HR Today Nr. 11/2021: Porträt & Video-Porträt

Gekommen, um zu bleiben

Rolf Maurer mag es abwechslungsreich und liebt es, Neues dazuzulernen. Das zeigen die vielfältigen Funktionen und Stationen seiner über 30-jährigen HR-Karriere. Inzwischen ist der passionierte Personaler angekommen: als Leiter HR der Gilgen Door Systems AG in Schwarzenburg.

Auf, zu. Auf, zu. Auf, und wieder zu. Im Showroom am Hauptsitz der Gilgen Door Systems AG im bernischen Schwarzenburg öffnen und schliessen sich unaufgeregt die unterschiedlichsten Tür- und Torsysteme: von der Filial-Eingangstüre über eine keimfreie Schleusenöffnung bis hin zu Bahnsteig-Abschlusssystemen für Metros. «Unsere Produkte sind weltweit allgegenwärtig, bleiben aber für die meisten Menschen unsichtbar», sagt HR-Leiter und Geschäftsleitungsmitglied Rolf Maurer. Das sei auch gut so. «Solange sie tadellos funktionieren und sich niemand Gedanken darüber macht, erledigen wir unseren Job.» Mit wir meint Maurer die über 1000 weltweit tätigen Mitarbeitenden.

«Trotz Internationalität sind wir ein familiäres Unternehmen geblieben», betont Maurer. Das Unternehmen lebe eine Firmenkultur, die auf Vertrauen, Respekt, Offenheit und Eigenverantwortung sowie einer flachen Hierarchie beruhe. Diese lasse das Engagement jedes Einzelnen zu und fördere es auch. «Hat ein Mitarbeitender eine Idee, kann er sie der Geschäftsleitung präsentieren. Wir hören zu, wiegen ab und entscheiden», sagt Maurer. Das werde von den Mitarbeitenden sehr geschätzt – und bringe mehr Unternehmertum. «Mitarbeitende, die sich einbringen können, denen zugehört wird und die man fördert, sind definitiv engagierter», weiss er aus seiner langjährigen Erfahrung.

Ein Team, das zusammenhält

Teil dieses «coolen Unternehmens» ist der HR-Leiter seit gut dreieinhalb Jahren. Eine Aufgabe, die den damals 53-Jährigen reizt, weil er das HR bei Gilgen Door Systems nach seinen Vorstellungen gestalten und aufbauen kann. Etwas, das der engagierten Personaler mit seinem inzwischen sechsköpfigen HR-Team getan hat. «Übrigens eine grossartige Truppe», windet Maurer seinen Mitarbeitenden ein Kränzchen. «Sie haben Erfahrungen in den verschiedensten HR-Bereichen und befeuern sich gegenseitig.» Maurer lässt seinem Team viel Freiheit: «Ich kann mich auf die Kompetenzen jedes Einzelnen verlassen und führe deshalb sehr situativ und kollegial.» Dass das funktioniert, zeigen die Resultate der letzten Jahre. «Bei Gilgen haben wir viel automatisiert und digitalisiert: vom IT-Recruiting- über ein Zeugnis-Tool bis hin zur digitalen Zeiterfassung.» Noch ist nicht alles optimiert: Nebst der Einführung von HR-Tools, welche die administrative Effizienz steigern, beschäftigt sich das HR-Team derzeit mit Employer Branding und Personalentwicklung.

«Vor dem Fachkräftemangel in der Technik sind auch wir nicht gefeit. Deshalb bemühen wir uns, potenzielle Mitarbeitende für unser Unternehmen zu gewinnen», sagt Maurer. Etwa über analoge sowie digitale Netzwerke, Jobportale oder Berufsschulen. Weil der Bewerbermarkt in den kommenden Jahren tendenziell weiter austrockne, setzen Maurer und sein Team seit einiger Zeit zusätzlich auf die interne Personalentwicklung. «Dafür haben wir die ‹Gilgen Academy› an den Standorten Schwarzenburg und Utzenstorf gegründet.» An diesen Schulungsstandorten vermitteln ausgebildete interne Trainer sowie externe Spezialisten Wissen zum Fachtechnischen, zur Führung, zum Verkauf, zur Kundenbindung, zum Support und zu den Gilgen-Dienstleistungen. «So können sich unsere Mitarbeitenden im fachlichen und im Führungsbereich individuell entwickeln.» Das diene nicht nur den Fachkräften, sondern auch dem Unternehmen: «Mitarbeitende bleiben länger, wenn sie eine berufliche Perspektive haben.»

