Erfolgsfaktoren im Generationenmanagement
Das Tages-Anzeiger Forum lockte im März mit dem Thema «Generationenmanagement für das langfristig erfolgreiche Unternehmen» über 100 interessierte HR-Profis ins Gottlieb Duttweiler Institut in Rüschlikon. Vertreter namhafter Unternehmen gaben Einblick, wie sie dem demografischen Wandel begegnen und das Zusammenwirken der Altersgruppen gestalten.
Das Tages-Anzeiger Forum widmete sich dem Thema Generationenmanagement. (Foto: Iris C. Ritter / Forum Executive AG)
In manchen Unternehmen arbeiten aktuell fünf Generationen miteinander – von der Nachkriegsgeneration, den Babyboomern über die Generationen X und Y bis hin zur Generation Z. Nicht immer funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos, denn auf beiden Seiten herrschen viele Vorurteile, die Organisationen empfindlich behindern können.
Zum Auftakt des Forums erläuterte Markus Jordi, Leiter Human Resources bei der SBB, in einer faktenreichen Keynote die sechs Handlungsfelder, welche die SBB in der strategischen Personalplanung als Antwort auf die demografische Entwicklung definiert hat. Denn auf die Bundesbahnen rollt demnächst eine Pensionierungswelle zu, die ein solid durchdachtes Generationenmanagement-Konzept unerlässlich macht. So will die SBB zum einen die Arbeitgeber-Attraktivität verbessern und die Active-Sourcing-Aktivitäten verstärken, um neue, gut qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen. Andererseits sollen bei den älteren Mitarbeitenden Wissenslücken geschlossen werden. Zudem will die SBB mit flexiblen Arbeitsmodellen und intensivierten Bemühungen im Gesundheitsmanagement die Leistungsfähigkeit erhalten und Führungskräfte für die Altersdiversität sensibilisieren.
Die Führungskräfte standen denn auch im anschliessenden Panel im Fokus. «Die zukunftsweisende Kompetenz ist die Selbstreflexion», sagte Christiane Herre, die bei Postfinance für die Personal- und Organisationsentwicklung zuständig ist. Dem stimmten auch die weiteren Gesprächsteilnehmer, Thomas Bösch, HR-Chef von Novartis, und Swisscom-HR-Chef Hans C. Werner zu und zeigten sich einig, dass Wertschätzung und Anerkennung durch den Vorgesetzten für die Mitarbeiter von zentraler Bedeutung sind.
Auf jeder Kader-Shortlist eine Frau
Nach einer kurzen Pause gingen in einem weiteren Panel Siegfried Gerlach, CEO von Siemens Schweiz, Jeannette Good, Diversity-Verantwortliche bei ABB, Sita Mazumder, Dozentin an der Hochschule Luzern, und Hans C. Werner der Frage nach, welche Schwerpunkte sie im Generationenmanagement ihrer Organisationen konkret verfolgen. Bei Siemens sei der Fokus weniger auf die älteren Mitarbeitenden ausgerichtet, sondern mehr auf die Frauen. Denn momentan hat Siemens nur eine Frau in der Führungsetage vorzuweisen. «Auf jeder Kader-Shortlist muss bei uns deshalb neuerdings eine Frau stehen», erklärte der Siemens-CEO. «Nach langen Diskussionen ermöglichen wir nun auch Führungskräften, in einem 80%-Pensum zu arbeiten, um so gerade für Frauen attraktiver zu werden.»
Jeannette Good, Leiterin Diversity und Inclusion sowie Geschäftsführerin der ABB-Kinderkrippen, erläuterte derweil die Topmanagement-Strategie der ABB: Ab 60 Jahren treten diese in eine spezielle Beraterfirma ein und übernehmen intern wie auch extern Mandate. Und Swisscom-HR-Chef Hans C. Werner gab seiner Beobachtung Ausdruck, dass die ältere Generation zwar durchaus lernwillig sei, aber oft nicht von sich aus aktiv werde. «Sie wartet lieber darauf, dass die Firma etwas für sie tut und sie weiterbildet. Dabei müssten sie selbst mehr Verantwortung für ihre Arbeitsmarktfähigkeit übernehmen», so seine Forderung. Sita Mazumder schliesslich betonte in ihren Statements die Bedeutung der Sinnhaftigkeit: «Sehen Arbeitnehmer den Sinn in ihrer Arbeit – vor allem die junge Generation –, sind sie hochmotiviert und begeistert bei der Sache.»
Speed-Dating als Erfolgsrezept
Mit einem Speed-Dating hat die Axa Winterthur die junge und die ältere Generation zusammengebracht, wie Yvonne Seitz, Head Diversity & Employer Attractiveness bei Axa, nach der Mittagspause in einem lebendigen Referat ausführte. Mit einer Kampagne zur Förderung flexibler Arbeit hat es der Versicherungskonzern geschafft, dass sich die Zahl der über 55-jährigen Mitarbeiter, die Telearbeit machen, verdreifachte.
Von einem Generationenmanagement-Konzept der besonderen Art berichtete zum Ausklang der Tagung Rüdiger Voss, Head of International Relations am CERN. Tausende Wissenschaftler versuchen dort mithilfe des grössten Teilchenbeschleunigers der Welt den Urknall zu verstehen. Von der Altersverteilung her liege der Peak bei jungen 27 Jahren, denn die Hälfte der Mitarbeitenden am CERN seien Studenten und Doktoranden. Wobei diese gemäss Voss 70 bis 80 Prozent der Forschungsarbeit erbringen, während die Seniors, meist Professoren, das strategische und organisatorische Rückgrat bilden und sich für die politische und wissenschaftliche Vernetzung engagieren.
Und worin sieht Voss das Erfolgsgeheimnis des CERN-Generationenmanagements? «Wissenschaftliche, technische und personelle Fragen werden im CERN kollektiv entschieden, es gibt ein Mitspracherecht für alle.» Ein Modell, das auch für manche Organisationen in der Privatwirtschaft Vorbildcharakter entwickeln könnte.
HR-Leader im O-Ton
Das Tages-Anzeiger Forum der Konferenz- reihe «Arbeitswelten der Zukunft» war hochkarätig besetzt. HR Today hat am Rande der Veranstaltung mit fünf Experten Video- Interviews geführt.
Markus Jordi, Leiter Personal, SBB
Hans C. Werner, Leiter Group Human Resources, Swisscom
Dr. Rüdiger Voss, Head of International Relations, CERN
Jeannette Good, Diversity & Inclusion Manager, ABB Schweiz
Dr. Thomas Bösch, Head HR, Novartis Schweiz