Fokus Forschung

Führungskräfte mit einem offenen Ohr

Führungskräfte, die für Ideen und Vorschläge ihrer Mitarbeitenden ein offenes Ohr haben, sind sowohl für die Belegschaft als auch für das Unternehmen selbst von zentraler Bedeutung.

Wie die Forschung zeigt, führt die Bereitschaft zuzuhören zu besseren Arbeitsbedingungen, höherer Mitarbeitermotivation und höherer Firmenperformance. Entsprechend würde man erwarten, dass Führungskräfte grundsätzlich daran interessiert sind, die offene und ehrliche Meinung ihrer Mitarbeiter zu hören. Wie jedoch Nathanael J. Fast, Assistenzprofessor für Management und Organisation an der University of Southern California, und sein Team aufzeigen, vermeiden gewisse Führungskräfte bewusst das Besprechen von Problemen mit ihren Mitarbeitenden.

In einem ersten Schritt befragten die Forschenden in einer Feldstudie 41 Führungskräfte und ihre Teams. Die Befragung ergab, dass Führungskräfte mit geringerem Selbstvertrauen eher Mitarbeitende in ihren Teams hatten, die Probleme selten offen ansprechen. Um diesem Befund weiter auf den Grund zu gehen, führten die Forschenden in einem zweiten Schritt ein Experiment durch. Sie legten 131 Angestellten ein imaginäres Szenario zum Lesen vor, in dem diese als Führungskräfte einer Airline mit einem Anstieg an Kundenreklamationen konfrontiert waren. Im Detail beschrieb das Sze­nario ein Meeting, in dem die Teilnehmenden als Führungskraft gerade eine Lösung für das bestehende Problem vorschlugen. Dabei wurden sie von einem Mitarbeitenden ­unterbrochen, der einen anderen Lösungsweg als geeigneter ansah.

Die Forschenden fanden heraus, dass die Reaktion darauf abhängig vom Selbstvertrauen der Führungskraft war. Dieses wurde zu Beginn des Szenarios manipuliert. Einigen Teilnehmenden wurde gesagt, dass sie als Führungskraft Eindrückliches leisten, anderen wurde mitgeteilt, dass ihre Leis­tung teilweise angezweifelt werde. Wie sich herausstellte, waren die Teilnehmenden in der letztgenannten Kondition weniger gewillt, den Alternativvorschlag anzuhören und von ihrem Vorhaben abzuweichen. Wurden die Teilnehmenden jedoch am Ende des Szenarios an ihre anderen positiven Eigenschaften erinnert, verschwand dieser Effekt.

Gemäss dieser Studie scheinen wir daher vor allem dann andere Meinungen abzulehnen, wenn wir unseren Status als bedroht ansehen. Damit Führungskräfte stets ein offenes Ohr für Vorschläge und Kritik haben, können Arbeitgeber diese darin bestärken, dass sie nicht allwissend sein müssen und das Annehmen von Alternativvorschlägen aus ihrem Team ihren Status nicht schmälert.

Quelle

  • Fast, N., Burris, E., & Bartel, C. (2014). Managing to Stay in the Dark: Managerial Self-Efficacy, Ego Defensiveness, and the Aversion to Employee Voice. Academy of Management Journal, 57(4), 1013–1034.
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Dr. Anja Feierabend 
ist Dozentin am Center für Human Resources Management (CEHRM) der Universität Luzern und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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