Prüfung, die Protokollführung usw. «Gerade in Stellenanzeigen geht es doch immer um Tätigkeiten, um ganz konkretes Tun.» Sehr viel sympathischer klinge die Verbform: Sie betreuen, Sie prüfen, Sie führen Protokoll. «Scheinbar trockene Berufe können dadurch ansprechend dargestellt werden», ist Förster überzeugt. Der leidenschaftliche Sprachtüftler gibt Tipps in Büchern, Workshops sowie per Software.

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