HR Today 4/23: Candidate Experience

Employer Branding selbst gemacht

Was tun, wenn man von sich als Arbeitgeberin behauptet, anders zu sein? Ganz einfach: das Versprechen einlösen. Nicht nur, aber speziell auch im Employer Branding. Die Finanzdienstleisterin Cembra nutzt dafür selbst produzierte Videos.

Cembra macht, was jede andere Bank auch tut: Sie unterstützt Kundinnen und Kunden in Geldangelegenheiten. «Um einen guten Job zu machen, brauchen wir keinen Hochglanzprospekt und keine aufgesetzte Freundlichkeit», sagt Egzona Bytyqi. Die 31-jährige HR-Projektleiterin ist ein richtiges «Cembra-Kind». Sie machte dort das KV, holte die Matura nach und absolvierte danach einen Master in Psychologie an der Universität Zürich. Parallel dazu arbeitete sie weiterhin für Cembra.

Cembra verkörpert die Besonderheiten, die auch Bytyqi wichtig sind: einen kollegialen, unaufgeregten Geist mit vielen Mitarbeitenden mit Wurzeln im Ausland. Zudem sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten, eine ausgeprägte Can-do-Haltung verbunden mit einem gewissen Pragmatismus. Letzterer kam auch bei der Überarbeitung des Arbeitgeberauftritts zum Tragen. «Echt anders.» So zu sein, verspricht die Finanzdienstleisterin ihren Mitarbeitenden. Doch wie lässt sich dieses Versprechen erlebbar machen? Mit «Purpose statt Pose», sagte sich das Unternehmen und wählte einen erfrischenden Weg.

Die Hausaufgaben gemacht

Um zu zeigen, was Cembra als Arbeitgeberin ausmacht, beschloss die Geschäftsleitung 2021, den Auftritt zu erneuern. Dazu wurde zuerst die «Employer Value Proposition» geschärft. Die Datenbasis dafür stammte aus Mitarbeitendenbefragungen, Interviews mit Mitarbeitenden sowie diversen Fokusgruppen und Feedbacks aus dem HR-Team. Das Ergebnis wurde mit der Geschäftsleitung diskutiert. «Durchaus kon­trovers, wie das bei uns üblich ist», schaut Egzona Bytyqi zurück. «Dazu schrieben wir möglichst floskelfrei auf, was uns in den Augen unserer Mitarbeitenden zur besonderen Arbeitgeberin macht. Das gab zu reden. Nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich. Das war schon echt anders.»

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Cembra
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Made with love in Zürich Altstetten

Was Cembra als Arbeitgeberin ausmacht, wurde in sechs Clustern mit Arbeitgebervorteilen festgehalten. Doch wie den «Echt anders»-Groove in den Arbeitsmarkt bringen? «Indem wir selbstbewusst auftraten und das Projekt selbst umsetzten», sagt Egzona Bytyqi. «Dazu bildeten wir ein interdisziplinäres Team mit Kolleginnen aus der Product-and-Innovation- sowie der HR-Abteilung. Zur fachlichen Unterstützung holten wir uns punktuell externe Inputs.» So kam ich ins Spiel.

Selten fielen meine frechmutigen Ideen auf so fruchtbaren Boden. Besonders zielführend war die enge Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen vom Marketing. Deren konsequente Fokussierung auf die Bewerberinnen und Bewerber bei der Gestaltung der Customer und der Candidate Journey waren beeindruckend. Das gilt auch für das Tempo: Ideen aus den Sprints, die wir im Sommer 2022 durchführten, wurden von den internen Spezialistinnen und Spezialisten zum Teil sofort in den Meetings, spätestens aber ein paar Tage danach mit einem Prototyp umgesetzt. Den stellten wir wieder auf den Prüfstand, passten ihn an und entwickelten ihn weiter – und verwarfen so manche Idee schweren Herzens wieder. Oder wir legten sie in die «coole Ideen für später»-Schatulle von Projektleiterin Bytyqi. So kamen wir dem Launch des neuen Auftritts auf Ende Jahr Schritt für Schritt näher.

