«Erkläre mir M-I-C-E»
In seinen Rollen als Autor, Unternehmer, Trainer und Speaker nimmt Jörg Neumann an unzähligen Firmenveranstaltungen teil. Anlass genug, um einen keineswegs repräsentativen, aber umso provokativeren Blick auf die MICE-Branche zu werfen, diese durchzudeklinieren und Erfolgsrezepte aufzuzeigen.
Jörg Neumann ist Geschäftsleitungsmitglied des Seminarveranstalters Neumann Zanetti & Partner, Autor, Führungskräftetrainer und Speaker an Managementtagungen. Nach seiner eigenen Vertriebskarriere in der Luxushotellerie, beschloss er 1997 sein Wissen pragmatisch weiterzugeben.
M steht für Meetings, aber auch für Monotonie. Warum? Weil die Art und Weise, wie Händler-Meetings, Aussendiensttagungen oder Generalversammlungen organisiert werden, Innovationen und Inspiration hemmt. Stets das gleiche Setup im Saal, bloss weil vor Jahren die Leinwände an der Stirnseite montiert wurden. Stets die gleichen Tagesabläufe, bei deren Komposition Abwechslung, Mut und Wirkungsorientierung auf der Strecke bleiben. Und häufig genug sind Präsentationen zu sehen, deren Wirkung auf Sparflamme brennt, weil sie so formuliert wurden, dass dasselbe in der Tagungsdokumentation nachzulesen ist, die wohlbemerkt zu Tagungsbeginn verteilt wurde.
Übertroffen wird diese Monotonie nur von der Aussichtslosigkeit, dass sich daran in der Breite etwas ändert. Viele Organisatoren sind im Unternehmen hierarchisch so angesiedelt, dass sie sich nichts trauen. Oder die Unternehmenskultur hindert sie daran, Ideen einzubringen. Denn wer sich bereits scheut, dem Vorstandsvorsitzenden, Vertriebsdirektor oder Präsidenten eine veränderte Bestuhlung oder Saaleinrichtung vorzuschlagen, der lässt Chancen links liegen. Modern sieht anders aus.
Lassen Sie Ihre Meeting-Teilnehmer doch online abstimmen, welchem Thema Sie im Meeting wie viel Zeit einräumen sollen, und schon ernten Sie Engagement und Beteiligung. Ein riesengrosses Lob für die positiven Ausnahmen. Die Wirkung der meisten Meetings ist jedoch gering, verglichen mit ihrem Potenzial.
I steht für Incentives – diese sind bei MICE das i-Tüpfelchen: Das zeigen Befragungsergebnisse der aktuellen Seminarmarktstudie Schweiz von Neumann Zanetti & Partner. Incentives geniessen bei Veranstaltern, Teilnehmern und Anbietern einen hohen Stellenwert. Sie sind attraktiv, weil sie sehr wertschöpfungsstark sind. Zudem sind die Incentive-Trends bei der Programmauswahl an vielen Orten «gut unterzubringen». Genuss, Naturerlebnisse und Programme, die «Fun and Pleasure» versprechen, lassen viele Variationen und Kombinationen zu. Wer echte Mehrwerte einkauft, beschert seinen Teilnehmenden unvergessliche Erlebnisse.
Kulinarik spielt bei Auswahl der Destination eine entscheidende Rolle
Apropos Genuss: Der vom Fernsehen geförderte gesellschaftliche Trend, mit frischen Zutaten zu kochen, fein zu essen und dazu Passendes zu trinken, hat auch das Genussverhalten bei Incentive-Veranstaltungen verändert. Die Kulinarik spielt bei der Auswahl der Destination eine immer wichtigere Rolle und das natürlich nicht nur im Sinn einer angemessenen Verpflegung. Kochkurse boomen, selbst für mittelgrosse Gruppen. Und wenn sich die Gäste ein bisschen wie in einer Kochshow fühlen, ist der Erfolg schon halb sicher. Kalorien statt Kultur – so könnte die Programmentwicklung überspitzt zusammengefasst werden.
C steht für Conventions und in meiner Wahrnehmung auch für ein ganz besonderes Cluster an Erfolgsfaktoren. Als Convention-Destination hat Erfolg, wer ein Teamplayer ist: Oft gewinnen nur jene, die neben guter Erreichbarkeit und erforderlichen Saalkapazitäten auch mit einem breiten und gut vernetzten Angebot punkten können. Der Preis, um von A nach B zu fliegen oder um im Keller eines Kongresszentrums Breakout-Rooms zu mieten, ist meistens vergleichbar. Also muss der Mehrwert woanders liegen.
Luxus allein reicht jedoch auch nicht, denn oft genug sind Budgets jeglicher Couleur zu bedienen. Teamplay seitens der Destinationsanbieter braucht es, um Sie, die Organisatoren, zu überzeugen. Denn ich bin sicher, Sie erkennen auf den ersten Blick, ob Gesamtlösungen tatsächlich gemeinsam angeboten werden oder ob jeder der Teilanbieter bloss zu sich selbst schaut.
Von Schnitt- zu Nahtstellen
Achten Sie also darauf, dass Anbieter sich wirklich auf Ihre Teilnehmer einstellen und nicht nur ihre Kapazitäten vermieten möchten. Anbieter müssen aus vielen Bausteinen ein überzeugendes Angebot schaffen können. Und wissen, wie man Schnitt- zu Nahtstellen macht.
E steht für Events und pure Energie. «Mehr Hits – mehr Kicks.» Dieser Radio-Slogan aus den späten 90ern hat dies vorweggenommen. Ich vergesse ihn nie mehr, denn er erschreckte mich damals ein wenig, aber er fasste auch eine gesellschaftliche Entwicklung in Worte, die so gewaltig ist, dass sie das Leben verändert hat. «Kicks und Clicks» bestimmen den Alltag. Vieles muss allein schon deshalb inszeniert werden, weil der totale Überfluss und Überdruss sonst jede Aufnahme von Botschaften verhindert.
Was bewirken eigentlich Events?
Damit wir uns nicht falsch verstehen – das Inszenieren von Botschaften finde ich cool und in Ordnung. Dies hat eine innovative Kommunikationskultur gefördert und erfordert ein zielgruppengenaues Vorgehen – damit ist also alles gut. Was ich im Geschäft mit den Events vermisse? Gar nicht so viel. Wenn schon, dann echtes Controlling. Was bewirken Events? Wie werden sie wirklich wahrgenommen und wie wirken Sie auf Besucher oder Teilnehmer? Mit welchen Gefühlen und Ansichten gehen Teilnehmer nach Hause? Was denken sie zehn Tage nach dem Event? Da sehe ich echten Handlungsbedarf, weil alle Welt schon längst beim nächsten Kick ist, wenn das Controlling ansteht. Vielleicht muss das so sein – vielleicht ist Kontrolle aber auch einfach nicht so sexy: Nötig wäre sie aber auf jeden Fall.
Natürlich gibt es weiterhin ein enorm breites Angebot an Rahmenprogrammen: Konzerte, Museen, Stadtführungen (auf Neudeutsch: City Treasure Hunts), Freizeitparks, alle Arten von Sportveranstaltungen und «Zurück-zur-Natur-Programme». Erlaubt ist, was gefällt. Zum Trend wird, was zusätzlich den Eindruck vermittelt, sich mit etwas Sinnvollem zu beschäftigen. Wenn dabei das Programm im positiven Sinn einfach und nicht gestellt oder gar pompös wirkt und Regionalität spürbar wird – dann liegen Sie mit Ihrem Event nicht falsch.
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