Nationale Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung

Diversität: Mehr Kreativität, aber auch mehr Konflikte

Diversität im Unternehmen sorgt nicht nur für mehr Kreativität, sondern sie birgt auch Risiken. Wie diese aussehen, erläuterte Bertolt Meyer vom Psychologischen Institut der Universität Zürich an der nationalen Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung.

Ein durchmischtes Team fördert die Kreativität. Denn unterschiedliche Leute kommen auf unterschiedliche Lösungen. Dies ist aber nur die eine Seite der Medaille, sagt Bertolt Meyer, Oberassistent am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Vielfalt berge auch Risiken. «Wir arbeiten nicht gerne mit Menschen zusammen, die ganz anders sind als wir», sagt der Forscher. «Wir bevorzugen Ähnlichkeit.»

Zu tun hat das mit unseren Stereotypen, die dazu führen, dass wir Menschen kategorisieren. Und zwar gibt es zwei Kategorien: Die sogenannte Eigengruppe, zu der wir Personen zählen, die wie wir sind, und die Fremdgruppe – Menschen, die anders sind. «Bei den Anderen tendieren wir dazu, Individuelles ausser acht zu lassen und zu Stereotypen zu greifen, unabhängig davon, ob diese jetzt zutreffen oder nicht», erläutert Meyer.

In einem Team neigen die einzelnen Mitglieder dazu, die anderen in Subgruppen zu unterteilen. Meyer macht ein Beispiel: Zwei junge Schweizer Psychologinnen arbeiten mit zwei älteren deutschen Ingenieuren zusammen. Dabei besteht das Risiko, dass die Schweizer die Deutschen als «die Anderen» wahrnehmen – und umgekehrt.

Die Auswirkung auf die Leistung des Teams ist fatal: Sie nimmt ab. Denn zwischen den beiden Subgruppen existiert ein Graben, der zu einem «wir-gegen-die» führen kann.  Die Folge: Zwischen den beiden Subgruppen gibt es weniger Informationsaustausch und man traut den Informationen «der Anderen» weniger. Man neigt auch eher dazu, abweichende Meinungen und Vorschläge der anderen Gruppe als persönlichen Angriff zu interpretieren. «Kurz: Weniger Informationsaustausch, weniger Vertrauen, mehr Konflikt - die Kernrisiken der Diversität», fasst der Oberassistent zusammen.

Führungsstil entscheidend

Eine homogene Subgruppe führt aber auch zu einem positiven Effekt: «Die Subgruppe wird als Ort des Rückhalts und der Unterstützung wahrgenommen. Das hat zur Folge, dass die Mitarbeiter weniger krank sind», sagt Meyer.

Wie sich Diversität auf ein Team auswirkt, ist stark vom Unternehmen abhängig. «Wenn es normal ist, dass Frauen und Männer zusammen arbeiten, spielt der Geschlechterunterschied eine geringere Rolle als in einer männerdominierten Branche», erläutert Meyer. Ausschlaggebend ist die Einstellung der Gruppe: Ist sie positiv eingestellt gegenüber Diversität, dann hat diese auch einen positiven Effekt. Eine wichtige Rolle kommt der Einstellung und der Führungsweise des Vorgesetzten zu. Einen positiven Einfluss hat Diversität dann, wenn der Chef die Vielfalt im Team anerkennt, eine persönliche Beziehung zu jedem Mitarbeiter hat und der Vorgesetzte dem Mitarbeiter das Gefühl gibt, ihn zu kennen. Weniger geeignet sind laut Meyer autoritäre Führungsstile.

Ausgrenzung als grösstes Risiko

Für Firmen hat Meyer zwei Empfehlungen: Erstens müssen sie ihre Führungskräfte im Umgang mit Diversität schulen, damit diese in der Lage sind, ein positives Betriebsklima zu schaffen. Zweitens muss es dem Unternehmen gelingen, die Mitarbeiter so zu beeinflussen, dass sie eine gute Einstellung gegenüber Vielfalt haben. «Die beste Strategie ist, dem Team die Möglichkeit zu geben, gemeinsam positive Erfahrungen zu machen, gemeinsam Erfolge zu verzeichnen», sagt Meyer. Idealerweise identifiziert sich die Gruppe mit dem Projekt oder mit einer Vision. «Dann können Team-Unterschiede überwunden werden.» Der Forscher betont, dass Unterschiede durchaus Platz haben müssen. Vorgesetzte müssten aber dafür sorgen, dass es etwas gibt, womit sich alle identifizieren können.

Denn das grösste Risiko in Bezug auf Vielfalt ist die soziale Ausgrenzung. «Ausgrenzung ist eine der schlimmsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann», betont Meyer. Im schlimmsten Fall führt Ausgrenzung zu Burnout und Depressionen. «Unternehmen haben aber eine soziale Verantwortung. Sie müssen dafür sorgen, dass dies nicht passiert.»

Gebe es keinen Teamgeist, kann Diversität auch zu Konflikten der Art «ihr gegen wir» führen.

Vielfalt ist nicht nur prima. Aber mit einer guten Führungskultur kann sie es werden.

Nationale Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung

Die nationale Tagung für betriebliche Gesundheitsförderung 2013, organisiert von Gesundheitsförderung Schweiz, findet am Mittwoch, 21. August, an der Universität Zürich statt. Sie widmet sich dem Thema «Mehr Wert durch Vielfalt: gesunde Teams und Führung». Am Morgen finden diverse Vorträge zum Thema statt: Bertolt Meyer spricht über «Vielfalt in Teams: Gut oder schlecht für Leistung und Gesundheit?» (siehe oben), weitere Referenten sind Gudrun Sander, Direktorin für Diversity und Management-Programme an der Executive School der Universität St.Gallen (HSG); Annette von der Emden, HR Manager bei McDonald's Schweiz; Bernard Gruson, Generaldirektor des Universitätsspitals Genf sowie Heike Bruch, Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement der HSG. Am Nachmittag finden verschiedene Symposien statt.

 

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