Mit dem internen Bildungsprogramm versucht Maurer zudem, die Nachfolgeregelung nachhaltig zu regeln. Dafür gab es bei Gilgen zuvor noch kein unternehmensübergreifendes Konzept. «Wir wissen zwar, wann Mitarbeitende in Pension gehen und welche fachlich fähigen Leute als Nachfolger infrage kommen. Das ist jedoch nirgendwo verschriftlicht, sondern bisher nur in den Köpfen der Vorgesetzten festgehalten», bedauert der Personaler. Ziel sei es deshalb, langfristig einen weltweiten Skills-Pool im Unternehmen zu schaffen, der nicht nur aufzeige, welches Potenzial in welchem Bereich schlummere, sondern auch Anstoss für gezielte Aus- und Weiterbildungen von Mitarbeitenden gebe.

Rolf Maurer: der Getriebene

Weiterbilden, vorankommen, Neues dazulernen: Das zieht sich durch Rolf Maurers Leben, der seinen Beruf als Personaler nach über 30 Jahren immer noch über alles liebt. Begonnen hat Maurers berufliche Karriere nach der Wirtschaftsmittelschule in Bern 1985 als Sachbearbeiter Disposition im Swiss Bankers Travellers Cheque Centre. 1988 wechselt er zur Schweizerischen Volksbank, der heutigen Credit Suisse, wo er zunächst als Sachbearbeiter Inkasso von Konsumkrediten arbeitet. Während seiner Anstellung bei der Bank absolviert Mauerer ein Betriebsökonomiestudium und kommt dabei ­erstmals durch das Fach «Personal und Organisation» mit dem HR in Kontakt. Er verliebt sich in die Materie und wechselt noch während des Studiums 1993 in die Personaladminis­tration der Schweizerischen Volksbank, wo er die die Leitung der Personaladministration übernimmt. 1996 kommt es zur Fusion der Kreditanstalt und der Volksbank. Das hat Folgen: «Ich hätte nach Zürich wechseln müssen, um weiterhin in einer anspruchsvollen HR-Position zu arbeiten.» Das wollte Maurer aus familiären Gründen aber nicht. Ihm bleibt deshalb nichts anderes übrig, als in Bern und Umgebung eine neue Stelle zu suchen.

Kurz und bündig

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Stadtkind oder Landkind?
Aufgewachsen in der Stadt Bern, heute wohnhaft im ländlichen Worb.

Büro oder Homeoffice?
Office. Ich bin ich ein haptischer Mensch. Homeoffice finde ich gut, wenn man an etwas konzentriert arbeiten muss, aber sonst muss ich die Leute um mich herum haben.

Mein Sehnsuchtsort
Ein kleiner Ort namens Frisco in den Rocky Mountains. Er ist hoch in den Bergen gelegen, ruhig, an einem See. Ein Kraftort, um neue Energie zu tanken.

Pop oder Klassik?
Pop. Electronic Dance Music von Robin Schulz oder David Guetta. Das kommt noch von früher. Ich bin mit der Musik der 70er- und 80er-Jahre aufgewachsen und ihr bis heute treu geblieben.

Meine grösste Extravaganz
Ski fahren in den amerikanischen Rocky Mountains. Das ist der Hammer.

 

Bei Utzenstorf Papier wird Rolf Maurer noch im selben Jahr fündig und übernimmt die Personalleitung. Er rekrutiert, begleitet Organisationsentwicklungsmassnahmen, erarbeitet ein Personalentwicklungskonzept, setzt dieses um, nimmt Einsitz in diversen Gremien wie der Pensionskasse für Mitarbeitende und wirkt im Arbeitgeberverband der Papierindustrie mit. Beim Papierhersteller, der etliche Fabriken in Deutschland besitzt und seinen Hauptsitz in Finnland hat, sammelt Maurer erste internationale Erfahrungen, die er nicht missen möchte: «Das hat meinen Horizont enorm erweitert.» Immer auf der Suche nach neuen HR-Erfahrungen zieht es Maurer 2002 weiter in eine andere, noch grössere Branche. Er wechselt zur B. Braun Medical AG in Escholzmatt und wird HR-Manager. Personaltechnisch war das deutsche Pharma- und Medizinbedarfsunternehmen Anfang 2000 schon weit entwickelt: «Es gab bereits ein ausgefeiltes betriebliches Gesundheitsmanagement, agile kontinuierliche Verbesserungsprozesse mit Zielen, die Mitarbeitende selbst bestimmen konnten, sowie eine flache Hierarchie.» Doch die HR-Welt ist nicht nur rosig: Rolf Maurer sammelt bei B. Braun auch erste Erfahrungen bei Massenentlassungen. «Der Produktionsstandort befand sich aufgrund der konjunkturellen Lage in einer wirtschaftlich schwierigen Situation, die Restrukturierungsmassnahmen und Outplacements erforderten. Das hat mich sehr belastet.» Mit seinem Engagement kann Maurer für die Mitarbeitenden jedoch Perspektiven schaffen: «Fast alle Gekündigten haben in der näheren Umgebung eine Anschlussstelle in einem anderen Betrieb gefunden.»

