Wie kann die Sozialberatung Notfälle verhindern?
Drohungen und Gewalt geschehen immer aus einer Drucksituation heraus. Daher ist es wichtig, den betroffenen Mitarbeitern zu helfen, Druck frühzeitig ablassen zu können beziehungsweise den Umgang damit zu bearbeiten. Oft sind Mitarbeiter betroffen, die es allen recht machen wollen und solche, die perfektionistisch veranlagt sind. Der Grund für die Krise selbst liegt meist auch im Unternehmen. Mit ihren persönlichen «Antreibern» verstärken diese Mitarbeiter ihre negative Situation, sie laufen in ein Defizit, körperlich oder psychisch, leiden zunehmend an Schlafstörungen und Erschöpfung. Im Privatleben fehlt ihnen dann die Lust, die Kraft und der Wille, sich durch Abwechslung zu erholen. In der Sozialberatung geht es meist darum herauszufinden, was sowohl im Beruf als auch privat zur Entspannung der Situation getan werden kann.
Was, wenn die Situation dennoch eskaliert?
Das HR hat in der Regel ein paar Adressen, wohin es sich wenden kann, an Notfallpsychiater, Spitäler etc. Und es wird selbst aktiv. Typenabhängig ist, wie HR-Leute mit dieser Belastung umgehen. Manche geraten in eine negative Gedankenspirale und können nicht mehr schlafen. Andere verdrängen die Belastung. Und wieder andere verharmlosen das Erlebte, im Stil von «Ach, schon wieder einer, der um Hilfe schreit.»
Können Sie das HR in Notfällen entlasten?
Ja. Wenn wir involviert werden, übernehmen wir die folgenden Handlungsschritte und informieren anschliessend über das weitere Vorgehen. Das ist eine grosse emotionale und zeitliche Entlastung. In einer Stresssituation helfen wir zum Beispiel, die Stunden bis zum Arzttermin zu überbrücken. Zur Entlastung des HR gehört aber auch, dass wir in der Folge regelmässig über die Entwicklung informieren – was wir natürlich mit der betroffenen Person absprechen. Für viele HR-Verantwortliche ist diese Information enorm beruhigend: So können sie loslassen, weil sie wissen, dass sie ihre Sorgfaltspflicht wahrnehmen.
Welche rechtlichen Punkte sind zu beachten?
Vor allem der Persönlichkeitsschutz. Details zur jeweiligen Problematik sind vertraulich, das sogenannte Metathema teilen wir mit, zum Beispiel sprechen wir von «familiären Problemen», und nicht von «häuslicher Gewalt». Aber die Fürsorgepflicht liegt beim Arbeitgeber, darum darf er ganz grundsätzlich über Probleme nicht einfach hinwegschauen.
Damit es nicht zu Notfällen kommt: Worauf muss das HR besonders achten?
Psychische Belastungen ziehen sich meist über eine längere Zeit hin, bevor es zu einer Eskalation kommt. Folgende Signale geben Hinweise und dürfen daher nicht übergangen werden: Aussagen wie beispielsweise «Die Arbeit macht mich krank», «Ich schaffe es nicht mehr» oder «Ich kann mit diesen ständigen Veränderungen nicht mehr umgehen», gesundheitliche Probleme wie Kopfweh und Rückenschmerzen, Kurzabsenzen – sie zeugen oft von grosser Belastung –, Unausgeglichenheit und Stimmungsschwankungen, Veränderungen im sozialen Umgang («Früher warst du anders») sowie verbale Drohungen.