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Ferienguthaben können verjähren

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. So lautet eine Redensart. Tatsächlich können Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Thema Ferien sehr viel erzählen – vor allem dann, wenn es Ärger gibt.

Obschon der Ferienanspruch im Obligationenrecht klar geregelt ist, sind Streitigkeiten zwischen Chef und Angestellten rund um die schönste Zeit des Jahres relativ häufig.  
Solche Händel, die unter Umständen bis vor Bundesgericht gezogen werden, sind zu umgehen. Wenn man die wichtigsten Eckpunkte des Gesetztesartikels (Art 329 OR) kennt und einhält.

Wieviele Tage Ferien pro Jahr?

Arbeitnehmende haben in der Schweiz grundsätzlich Anrecht auf vier Wochen bezahlte Ferien. Lehrlinge und Jugendliche bis zum vollendeten 20. Altersjahr steht eine Woche mehr zu. Der Ferienanspruch erhöht sich für viele Arbeitnehmende z.B. im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen oder betrieblicher Praxis von vier auf fünf Wochen ab dem 50. Altersjahr und auf sechs Wochen ab dem 60. Altersjahr. 

Unterschiedliche Feriendauer für Voll- und Teilzeitangestellte?

Nein. Unabhängig davon, wieviel Prozent jemand arbeitet, ob im Stundenlohn, Voll- oder Teilzeit: Der Ferienanspruch ist immer derselbe, nämlich mindestens vier Wochen pro Jahr. 

Müssen alle Zulagen während der Ferienzeit bezahlt werden? 

Ja. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf sämtliche Sonderzulagen. Diesbezüglich wird er behandelt, wie wenn er arbeiten würde. Lohnkürzungen, etwa um Schicht- und Gefahrenzulagen während der Ferien, sind nicht gestattet. 

Können Ferienguthaben gekürzt werden? 

Ja. Art. 329b OR regelt diese Frage. Der Arbeitgeber sollte solche Massnahmen jedoch sinnvollerweise mit dem betroffenen Arbeitnehmer abstimmen und sich gegebenenfalls auch Rückendeckung beim Rechtsdienst holen. 329b bietet nämlich einige Fallstricke. Ferienkürzungen sind möglich, wenn ein Angestellter länger als einen Monat fehlt, also der Arbeit fern bleibt. Unterschieden wird zwischen eigenem Verschulden und unverschuldetem Fehlen. Bei unverschuldeten Absenzen (Unfall, Krankheit, Schwangerschaft, Mutterschaftsurlaub) gilt eine längere Wartezeit (von bis zu drei Monaten), ehe Kürzungen legitim sind. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für jeden Fehlmonat den Ferienanspruch um einen Zwölftel reduzieren.  Auch Arbeitnehmenden, die im Verlaufe eines Jahres zusammengezählt während zwei Monaten krank waren, darf der Ferienanspruch gekürzt werden.

Wann müssen die Ferien bezogen werden?

Ferienguthaben sind im Laufe des Kalenderjahres zu gewähren. Mindestens zwei Wochen müssen zusammenhängend gestattet werden. Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber, wann Ferien bezogen werden, nicht der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber hat jedoch auf die Wünsche des Angestellten Rücksicht zu nehmen – soweit dies mit den Interessen des Betriebes vereinbar ist. Der Ferienbezug muss nach gängiger Gerichtspraxis mindestens drei Monate im Voraus vereinbart werden. Nur so hat sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer Planungssicherheit. Der Arbeitgeber hat das Recht, Betriebsferien zu verordnen. 

Verfallen oder verjähren Ferienguthaben? 

Ja, aber... Nichtbezogene Ferienguthaben werden grundsätzlich ins nächste Kalenderjahr gutgeschrieben. Der Arbeitgeber hat diesbezüglich keinerlei Spielraum. Anderslautende Betriebs- und Personalreglemente haben keine rechtliche Relevanz. Ferienguthaben verjähren frühestens nach fünf Jahren. Im Streitfall muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Arbeitnehmer ein Ferienguthaben tatsächlich während fünf Jahren nicht abgebaut hat.

Können durch Krankheit vermieste Ferientage nachbezogen werden?

Ja und nein. Wird der Arbeitnehmer während seiner Ferien so schwer krank, dass von Erholung keine Rede mehr sein kann, sind die Ferien aufgehoben. Er muss dies dem Arbeitgeber jedoch durch ein Arztzeugnis beweisen. Die Krankheit muss sich über mehrere Tage hinziehen. Nach einer schwereren Erkrankung ist zudem fraglich, ob der Ferienzweck, nämlich die Erholung vom Arbeitsalltag, noch möglich ist, oder ob nunmehr eine Erholung von der Erkrankung stattfindet. In letzterem Falle müssten derart verbrauchte Ferientage dem Arbeitnehmenden gutgeschrieben werden.

Einzelne Kranheitstage während der Ferien können nicht nachbezogen werden.  Selbstverschuldete Krankheitstage (z.B. wegen eines heftigen Strand-Sonnenbrands) können nicht grundsätzlich nachbezogen werden.

Hat der Arbeitnehmer Anrecht auf unbezahlten Urlaub (UBU)?

Nein. UBU ist Verhandlungssache. Wird ein unbezahlter Urlaub gewährt, ruhen sämtliche Rechte und Pflichten (Lohn, Versicherungen, Ferienanspruch etc.) zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Dürfen Ferien auch in bar ausbezahlten werden?

Grundsätzlich nein. Eine einzige Ausnahme lässt das Gesetz zu. Nämlich dann, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheidet und wenn der normale Ferienbezug während der Kündigungsfrist nicht mehr möglich ist. 

Quellen: Seco, Travaille.Suisse, Swissmem

Art 329 OR: Gesetzestext zum Thema Ferien

 

 

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