2008 verspürt Rolf Maurer erneut den inneren Drang weiterzuziehen. Dieses Mal, um in einem in der Schweiz etablierten Grosskonzern Erfahrungen zu sammeln. Beim Reinigungsunternehmen Honegger Gruppe in Köniz sichtet er eine offene Stelle, bewirbt sich und übernimmt die Gesamtverantwortung für die HR-Belange der Gruppe. Beim Reinigungs­unternehmen lernt Maurer einen völlig anderen «Menschenschlag» kennen. Sein HR-Fokus? «Hauptsächlich Coachings und Weiterbildungsangebote für das Kader der Reinigungsfachkräfte.» Bei Honegger hat er intensiveren Kontakt zu Mitarbeitenden aus der Westschweiz. Diese möchte er fortan verstärken. Die Gelegenheit dazu findet er als HR-Leiter in einem anderen Unternehmen: Bei der CSD Ingenieure AG übernimmt er in Europa und der Schweiz die Gesamtverantwortung für alle HR-Belange der Gruppe. Sechs Jahre ziehen ins Land, bevor Maurer 2018 zur Gilgen Door Systems nach Schwarzenburg wechselt.

Mehr Frauen und Synergien

«Ich bin gekommen, um zu bleiben», betont Rolf Maurer. Zumal sich für den passionierten Personaler bei Gilgen Door Systems immer wieder neue Themenbereiche auftun: «Beispielsweise mehr weibliche Fachkräfte für unseren Betrieb gewinnen. In MINT-Berufen sind Frauen immer noch rar.» Daneben will er vermehrt Synergien zwischen den weltweiten Gilgen-Standorten nutzen. «Davon profitieren wir alle.» Einen intensiveren Austausch pflegt der Personaler bereits heute mit seiner HR-Kollegin in Hongkong. «Wir übernahmen deren technisches Onboarding, mit dem wir Servicetechniker über mehrere Monate in den Beruf einführen.» Auch die Digitalisierung hält Rolf Maurer weiterhin auf Trab. «Da ist noch einiges zu tun – von digitalen Mitarbeitenden-Dossiers bis hin zu elektronischen Lohnabrechnungen.» Trotz administrativer Erleichterungen durch Automatisierungen und Digitalisierung ist Rolf Maurer nach all den HR-Jahren ein Mensch geblieben, der den persönlichen Kontakt schätzt: «Das Zwischenmenschliche ist mir wichtig. Ich möchte mich mit jemandem  austauschen, statt über einen Bildschirm zu kommunizieren. Darum freue ich mich auf den Moment, wenn alle meine Mitarbeitenden wieder an den Hauptsitz zurückkehren.»

Gilgen Door Systems AG

Die Gilgen Door Systems AG ist ein Anbieter von Antriebssystemen und Komplettanlagen für Tür- und Torsysteme. Das 1961 gegründet Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 60-Jahr-Jubiläum und hat seinen Hauptsitz in Schwarzenburg im Kanton Bern. Weltweit arbeiten über 1000 Mitarbeitende für das Unternehmen. Gilgen Door Systems ist mit Vertriebs- und Servicepartnern in Europa, Asien und in Übersee in den Schlüsselmärkten vertreten und verfügt über Tochtergesellschaften und eigene Servicecenter in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich. Seit 2011 ist Gilgen Door Systems Teil der Nabtesco-Gruppe, eines weltweit tätigen System- und Komponentenlieferanten, der an der japanischen Börse kotiert ist und seinen Hauptsitz in Tokio hat. gilgendoorsystems.com

 

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Christine Bachmann 1

Christine Bachmann ist Chefredaktorin von Miss Moneypenny. cb@missmoneypenny.ch

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