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Cembra

Bei der Frage, wie die Vorteile einer Mitarbeit bei Cembra kommuniziert werden sollten, waren zwei Dinge schnell klar: Zum einen sollten die Pluspunkte möglichst konkret und in frischen, kurzen Texten umschrieben werden. Zum anderen sollte der Auftritt bildstark ausfallen und viele Videos enthalten. Das entspricht nicht nur dem Kommunikationsverhalten der jungen Zielgruppen, sondern auch demjenigen der älteren Generationen. Für die Produktion wurde ein fast schon verwegener Plan in die Tat umgesetzt. «Wir wollten uns von aalglatten Imagevideos verabschieden», sagt Egzona Bytyqi. «Stattdessen, so sagten wir uns, wäre es «echt anders» wenn wir gemäss unserem Claim für jeden Arbeitgebervorteil ein Video mit und von unseren Mitarbeitenden selbst produzieren. Mit unseren Smartphones an einem einzigen Tag.» Gesagt, getan.

Videos Marke Eigenbau

Die Hardware für Videos tragen fast alle von uns ständig im Hosensack herum. Davon inspiriert, gestalteten Egzona Bytyqi und ihr Team die Produktion von sechs Videos, für jeden Vorteilscluster einen, als Event mit Cembra-Mitarbeitenden vor und hinter der Kamera. Die Zusammensetzung der Zweierteams, die Entwicklung eines «Drehbuchs», das Filmen und der Schnitt erfolgten vor Ort. Die Filmteams wurden von drei Coaches von JG Video unterstützt, die mit Rat und Tat zur Seite standen, Ideen bewerteten und Tipps zu den Einstellungen, zur Kameraführung und beim Schneiden gaben.

«Es war ein superintensiver Tag mit allen Hochs und Tiefs», blickt Projektleiterin Egzona Bytyqi zurück. «Einige Mitarbeitende taten sich schwer, eine coole Geschichte zu finden, andere kämpften mit dem Ton und wieder andere mit den Lichtverhältnissen. Auch das Schneiden der Filme nach dem Dreh direkt auf dem Smartphone ist gar nicht so leicht.» Doch der Plan ging auf. Am späteren Nachmittag hiess es: Ziel erreicht: «Die Videos Marke Eigenbau kommen sehr gut an und entsprechen dem Spirit bei Cembra», sagt Bytyqi.

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Noch mehr Videocontent

Auf der Karriere-Webseite von Cembra findet sich ein weiteres Dutzend kleiner Storys, die einen Einblick in den Arbeitsalltag vermitteln. Auch da setzt das Unternehmen auf selbstgemachten Videocontent. Darüber hinaus wurde in der Zwischenzeit auch der Auftritt für den «Nachwuchs» aufgepeppt, natürlich von den Lernenden selbst. Mit noch kürzeren, schnelleren und frecheren Videos im Tiktok-Stil. Und auch hier mit einer besonderen Herausforderung: Die Lernenden hatten bloss einen Nachmittag zur Verfügung. «Sie sind praktisch mit dem Handy auf die Welt gekommen», lacht Bytyqi. «Die brauchten nicht viel Anleitung.»

Smarte Filme: Hype oder langfristiger Trend? Selbst produzierte (Smartphone-)Videos dürften sich im Personalmarketing und im Employer Branding weiterverbreiten. Vielleicht nicht als prominent platzierter Bestandteil des Webauftritts, denn das passt nicht für alle und wirkt nicht immer authentisch. Als Ergänzung zu Stelleninseraten, für kurze Storys oder als Linkedin-Content gehören Filme aus der Hosentasche aber definitiv zur HR-Zukunft.

Video-Marketing

Video spielt im Personalmarketing eine immer wichtigere Rolle. Bewegtbild ermöglicht es, Informationen und Emotionen zu transportieren. Videos sind beliebt, längst nicht nur bei den jungen Zielgruppen. Dank leistungsfähigen Kameras und Smartphones sind die Produktionskosten in den letzten Jahren massiv gesunken. Deshalb nutzen immer mehr Firmen selbst kreierten Smartphone-Content für ihre Personalwerbung. Erste Job-Plattformen wie Job­eagle setzen auf Videoinserate «aus der Hosentasche». Toll dabei: Das Filmen mit dem Smartphone lässt sich lernen, zum Beispiel bei JG Video, Faeh+Faeh oder Smovie.

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Jörg Buckmann

Jörg Buckmann unterstützt Unter­nehmen, unter anderem auch KMU, mit Rat und Tat in allen Fragen rund um Arbeitgeberauftritt und Personalmarke­ting. Er ist Speaker und Buchautor und organisiert die jährliche Fachtagung «Next Talent». buckmanngewinnt.ch

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